Vero – Wolken Zucker Himmel
SumoRex / Broken Silence (2018)

(14 Stücke, 42:50 Minuten Spielzeit)

Das wir es bei der Musikerin mit dem Künstlernamen Véronique de la Chanson – kurz Vero – mit einer selbstbewussten Person zu tun haben, zeigt sich schon am Cover und den Fotos im Booklet. Sie zeigen Vero mit einer Gitarre bewaffnet und einem T-Shirt von Greatful Dead in zahlreichen Rockerposen. Vor ihrem Solodebüt, das den Titel „Wolken Zucker Himmel“ trägt, hat sie bereits musikalische Erfahrungen in den Bands The Boonaraaas, DollSquad, The Cherypops und Orange Crush gesammelt. 


Für das Album, das am 16.11.2018 beim Trierer Indie-Label SumoRex erschienen ist, hat sich Vero zahlreiche befreundete Musiker ins Studio geholt. Die CD mit insgesamt 14 Songs ist in einem vierseitigen Digipack mit 24seitigem Booklet, in dem alle Songtexte und zahlreiche Fotos von Vero abgedruckt sind, verpackt.

Laut Pressetext kommen Vero’s Einflüsse aus den Sixties, dem Powerpop, Rock Garage und Soul. Aber auf der CD lässt sich auch der Einfluss der Neuen Deutschen Welle (NDW) nicht verleugnen, mit der Vero aufgewachsen ist.

Mit ihrer Musik verortet sich Vero zum einen im Mainstream, zum anderen geht es aber auch recht rockig auf dem Album zu wie beispielsweise im eröffnenden Titelsong. Der Retrosound hat einen gewissen Charme wie in „Revolutionär“, der sehr an die NDW erinnert. Chansonesque geht Vero auf ihren Songs aber, wie man vielleicht bei ihrem Pseudonym annehmen könnte, nicht zu Werke. Vielmehr verbreitet sie mit ihrem Gesang in den Songs im Wechsel mal ein unschuldiges Flair, dann kommt sie wieder sehr selbstbewusst rüber. Bei dem Song „Ich würde lieber ein Mädchen küssen“ hat sich Vero von dem Sixtiessong „I’d Much Rather Be With The Girls“ von Donna Lynn inspiriert. Der Song verströmt dabei ein kleines bisschen Flair von dem Lucilectric-Hit „Weil ich ein Mädchen bin“, allerdings mit Rockabilly-Feeling.

„Tschau und bis dann“ und „Zivilisation“ sind richtige Rocksongs mit punkigem Flair die durch den trockenen Sound gut abgehen. „Auf der Rollbahn in den Irrsinn“ befinden wir uns doch mehr oder weniger alle, meinte eine Freundin Veros beim gemeinsamen Biergartenbesuch. Verwoben ist dieser Text mit Anleihen an Heinar Klipphardts Buch „März“. März lebt in einer psychiatrischen Einrichtung, von der Gesellschaft als nicht nur normal eingestuft. Aber was ist in unserer Gesellschaft normal, was schizophren, was ist sinnig oder unsinnig? Kann nicht der als krank abgestempelte Mensch ‚normaler’ sein als jemand, den man gemeinhin als angesehenes und funktionierendes Mitglied der Gesellschaft ansieht?

Der Song „Oh El Trash“ mit seiner Sixties-Orgel und den herrlichen Retro-Gitarren ist an die Geschichte „Der Meister und Margarita“ von Michail Bulgakow angelehnt. El Trash steht für keinen geringeren als die Figur des Korojew, Gehilfe von Voland, dem Teufel höchstpersönlich. Sein Freund Behemoth ist ein riesiger schwarzer Kater, mit dem er zusammen allerhand Streiche spielt.

„Wolken Zucker Himmel“ ist eine Scheibe, die am Rande des Mainstream wandelt und dabei die Sounds der Sixties, des Punk und der NDW miteinander vereint, dabei aber ein ganz besonderes Flair versprüht. Mal singt Vero selbstbewusst ihre Texte um dann im nächsten Stück ein unschuldiges, naives Flair zu verströmen. Wer deutschsprachige Rockmusik mit Sixrtiesflair und NDW-Einschübe mag, der kommt hier voll auf seine/ihre Kosten.

Stephan Schelle, Dezember 2018

   

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