Styx – Circling From Above
Alpha Dog 2T/Universal Music (2025)

(13 Stücke, 41:08 Minuten Spielzeit)

Vier Jahre nach ihrem letzten, bemerkenswerten Album „Crash In The Crown“ legt die amerikanische Band Styx am 18.07.2025 mit „Circling From Above“ ein weiteres Spätwerk vor. Es ist bereits ihr 18. Album. Am neuen Album haben Gründungsgitarrist/Sänger James „JY“ Young (liebevoll „The Godfather of Styx“ genannt), Gitarrist/Sänger Tommy Shaw, Original-Bassist Chuck Panozzo, der langjährige Schlagzeuger Todd Sucherman, Keyboarder/Sänger Lawrence Gowan, Gitarrist/Sänger Will Evankovich und Bassist Terry Gowan, mitgewirkt. Eine Veränderung hat es, im Vergleich zum Vorgänger lediglich durch Terry Gowan am Bass gegeben.


Das Album, das digital sowie auf Vinyl und CD erscheint, umfasst 13 Songs, die die Komplexität der menschlichen Erfahrungen durch die sich überschneidenden Aspekte von Technologie und Natur beleuchten. Mir lag zur Besprechung die CD-Version vor, die in einem Jewelcase mit 16seitigem Booklet erscheint.

Alle 13 Songs stammen in verschiedenen Kombinationen aus der Feder des Songwriter-Dreigestirns der Band, bestehend aus Shaw, Evankovich und Lawrence Gowan. In Bezug auf den kreativen Funken des Trios sagt Lawrence Gowan, dass es sich nicht um einen einfachen Fall von Mehrheitsentscheidungen handelt, sondern vielmehr um ein echtes gemeinsames Unterfangen. „Ich habe bei den letzten drei Platten festgestellt, dass wir uns wirklich bemühen, dafür zu sorgen, dass jeder am Ende ein Lächeln im Gesicht hat“, sagt er. „Es gibt zwar kreative Reibungen, aber jeder kommt zum Zuge und das ist wirklich gut. Es ist sicher eine seltsame dreifache Demokratie. Wir alle wissen, dass die Institution Styx das Wichtigste ist.“

Auf halbem Weg zum Album begann ein loses Thema den kreativen Prozess der Band zu umkreisen - eine Anziehungskraft, wenn man so will, die sie auf den von Shaw beschriebenen geraden Weg führte. In einem zufälligen Moment im Studio kam das Gespräch auf eine App, die verlassene Satelliten aufspürt, diese stillen Relikte einstiger Ambitionen. Aus diesem Funken entstanden die Tracks - darunter der Titelsong und „Build and Destroy“ -, die das Spannungsverhältnis zwischen menschlichem Erfindungsreichtum und den Träumen nachzeichnen, die wir manchmal bei der Verfolgung dieses Ziels aufgeben. „Als sie in den Weltraum geschossen wurden, waren diese Satelliten der Traum und der Ehrgeiz von jemandem“, sagt Shaw über die einst hochmoderne Technologie, die nun ziellos durch die Atmosphäre schwebt. „Sie haben ihren Zweck erfüllt und wurden weggeworfen. Es ist eine Einöde da oben, aber sie wurden einst mit Liebe geschaffen. Wir sind alle Menschen, und wer kann schon sagen, dass unser Liebesprojekt besser ist als das von jemand anderem?“

„Die Stare setzen sich durch und wir scheitern“, kommentiert Evankovich das Cover. „Wir sind nicht wie der Rest der Kreaturen, die in der Gemeinschaft arbeiten, wie die Vögel und die Bienen und all die anderen. Wir tun Dinge und verursachen dann Abfall für uns selbst, der uns am Ende schadet“.

Das Album startet mit einem zweiminütigen Prolog, dem Titelstück. Dies wird zunächst von Keyboardklängen bestimmt, die dann mit Gitarre, Schlagzeug und Bass einen rockigen Touch bekommen. Dann setzt mehrstimmiger Gesang ein. Nahtlos geht es dann in den Song „Build And Destroy“ über, der auch als erste Single veröffentlicht wird. Ein Rocksong, der den neueren Styx-Stil präsentiert, der sich in den letzten Jahren herauskristallisiert hat. Ein eingängiger Rocksong mit voluminösem Satzgesang.

„Diese kleine Melodie in ‘Build And Destroy’ habe ich immer wieder gesungen“, erklärt Sänger/Keyboarder Lawrence Gowan, der den Leadgesang übernahm. „Auch wenn wir nicht über diesen Teil singen, dachte ich, das wäre ein guter Titel. Die Melodie fühlt sich an wie ein kleines ‘Star Trek’- oder ‘Twilight Zone’-Ding - nur ein kleiner Hinweis, der den Titel unterstreicht.“ Shaw und Evankovich stürzten sich in die Arbeit, um die Strophen auszufeilen und den Text zu vervollständigen, und in nur eineinhalb Tagen war der Song fertig. „Wir wussten, dass er stark war“, sagt Gowan. „Auch wenn es der vorletzte Song war, den wir fertigstellten, fühlte er sich wie ein schneller Einstieg in das Gesamtthema des Albums an.“

„Michigan“ sorgt dann für Styx-Feeling, das an frühe Alben erinnert, darüber hinaus aber auch modernere Elemente der Band besitzt. Das liegt sicherlich auch daran, dass Tommy Shaw hier den Leadgesang übernommen hat. Ein klasse Song, der fesselt.

„King Of Love“ ist ein Song mit einer Prise Rock’n’Roll-Flair. Ein klasse druckvoller Song, der auch leicht proggige Klänge aufweist. Nach diesem etwas dramatischen Song wird es dann in „It’s Clear“ etwas atmosphärischer mit rockigem Refrain. Das klingt frisch und neu und hat zum Ende hin sogar noch eine Gitarrenpassage, die jedem Western gut zu Gesicht stehen würde.

Pianoklänge leiten dann in das Stück „Forgive“ ein, das dann nach wenigen Momenten mit einer herrlichen Gitarrenpassage aufwartet und an frühe Zeiten andockt. Das balladeske Stück, das auch einige beatleske Passagen enthält, gewinnt durch druckvolle Einschübe an Ausdruckskraft. Ein leichtes Beatlesfeeling, gepaart mit Queen-ähnlichen Klängen ist dann in „Everybody Raise A Glass“ auszumachen.

Sehnsuchtsvoll startet eine Geigenmelodie in das Stück „Blue Eyed Raven“, das dann durch den Gitarrenrhythmus einen leichten Gypsy-Touch bekommt und wieder in Richtung frühere Styx mutiert. Ein Stück, das einfach nur Spaß macht.

Eine Klarinette setzt dann in „She Knows“ weitere Akzente. Auch kommen hier einige Kirmesmusik-Klänge und Queen-Gitarren auf. „We Lost The Wheel Again“ klingt wie eine Rockpopnummer aus den frühen 70’ern im neuen, modernen Gewand. Und mit dem wunderbar atmosphärischen „Only You Can Decide“ endet dann das neue Styx-Album.

Auch wenn Styx sich über weite Strecken von ihrem so markanten Stil der 70’er Jahre entfernt haben, so bietet die Band doch immer noch erfrischenden Rock. Das zeigen sie eindruckvoll auf ihrem neuesten, 18. Werk mit dem Titel „Circling From Above“. Ein weiteres eindrucksvolles Spätwerk der Amerikaner.

Stephan Schelle, Juli 2025

   

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