Tony Williams – Play Or Die
MIG / made in germany music (1980 / 2022)
(5 Stücke, 38:48 Minuten Spielzeit)

Tony Williams gehört sicherlich zu den auch heute noch einzigartigen Schlagzeugern im Jazz, deren Wirken sogar Stilrichtungen nachhaltig beeinflusst haben und immer noch prägen. Das deutsche Label MIG veröffentlicht am 08.07.2022 das im Mai 1980 von ihm im Stuttgarter Tonstudio Zuckerfabrik eingespielte Album „Play Or Die“, das damals nur in einer kleinen Auflage von 500 Exemplaren auf Vinyl veröffentlicht wurde, erstmals auf CD. Heute ist die Originalausgabe sicher ein gesuchtes Sammlerstück.


Im Alter von 16 holte ihn bereits der Saxophonisten Jackie McLean in seine Band nach New York. Mit McLean spielte er auch seine erste Plattenaufnahme ein. Bald darauf sorgte Williams im Alter von 17 Jahren bereits im zweiten Miles Davis Quintet für Furore.

Knapp 20 Jahre später, am 30. und 31. Mai 1980, ging Tony Williams mit Tom Grant (Keyboards, Synthesizer, er kam auf Empfehlung von Jeff Lorber in diese Band) und Patrick O’Hearn (Bass, Synthesizer) in das Tonstudio Zuckerfabrik in Stuttgart/Germany. Dieses Studio war in den 70ern und in den frühen Achtzigern in der ersten Ausprägung eine legendäre Adresse für Audio-Produktionen aller Art. Larry Coryell, Wolfgang Dauner, Stephane Grappeli, Elvin Jones, Martin Kolbe + Ralf Illenberger, Volker Kriegel, Alphonse Mouzon, John Scofield und das United Jazz+Rock Ensemble nahmen dort auf. Diese beispielhaft für noch sehr viele andere.

Vier Instrumentalstücke und ein Song beinhaltet das Album, das im Jewelcase mit achtseitigem Booklet, in dem Linernotes von Friedrich-Wilhelm Meyer und Tom Grant abgedruckt sind, herauskommt.

Den Anfang macht das 6:41minütige „The Big Man“. Der Track beginnt mit elektronischen Sound und Schlagzeug. Schon hier zeigt sich die ganze Klasse des Trios Williams, Grant und O’Hearn. Während die Keyboards die Melodieführung übernehmen, sorgen Schlagzeug und Bass für den Druck. Ein klasse Stück gleich zu Beginn des Albums.

Mit 11:11 Minuten Spielzeit ist dann „Beach Ball Tango“ das Längste des Albums. Es beginnt mit Schlagzeugimprovisationen von Williams, die beweisen, dass man auch am Schlagzeug Harmonien spielen kann. Nach etwas mehr als einer Minute setzen dann die beiden anderen Musiker ein und es entsteht ein melodischer Jazztrack. Zu Beginn des letzten Viertels baut Williams dann noch mal ein sehr schönes Drumsolo ein.

Das 9:43minütige „Jam Tune“ wirkt aufgrund seines melodischen Ansatzes nicht unbedingt wie eine improvisierte Jamsession. Sehr jazzig zeigt sich dann das 6:33minütige „Para Orients“. An das Ende haben Williams & Co. den einzigen Song des Albums, das 5:38minütige „There Comes A Time“ gestellt. Den Gesang hat der Meister selbst, Tony Williams, übernommen.

„Play Or Die“ ist ein sehr schönes Jazzrock-/Fusion-Album, das nicht nur den Jazzfreunden gefallen wird. Tony Williams und seine Mitstreiter gehen bei den Stücken sehr melodisch ans Werk und haben zeitlose Stücke eingespielt. Mit diesem Album hat MIG einen echten Schatz gehoben, der mehr Anerkennung als das in kleiner Auflage und nicht promotete Original erhalten sollte.

Stephan Schelle, Juli 2022

   

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