Ujig - Delta
Luminol Records (2025)

(7 Stücke, 44:27 Minuten Spielzeit)

Die italienische Band Ujig, bestehend aus Konstantin Kräutler (Schlagzeug), Edoardo Maggioni (Keyboards), Marco Leo (Gitarren) und Cesare Pizzetti (Bass) veröffentlichte im Sommer 2025 ihr viertes Album unter dem Titel „Delta“.


Das Mailänder Quartett, das sich wieder einmal zwischen zeitgenössischem Jazz, Fusion-Eklektizismus und progressiver Raffinesse bewegt, hat „Delta“ in zwei Sessions im Juli, August und November 2024 aufgenommen, aber die sieben Titel, aus denen es besteht, haben eine bedeutsame Vorgeschichte auf dem Weg der Gruppe, da sie auf den Tag nach der Aufnahme von „Ujigami“ im Jahr 2021 zurückgehen.

Von einer unbändigen expressiven Dringlichkeit beseelt, stellt „Delta“ eine künstlerische und konzeptionelle Entwicklung der Band dar, die stets auf der Suche nach neuen Klangexperimenten und tiefen, humanistischen Bedeutungen ist. Diesbezüglich erklären Ujig: „Wir glauben, dass einer der Hauptzwecke der Musik, neben der Unterstützung der Spiritualität, darin besteht, Emotionen und Ideen zu teilen und verschiedene Perspektiven zwischen Wesen zu bieten, die den gleichen Raum und die gleiche Zeit teilen. „Delta“ entstand aus dem Bewusstsein, dass die heutige Welt den Menschen zunehmend zum Sklaven von Zahlen macht. Der Wert von Dingen und Menschen wird mit den Zahlen gleichgesetzt, die sie erzeugen, sei es das Bankkonto oder die Anzahl der Streams eines Künstlers. Die Musik gibt uns die Möglichkeit, frei mit Zahlen zu spielen, wie wir es auch im Alltag tun sollten“.

Jeder Song ist eine klangliche Reise, die die Philosophie der Gruppe widerspiegelt: aus der Reihe tanzen, neue Dimensionen erforschen und Konventionen in Frage stellen. Und vor allem die Aufwertung von Unterschieden, wie die Band behauptet: „Das Delta ist das Symbol für den Unterschied in der Mathematik. Der Unterschied ist die Einzigartigkeit eines jeden Menschen. Der Unterschied und die eigene Einzigartigkeit sind ein Reichtum und ein Schatz, den es zu bewahren und zu verteidigen gilt in einer Welt, die mehr und mehr zur Homologisierung tendiert“.

Heute zeichnen sich Ujig mehr denn je durch eine einzigartige Verschmelzung von progressivem Jazz, elektronischen Verunreinigungen und kühnen Improvisationen aus. Die Trompete von Fabrizio Bosso (in „All The Things It Is“ und „Sema Beyaz“) und Lorenzo Cimino („Deedoo“) sowie die Stimme von Paola Folli („Sema Beyaz“) verleihen den Kompositionen Klasse und Tiefe.

Das Album startet mit dem siebenminütigen „Deedoo“, das durch das Trompetenspiel von Lorenzo Cimino eine ganz besondere Note bekommt. Ein sanftes Stück, das eine sehr schöne, vom Jazz bestimmte Melodie aufweist. Hier ist neben der Trompete vor allem das Keyboardspiel (klingt nach Piano) von Edoardo Maggioni und das sanft vorantreibende Schlagwerk von Konstantin Kräutler zu nennen. Aber auch Gitarrist Marco Leo glänzt mit einem Solo.

Eine sanfte Akustikgitarre eröffnet dann das siebenminütige „Make Make“. Auch dieses Stück besitzt eine eingängige Melodie und behält diese sanfte Stimmung über die volle Länge bei. Durchzogen ist der Track aber von herrlichen Soli der Musiker.

Im siebenminütigen „All The Things It Is“ darf dann Gastmusiker Fabrizio Bosso zeigen, was er an der Trompete kann. Zunächst wird von dem Quartett eine sanfte Atmosphäre aufgebaut. Nach etwa anderthalb Minuten übernimmt dann Fabrizio Bosso mit seiner Trompete die Leadmelodie. Im Verlauf wird es dann aber auch jazziger und es werden einige Soli eingestreut, ohne die melodisch/harmonische Stimmung zu konterkarieren.

Das fünfminütige „Maybe“ glänzt durch atmosphärische Keyboard- und Gitarrenklänge, bei denen man sich gedanklich aus dem Hier und Jetzt wegbeamen kann. Vor allem die Gitarrenklänge schieben sich unter die Haut.

Im siebeneinhalbminütigen „Zorua“ ist dann zunächst das Keyboard (wieder im Pianomodus) Klangbestimmend. Dann setzen Schlagzeug und Gitarre ein und es entwickelt sich ein herrlicher, atmosphärischer Jazzrocktrack.

„Sema Bayez“ ist der einzig Track auf dem Album, bei dem auch eine Stimme zum Einsatz kommt. Erneut ist Fabrizio Bosso an der Trompete zu hören und Paola Folli steuert lautmalerischen Gesang (ohne Text) bei. Den Abschluss bildet dann das fünfminütige „Prospettive“, das von Gitarre und Bass bestimmt wird.

„Delta“ von der italienischen Band Ujig bietet herrlich atmosphärischen und melodischen Jazz mit einer leichten Rocknote. Ein sehr schönes stimmungsvolles Album.

Stephan Schelle, November 2025

   

CD-Kritiken-Menue