Tina Schüssler – Verwirrte Welt
Pride & Joy Music / Soulfood (2020)

(13 Stück, 46:34 Minuten Spielzeit)

Am 11.09.2020 erscheint das Debütalbum von Tina Schüssler & Band unter dem Titel „Verwirrte Welt“. Bisher ist mir ihr Name noch nicht geläufig gewesen, was bei ihrem Lebenslauf eigentlich unverständlich ist. Sängerin Tina Schüssler ist schon eine außergewöhnliche Frau, eine Powerfrau. Man mag kaum glauben welche Hürden sie bereits in ihrem Leben genommen hat und wie sie damit umgegangen ist. Aus diesem Grund hier erst einmal einige Infos zu ihrer Person.


Die 1974 in Augsburg geborene Tina Schüssler hatte bereits im Kindesalter Klavierunterricht und spielte Schlagzeug und Kontrabass in einem Orchester. Im Alter von 18 Jahren wechselten aber ihre Interessen und sie startete eine Sportkarriere, in der sie 1997 zur Profiboxerin wurde und bereits mit 24 Jahren ihren ersten WM-Titel im Kickboxen gewann.

2009 hatte Tina einen schweren Krankheitstiefschlag zu erleiden. Aufgrund eines angeborenen Herzfehlers, erlitt sie einen Schlaganfall, war linksseitig gelähmt, konnte nicht mehr sprechen und bekam einen Titan-Schirm in ihr Herz. Doch Tina bewies eine ungeheure Stärke und kam nach 3 Jahren Reha- und Krankenhausaufenthalten nicht nur ins Leben zurück, sondern wurde nochmals zweifache Weltmeisterin im Kickboxen und 2016 im K-1 in den USA. Danach beendete sie amtierend ihre Boxkarriere und wechselte ins Musikbusiness. Bereits im Jahr 2018 begann sie mit dem Komponieren eigener Songs. 2019 erreichte sie das Live-Finale beim Deutschen Rock & Pop Preis als Singer/Songwriter und sicherte sich als beste Sängerin den zweiten Platz.

Mit ihrer Band war geplant die Europatournee von Bonfire im Frühjahr 2020 zu begleiten. Diese wurde in den September 2020 verlegt. Ob diese aus heutiger Sicht stattfinden kann, steht allerdings noch nicht endgültig fest. Die Musik auf ihrem Album verspricht aber eine druckvolle und rockige Performance.

Zur Tina Schüssler-Band gehören neben Tina (Gesang), Aaron Hoffmann (Gitarre, Backgroundgesang), Harald Zeidler (Gitarre), Mustafa Güler (Bass, Backgroundgesang) und Andreas Eppli (Schlagzeug, Backgroundgesang). Dieses Quintett hat das Album „Verwirrte Welt“, bei dem Tina ihre Text in deutscher Sprache singt, eingespielt. Als Gastmusiker wirkte darüber hinaus noch Christof Czarnecki (Keyboards, Gitarre) mit.

Ein Dutzend Songs sowie ein Intro von 1:42 Minuten Länge beinhaltet das Album. Das Intro wirkt wie ein Herzschlagrhythmus mit allerdings sehr dumpfem Klangbild, das um einige elektronische Sounds erweitert wurde. Außerdem wurden hier einige Samples eingebaut, die das Durchsuchen eines Radios imitieren. Tina spricht dann am Ende „verwirrte Welt“. Richtig los geht es dann im ersten Song „Geh“ bei dem Tina so richtig die Rockbraut rauslässt und den Text richtig rausrotzt. Das passt zum Text einer zerbrochenen Beziehung. Die Band haut dabei straighten Hardrock raus und zeigt sich hier schon auf musikalisch hohem Niveau.

Das Tina’s Gesangsstimme eigentlich viel eingängiger ist, zeigt sich dann ab dem Song „Lass mich allein“. In diesem Stück treffen Hardrockriffs auf eine Popmelodie. Das kommt sehr gut rüber, denn der Song ist sehr transparent und bietet zusätzlich sehr schöne Bassläufe und Keyboardflächen. Ein klasse Song, der sofort ins Ohr geht. Und genau so macht Tina musikalisch dann auch im folgenden „Wo bist du hin“ weiter.

Fette Riffs durchziehen den Heavy Metal-Song „Hardcore“, der mich gesangsmäßig an Bands wie The Runaways erinnert. Elektronischer klingt dagegen das Titelstück. Der Song sticht innerhalb der Hardrock-Songs etwas heraus, sorgt aber für einen sehr melodiösen Ruhepol und zeigt die Wandlungsfähigkeit von Tina Schüssler. Ebenfalls elektronische Elemente enthält dann der Song „Spring“, der zunächst in die gleiche Kerbe wie der Titelsong schlägt, aber einen druckvollen Schlagzeugrhythmus und teils atmosphärische, teils rockige Gitarrenriffs aufweist. Außergewöhnlich ist „Unser letztes Mal“, das mit ungewöhnlichen Keyboardmotiven aufwartet, aber eine sehr eingängige Melodie besitzt.

Danach wird es dann wieder recht Heavy im Song „Schreit“. Das Eröffnungsriff erinnert ein wenig an AC/DC, doch dieses Bild ändert sich schnell und Tina präsentiert einen straighten, knackigen Rocksong. Industrialklänge finden sich dann im Song „Keiner und Nichts“, die mit heavy Riffs und druckvollem Schlagwerk nach vorn getrieben werden. Auch hier bestimmt die sehr eingängige Melodie das Geschehen.

Die ersten elektronischen Klänge von „Gedanken springen“ lassen mich an die Eröffnungssequenz der Science Fiction Serie „Raumschiff Enterprise“ denken, doch nach wenigen Momenten schält sich dann ein klasse Rocksong heraus in dem Tina dann auch in einen Hip Hop-ähnlichen Gesang wechselt. Ein Knallersong, der live mit Sicherheit zum Mitsingen verleitet.

Dass Tina Humor hat zeigt sich dann im abschließenden 1:18minütigen „Soundtrack zum Bier holen“. Es ist ja bei Konzerten immer ein Gräuel, wenn während eines Auftritts sich Leute durch die Zuschauer drängen um ihren Bierdurst zu stillen. Mich nervt das immer total. Tina nimmt dieses Phänomen humorvoll auf und singt:

„Wir sind Euer Soundtrack zum Bier hol’n - ist uns bewusst, doch schenkt uns ein Ohr denn auch wir haben vor, die Nummer 1 zu werden, in dieser Stadt. Hepp, hepp, hepp, hepp, wir sind hier und jetzt. Hepp, hepp hepp, hepp, nun holt euch euer Bier“.

„Verwirrte Welt“ ist ein gut gemachtes Rockalbum mit deutschen Texten.

Stephan Schelle, Juli 2020

   

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