Steve Hackett – Please Don’t Touch
Steve Hackett – Spectral Mornings
Steve Hackett – Defector
Charisma Records / Universal Music (1978 / 2016)
Charisma Records / Universal Music (1979 / 2016)
Charisma Records / Universal Music (1980 / 2016)

(23 Stücke, 88:44 Minuten Spielzeit)
(19 Stücke, 87:02 Minuten Spielzeit)
(23 Stücke, 101:11
Minuten Spielzeit)

Nachdem die ehemaligen Genesis-Mitglieder Phil Collins und auch Anthony Phillips ihre frühen Alben in remasterter Form auf den Markt bringen, schließt sich auch Steve Hackett ab dem 27.05.2016 mit überarbeiteten Versionen seiner Frühwerke als Einzelalbum an (im Jahr 2015 gab es diese schon im Rahmen der „Premenitions“-Box). Zunächst werden die Soloalben der Jahre 1978 bis 1980 neu als Deluxe Editionen veröffentlicht. Die Editionen erscheinen jeweils als DoppelCD im achtseitigen Digipack mit einem 20seitigen Booklet und enthalten darüber hinaus jeweils noch eine DVD mit einem Surround-Mix.

Bereits im Jahr 2005 erschienen die Alben in remasterter Form als EinzelCD und enthielten einige Bonustracks. Die neuen Versionen weichen in einigen Punkten davon ab und bieten darüber hinaus noch jeweils eine DVD mit einem 5.1 Surround Sound Mix.

Nach seinem Solodebüt im Jahr 1975 mit dem Album „Voyage Of The Acolyte“, das sehr erfolgreich war, sowie dem Ausstieg bei Genesis im Jahr 1977 forcierte Steve Hackett seine Solokarriere und veröffentlichte in der Folge weitere sehr erfolgreiche Alben.

1978 erschien das zweite Hackett-Werk unter dem Titel „Please Don’t Touch“ bei dem er namhafte Musiker wie Phil Erhart und Steve Walsh (beide Kansas) Richie Havens, Randy Crawford und Chester Thompson (er trommelte bei Genesis) verpflichten konnte.


„Auf ‘Please Don’t Touch’ war meine Solokarriere endlich in vollem Gange“, erinnert sich Steve. „Die Ideen waren wirklich gut und die Leute, die sie umsetzten, waren absolut fantastisch - das war eine Offenbarung für mich. Ich wollte auf dieser Platte unsichtbar sein und sah mich mehr als eine Art Katalysator. Jeder Track war wie ein Auszug aus einem Sampler. Unterschiedliche Teams und unterschiedliche Stile - diese genreübergreifende Arbeitsweise begleitet mich bis heute.“

War Hackett auf seinem Debütalbum noch sehr dem Stil von Genesis, die er mit seinem Gitarrenspiel maßgeblich prägte, verhaftet, so zeigt er sich auf „Please Don’t Touch“ wesentlich abwechslungsreicher und ist doch unverkennbar typisch Hackett. Das zeigt sich schon im eröffnenden „Narnia“, das mit typischen Hackett-/Genesis-Akkorden auf der Gitarre beginnt und dann in einen treibenden Song übergeht, der mehr an Kansas erinnert. Beim leicht verschrobenen „Carry On Up The Vicarage“ kommt der Genesis-Stil wieder deutlicher zu Tage. Hackett (Genesis) trifft auf Kansas kann man auch den Song „Racing In A“ übertiteln. Klassisch wirkt dagegen das leise „Kim“. Eine Spur Beatles kommt dann in „How Can I?“ auf. Und „Hoping Love Will Last“ bekommt durch den Gesang von Randy Crawford eine Spur Soul verpasst. Neben den beiden Bonusstücken „Narnia (John Perry Vocal Version)“ und „Narnia (Alternative Version)“ findet sich auf der ersten CD noch mit „Seven Of Cups“ ein neues Instrumentalstück, das in den Aufnahmesessions entstanden ist und von Steven Wilson neu gemischt wurde.

Apropos Steven Wilson. Hackett konnte ihn gewinnen von den beiden Alben „Please Don’t Touch“ und „Spectral Mornings“ einen neuen Stereo Mix sowie einen 5.1 Surround Sound Mix zu erstellen. Steven Wilson bot sich selbst an, da er von diesen Alben in frühen Jahren inspiriert wurde. Seine neuen Mixe der beiden Alben bieten einen wesentlich weicheren Sound. Darüber hinaus hat er Wert darauf gelegt, dass die einzelnen Instrumente noch mehr zur Geltung kommen. Vor allem glänzen aber die Stücke in den Surround Mixen wenn man von den Instrumenten oder den Satzgesängen förmlich von allen Seiten umarmt wird. Da hat Steven Wilson wieder ganze Arbeit geleistet.

Das dritte Soloalbum „Spectral Mornings“ erschein im Jahr 1979. Steve Hackett erinnert sich: „Plötzlich hatten wir eine tolle Liveband für Tourneen; allesamt unglaubliche Musiker und Sänger. Ich war nicht mehr allein. Einen großen Teil von ‘Spectral Mornings’ hatte ich schon live getestet. Das Publikum war so heiß darauf, wie ich es mir in meinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Und auch hier war es die Kombination aus klassisch ausgebildeten Musikern und Autodidakten, die bei diesen Songs das gewisse Etwas ausmacht.“

Das Album enthält neben dem Titelstück noch weitere Klassiker, die lange im Liveprogramm von Hackett zu finden waren. Darunter das eingängige „Every Day“, das damals auch als Single ausgekoppelt wurde sowie „Clocks - The Angel Of Mons“. Auch auf „Spectral Mornings“ zeigt sich Steve Hackett von einer sehr abwechslungsreichen Seite und hatte seinen eigenen Stil gefunden, den er über die Jahre immer weiterentwickelte. Als Bonusstücke werden „Every Day“ in der Single Version, „Clocks - The Agel Of Mons“ (Single Version) und „The Caretaker“ (ein 1:41minütiger Track mit Geräuschen) geboten. Die 2005’er Version enthielt dagegen sieben Bonustracks, von denen sich hier nur einer wieder findet. Disc 2 enthält ebenfalls einen neuen Stereomix und die DVD einen 5.1 Surround Sound Mix, bei von Steven Wilson.

Die 80’er Jahre eröffnete Hackett dann mit seinem vierten Soloalbum „Defector“. Über die „Defector“-Zeit sagt Steve Hackett: „Nach der Flöte auf ‘Steppes’ ganz am Anfang, die ein bisschen nach Schlangenbeschwörung klingt, dröhnten heidnisch anmutende Trommeln aus der Kirche nebenan, die uns als Hallraum diente. Ich war immer noch völlig begeistert von dieser Wahnsinnsband, die einfach die Vielseitigkeit in Person war. Es war zwar hart, einen Nachfolger für ‘Spectral Mornings’ zu produzieren, aber ‘Defector’ schaffte es sogar in die Top 10 Charts!“

Der Opener „Steppes“ beginnt in der Tat mit Flöten, die an Schlangenbeschwörung erinnern, mündet dann aber in einen Track der wie eine Mischung aus Rock und „Carmina Burana“ anmutet. Ein absolut faszinierendes Stück, das den Stil von Hackett sehr gut widerspiegelt. Fast ein bisschen Pop und AOR fließen in „Time To Get Out“ ein. Und „Slogans“ zeigt sich als musikalischer Wirbelwind. Dagegen wirken „Leaving“ und „Hammer In The Sand“ sehr verträumt. Erneut kommt Pop in „The Show“ auf, das vor allem durch einen markanten Bass überzeugen kann. Mit dem Song „Sentimental Institution“, der wie aus den 20’er Jahre wirkt, endet dann das Album

Bis auf drei nicht enthaltene Livebonustracks ist diese erste CD mit der 2005’er Version identisch. Dafür enthält die zweite CD keinen alternativen Mix sondern einen 58minütigen Livemitschnitt vom Reading Festival aus dem Jahr 1981.

Auf der Bonusdisc kann man sich von der Livequalität der Band um Steve Hackett überzeugen. In diesem Set waren Highlights seiner vier Solowerke enthalten. Hackett glänzt darüber hinaus ein ums andere Mal durch herrliche Soli. Bei „Slogans“ können sich Hackett und Band dann so richtig austoben. Die DVD bietet einen neuen, Pseudo 5.1 Surround Mix, der von den Originalbändern erstellt wurde. Wer für diesen verantwortlich zeichnet ist mir nicht bekannt. Zwar ist dieser auch nicht schlecht, reicht aber an die Transparenz, die Wilson bei seinen Mixen erzeugt hat, nicht heran.

Diese drei Alben von Steve Hackett gehören definitiv in jede gute Rocksammlung. Durch den neuen Mix - vor allem in der 5.1 Surround-Version - bekommen diese Werke noch einmal mehr Glanz.

Stephan Schelle, Mai 2016

   

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