The Tangent – Not As Good As The Book

The Tangent – Not As Good As The Book
insideout / spv (2008)
(9 Stücke, 94:40 Minuten Spielzeit)

„Not As Good As The Book“ nennt sich das nunmehr vierte Studioalbum von The Tangent, das am 29.02.2008 erscheint. Herausgekommen ist ein Doppelalbum mit einer Spielzeit von etwas mehr als anderthalb Stunden. Mastermind Andy Tillison (Gesang und Keyboards) hat mit Jakko M Jakszyk einen neuen Mann an den Saiten in sein Projekt geholt. Jakko ist ein versierter Gastmusiker, der bereits als Gitarrist mit Künstlern wie Level 42, Robert Fripp oder Gavin Harrison zusammengearbeitet hat.


Neben diesem Neuzugang sind aber als feste Konstanten Jonas Reingold (Bass), Guy Manning (Akustische Instrumente und Stimme), Theo Travis (Saxophon und Flöte) sowie Jaime Salazar (Schlagzeug) geblieben. Während die sieben Songs der ersten CD es auf Laufzeiten zwischen 3:43 und 10:13 Minuten bringen, sind der zweiten CD die Longtracks vorbehalten, denn auf ihr befinden sich lediglich zwei Stücke, die es jeweils auf mehr als 21 Minuten bringen.

Die Musik der bisherigen Alben von The Tangent besticht durch ihre vielfältige und faszinierende Mischung aus Stilen wie Elektronik, Prog-Rock, Krautrock, Jazz und Klassikrock. Dabei hat man das Gefühl, als seien die Musiker von beliebten Bands aus Vergangenheit zu einem Orchester zusammengetreten um ihre besten Eigenschaften miteinander zu vereinen. Und dieses Feeling hat auch das neue Album von The Tangent.

Das eröffnende „A Crisis In Mid Life“ klingt anfangs wie Elektronikmusik von Jean Michel Jarre mit einer Portion mehr Rhythmus, doch dann erklingt eine unwiderstehliche Passage, die Melodic-Rock pur ist. Doch sobald Andy’s Gesang zu hören ist, hat man wieder dieses typische Tangent-Feeling. Allerdings wird hier deutlich, dass die Band, ohne sich selbst zu verleugnen, weitere Sounds und Stile in ihre Musik integriert hat.

Durch den Einsatz der Flöte bewegt sich der zweite Track „Lost In London (25 Years Later)“ streckenweise im Fahrwasser von Jethro Tull. Dieses mehr als siebenminütige Stück wandelt - wie auch die anderen Songs - zwischen den Welten. Neben Folk und Prog ist in ihm auch eine Portion Jazz und Canterbury zu finden.

Das mehr als zehnminütige „The Ethernet“ beginnt mit recht ungewöhnlichen Synthiesounds und hat etwas hypnotisches, obwohl ich bei diesem Song Andy’s Stimme etwas störend empfinde. Der Song vermittelt mir zunächst irgendwie die Assoziation einer leeren und kalten Szene in einem Armenviertel einer Großstadt (ohne den Text zu berücksichtigen). Irgendwie zieht einen der Sound in den Song hinein. Dieser klingt in der Tat frischer und nicht so retromäßig - trotz der Hammondorgel - wie so manch andere Sachen der Band. An der ein oder anderen Stelle blitzt dann aber doch etwas floydiges aus dem Song hervor, aber nur ganz leicht.

„Celebrity Purée“ mit seinen gerade mal 3:43 Minuten Spielzeit weist eine ganze Meng an Sounds auf, die gut proggen und rocken. In dieses kurze Stück packt Andy einen ganzen Haufan an Ideen, die auch für mehrere Songs gereicht hätten. Das folgende Titelstück weist wieder einige Neoprog-Elemente auf, indem es irgendwie zwischen Spock’s Beard und den Flower Kings mit weiteren Zutaten pendelt. Der Track gefällt mir gut, die Gitarrenpassagen im zweiten Teil des Stückes sind wirklich klasse. Nach „A Sale Of Two Souls“ bei dem Andy mit unterschiedlicher Dynamik arbeitet, endet die erste CD mit „Bat Out Of Basildon“, das mit einem startenden Motorrad, rockigen Gitarren und einem dreckigen Saxophon beginnt. Nicht nur Andy’s Gesang erinnert mich da sehr an den seligen Frank Zappa.

Der Höhepunkt ist für mich die zweite CD mit ihren beiden Longtracks, die es in sich haben. Faszinierende Synthies sowie ein gemeinsamer Gesang von Andy und Julie King lassen mich bei „Four Egos One War“ gleich auf den Tonwellen dahin gleiten. Das ist Gänsehautfeeling pur. Dieser Track hat alles, was ein guter Longtrack haben muss. Vor allem die Synthies reißen mich richtig mit. Und dem steht der zweite Song „The Full Gamot“, der wie ein Epos klingt, in nichts nach. Allein diese beiden Stücke rechtfertigen meiner Meinung nach den Kauf des Albums.

InsideOut/SPV, die ja bekannt für sehr ansprechende Ausstattungen ihrer Produktionen sind, haben auch mit dieser Veröffentlichung wieder ungewöhnliches am Start, denn es gibt die CD in verschiedenen Varianten. Neben der normalen DoppelCD erscheint das Album auch als Special Edition im Slipcase und in einer Special Edition mit einem 100seitigen Booklet, in dem die Story zum Album in sehr ansprechender Weise illustriert wurde. Eine lohnenswerte CD, in welcher Version man sie sich auch immer anschaffen mag.

Stephan Schelle, Februar 2008

   

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