Vasko Atanasovski Adrabesa Quartet - Phoenix
MoonJune Records (2020)
(9 Stücke, 51:16 Minuten Spielzeit)

Vasko Atanasovski ist ein aus Slowenien stammender Komponist, Saxophonist und Flötist. In der Vergangenheit hat er schon mit Musiker wie Hindi Zahra oder Living Color zusammengespielt. Sein neuestes Projekt nennt sich Vasko Atanasovski Adrabesa Quartet, bei dem Vasko den italienischen Akkordeonspieler Simone Zanchini, den Franzosen  Michel Godard (Tuba, Serpent) und Schlagzeuger Bodek Janke mit deutsch/polnischen Wurzeln um sich versammelt hat. Darüber hinaus hat der aus Slowenien stammende Ariel Vei Atanasovski (in welchem Verhältnis dieser zu Vasko steht ist aus dem Digipack nicht zu entnehmen) als Gastmusiker Cello gespielt.


Die ungewöhnliche Instrumentierung lässt schon mal darauf schließen, dass wir es hier nicht mit normalem Rock oder Jazz zu tun haben. Das Vasko Atanasovski Adrabesa Quartet bietet vielmehr eine Mischung aus Jazz und Balkan-Folklore. Das mag auf dem Papier komisch klingen, funktioniert aber sehr gut. Das Instrument Serpent war mir bisher nicht bekannt, daher hier eine kurze Beschreibung (Quelle: Wikipedia): Der Serpent (auch das Serpent, von lateinisch serpens, „Schlange“) ist ein historisches Blechblasinstrument. Es handelt sich um das Bass-Instrument der Zinken-Familie, das demgemäß mit einem Kesselmundstück geblasen wird.

Schon der Opener „Meeting“ zeigt, wohin die Reise des „Phoenix“ geht. Das Stück beginnt mit Cello und rhythmischen Akkordeonmotiven, die sofort in den Balkan verweisen. Dann legt das komplette Quartett plus Gast nach nicht ganz einer Minute mit einem treibenden Rhythmus und eingängigen Melodien los, gespickt mit jazzigen Elementen. Das nimmt sofort gefangen, weil es eine besondere Ausstrahlung verbreitet. Filigrane Soli zeigen schnell, das hier Profis an ihren Instrumenten am Werk sind.

„Green Nymph“ beginnt zunächst recht melancholisch. Man hat das Gefühl einer Trauerfeier beizuwohnen. Nach etwas mehr als einer Minute erhellt sich dann aber das Bild - auch durch den Einsatz der Flöte - ohne das der melancholische Eindruck verblasst. Im weiteren Verlauf sorgen dann Akkordeon und Tuba/Serpent für Akzente. Aus dieser Lethargie wird man dann aber schnell mit dem nächsten Stück „The Partisan Song“ gerissen, der wieder Balkan-Folklore mit leicht jazzigen und angerockten Elementen vereint.

Fast klassisch/sakral mutet der Beginn von „Liberation“, dem mit mehr als elf Minuten längsten Stück des Albums, an. Diesen Beginn kann man sich auch gut auf einer Kirchenorgel gespielt vorstellen. Vasko und seine Mitstreiter entwickeln in diesem Stück aber einen hohen Spannungsbogen, der im weiteren Verlauf auch rockige Elemente mit Jazz bietet. Auch flechten die Musiker wieder einige folkloristische Klänge mit ein, was dieser Musik etwas ganz Besonderes verleiht. Im letzten Viertel kommt dann Bodek Janke zu einem sehr ausdrucksstarken Schlagzeugsolo.

Im 3:35minütigen „Balet“ bietet die Band zu treibenden Rhythmen eine herrliche Melodie, die in einigen Passagen an den Soundtrack zu „Mission Impossible“ erinnert. Michel Godard holt dabei im Mittelteil aus seiner Tuba/Serpent die unglaublichsten Klangformationen. Das macht wirklich Spaß.

Beim Stück „Concerto Epico“ hat man das Gefühl einer Familienfeier im Balkan beizuwohnen. Dann kommen aber auch einige experimentelle Jazzmotive auf, die in dieses Stück eingewoben werden, denen im letzten Teil noch Dixieland-Motive mit hinzugefügt werden. In „Thomica“ setzt dann Bodek Janke sehr eindrucksvoll die Tablas als Rhythmusinstrument ein. Dies, gepaart mit den Flötenmotiven, vermischt asiatische und im Balkan verortete Klänge. Natürlich darf Bodek in diesem Stück auch ein Percussionsolo, kombiniert mit gesanglichen Sprängseln spielen.

Den Jazzcharakter erhöhen die Musiker dann vor allem durch Vasko’s Saxophon in „Yellow Sky“. Mit dem atmosphärisch angelegten „Outro“ endet dann die CD.

„Phoenix“ des Vasko Atanasovski Adrabesa Quartet ist ein sehr gutes Album in dem Balkan-Folk, Rock und Jazz zu einer ungewöhnlichen aber äußerst attraktiven Form vermischt werden. Den Musikern bleibt dabei auch genügend Raum für Soli. Ein sehr schönes Album für all diejenigen, die sich auf Musik auch außerhalb der normalen Hörgewohnheiten einlassen können. Es lohnt sich.

Stephan Schelle, Januar 2021

   

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