Steve Miller
Band – J50: The Evolution Of The Joker Zum 50. Jubiläum veröffentlicht Steve Miller am 15.09.2023 ein Album, das den Werdegang der Kompositionen seines grandiosen achten Albums „The Joker“, mit dem er in die erste Riege der Rockmusik aufstieg, aufzeigt. Dabei geht er nicht - wie viele andere Bands - so vor, dass das Originalalbum eine CD umfasst und die Bonusstücke danach platziert sind. Vielmehr beginnt er mit ersten Songs und präsentiert zum Teil mehrere Versionen der auf dem 73’er Album befindlichen Stücke direkt hintereinander. So kann man die Entwicklung vom Demo bis zum fertigen Song direkt nachverfolgen. |
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The
Joker“ wurde im Oktober 1973 als Single veröffentlicht und erwies sich,
wie Miller es ausdrückte, als „ein echter Non-Stop-Hit“, der weltweit
von fast allen Radiosendern gespielt wurde. Der Song stieg auf Platz 1 der
Billboard Hot 100 und erreichte auch die Top 20 in vielen anderen Ländern
der Welt. Im September 1990, mehr als eineinhalb Jahrzehnte später,
schrieb „The Joker“ Geschichte, als der Song in die US-amerikanischen,
britischen und europäischen Charts zurückkehrte, nachdem er in einem
beliebten TV-Werbespot für Levi’s zu sehen war - die längste Pause
zwischen transatlantischen Chart-Toppern. Dieser
Durchbruch wurde sicherlich durch Veränderungen sowohl in der Besetzung
als auch in Millers eigener Herangehensweise an das Songwriting
vorangetrieben. „J50: The Evolution of The Joker“ vereint nun das
Originalalbum mit unveröffentlichten Aufnahmen und veranschaulicht so
Millers kreativen Prozess. Die Sammlung beginnt mit wunderschönen
akustischen Live-Aufnahmen von „Children of the Future“, „Brave New
World“ und „Space Cowboy“, die 1972 während einer Tournee
aufgenommen wurden. Miller spielte routinemäßig pro Jahr in mehr als
hundert Städten. Mit Dickie Thompson an den Keyboards, Gerald Johnson am
Bass und John King am Schlagzeug war die Steve Miller Band erstmals als
Quartett unterwegs. Angetrieben von Thompsons B3-Orgel und dem
elektrischen Hohner-Clavinet entwickelte die Band einen unverwechselbaren
neuen Sound, der Millers unverkennbaren psychedelischen Blues mit einer
fokussierten Songkunst verband, die seine vielen Inspirationen und Einflüsse
gekonnt zu etwas völlig Eigenem verschmolz. „Die
wichtigste Regel, die sich jeder Junge da draußen, der eine Platte machen
will, merken sollte, ist: Wenn du ins Studio gehst, sei bereit, die ganze
Performance beim ersten Mal zu machen, denn das wird die beste Zeit sein,
in der du sie machst“, sagt Miller. „Es geht darum, den ersten
Auftritt einzufangen. Darum geht es auch bei The Joker. Es waren alles
erste Takes, und erste Takes sind immer besser als perfekte Takes.“ Steve
Miller erklärt weiter. „Um ein Hitalbum einzuspielen, dachte ich, dass
es am besten ist, fünf Hooks zu haben. Nicht eine, nicht zwei, nicht
drei, nicht vier, sondern fünf, wenn man wirklich einen Hit liefern will.
Nehmen Sie zum Beispiel ‘The Joker’. Manche Leute nennen mich den
‚Space Cowboy’. Was zum Teufel war das? Dann geht es weiter und man
wird wieder aufmerksam: die Slide-Gitarre, der Refrain, die Harmonie, die
Wolfspfeife. Das passt alles zusammen. All diese Dinge sind nur Elemente
des Schreibens. Man lernt diese Elemente, und man spielt immer mit
ihnen.“ Mir
lag die CD-Version vor, die in einem Jewelcase mit einem 36seitigen
Booklet in dem sich zahlreiche Fotos und Linernotes von Steve Miller und
Anthony DeCurtis befinden, daherkommt. Das
Album beginnt mit einem Kommentar von Steve Miller indem er die Hörer
begrüßt, gefolgt von sechs Songs, die er, wie es scheint Solo nur an der
Gitarre spielte und die live im Mai bzw. Juli 1972 mitgeschnitten wurden. Das
sind „Children Of The Future“, „Brave New World“, „Dear Mary“,
„Space Cowboy“, „Ginger Man“ und „Nothing Lasts“. Zwar
können die Liveaufnahmen nicht ganz mit den Studioaufnahmen mithalten
sind aber für ihr Alter recht gut und bieten einen gut aufgelegten Steve
Miller, der schon zeigt, in welche Richtung es zukünftig gehen wird. Danach
kommen die Songs von „The Joker“ in der Reihenfolge, wie sie auf dem
Album zu finden sind. Dies leitet Steve wieder mit einem Kommentar ein. So
war das eröffnende „Sugar Babe“ als Akustikstück komponiert worden,
bei dem sich Steve an der Akustikgitarre begleitete. Davon gibt es einen
1:46minütigen Auszug. Danach folgt eine rockige Version, die live beim
Konzert am 08.12.1973 mitgeschnitten wurde. Anschließend ist die
Albumversion zu finden. Hier zeigt sich dann dass sich der Stil von Miller
in einen bluesigen Rock mit spacigen Elementen verwandelte. Die
Coverversion „Mary Lou“ von Young Jessie machte sich Steve Miller auch
zu Eigen und hier wird eine frühe Version aus den Studioproben der
Albumversion gegenübergestellt. Während die Probeversion sehr
ungeschliffen und rau wirkt, ist die Albumversion klanglich aufpoliert.
Ein Riesenunterschied. Und das zeigt sich dann auch in den anderen Songs,
bei denen die Demos neben die Originale gestellt werden. Es
gibt aber auch einige unveröffentlichte Songs wie „Hat“, „Say Hey
Ray“ und „White Elephant“, aus denen schließlich der Song „Shu Ba
Da Du Ma Ma Ma Ma“ resultierte. Die
zweite CD startet dann mit zwei Versionen von „Your Cash Ain’t
Nothin’ But Trash“. Dann kommen zwei Versionen des Songs „Lidi“,
die Country/Western-Feeling verströmen. „Lidi / Travelin’“ und
„Travelin’“ besitzen dann schon Harmonien und einige Textpassagen,
die deutlich auf „The Joker“ hinweisen. Und so geht es dann auch mit
den restlichen Songs weiter. Den Abschluss bilden dann zwei Versionen von
„I Don’t Mind“ (eine im Hotel und eine im Studio aufgenommen), eine
A-Capella-Version von „Mama Church“ sowie die Singleversion von „The
Joker“. Steve
Miller nimmt die Hörer mit auf eine Reise, die zeigt, wie sein erstes
Top-Album entstand. Das ist hochgradig spannend und macht richtig Spaß.
Durch die sechs Kommentare, die sich über die Silberlinge verteilen, hat
man darüber hinaus das Gefühl als würde einen Steve direkt ansprechen. Stephan Schelle, September 2023 |
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