Steve Hackett – Genesis Revisited: Live At Hammersmith

Steve Hackett – Genesis Revisited: Live At Hammersmith
Insideout music (2013)
(CD 19 Stücke, 151:14 Minuten Spielzeit
DVD 19 Stücke 161 Minuten + 17 Minuten Behind The Scenes)

Wenn es derzeit einen Verwalter des Musikvermächtnisses der britischen Band Genesis gibt, dann ist das zweifelsohne Steve Hackett. Und das ist in diesem Kontext weder bürokratisch noch negativ zu verstehen, denn kein anderer bringt die Songs der Frühphase (unter seiner Beteiligung) so eindrucksvoll auf die Bühne wie der britische Ausnahmegitarrist.


Ende 2012 hatte Steve Hackett die CD „Genesis Revisited II“ auf den Markt gebracht, auf der er seine Interpretationen vieler Songs der Genesis-Frühphase neu eingespielt hat. Dabei orientierte er sich an den Originalen und schaffte es den Spirit dieser Stücke einzufangen und perfekt rüberzubringen.

Im Frühjahr 2013 ging er dann mit dem Programm auf die Bühnen und spielte viel umjubelte Konzerte, denn auch live übertrug sich dieser Spirit auf die Fans im Publikum. Bei seinem Auftritt am 10.05.2013 im Londoner Hammersmith Apollo, ließ Hackett das Konzert nicht nur mitschneiden, sondern auch von mehreren Kameras Filmen. Herausgekommen ist ein wunderbar zeitloses Werk, das sowohl klanglich wie auch von der Optik voll überzeugen kann, das im Oktober 2013 herausgekommen ist. Und Hackett scheint – wie man an einigen Äußerungen und Gesten sieht – entspannter denn je zu sein.

Schon der Beginn mit „Watcher Of The Skies“ ist perfekt gewählt und sorgt das erste Mal für Gänsehaut, die sich unzählige Male beim Anschauen dieses Konzertes breit machen wird. Steve’s Mitstreiter (Roger King, Nad Sylvan, Gary O’Toole, Lee Pomeroy und Rob Townsend), die ihn ja auch schon bei seinen Solokonzerten in den letzten Jahren begleitet haben (lediglich Bassist Nick Beggs ist nicht dabei), zeugen von einem eingespielten Team. Und der kehlige Gesang von Nad Sylvan passt ganz hervorragend zu den damals von Peter Gabriel gesungenen Stücken.

Im dritten Song „Dancing With The Moonlit Knight“ wendet sich Steve ans Publikum und meint: „Ihr kennt die Stücke wahrscheinlich alle besser wie wir.“ Und er bittet sie mitzusingen. Dem folgt die gesamte Halle dann auch beim Beginn dieses Stückes. Spätestens jetzt laufen dem Musikfreund, der mit dieser Musik groß geworden ist – wie ich – die Freudentränen über die Wangen und wohlige Schauer lassen eine friedvolle und zufriedene Stimmung aufkommen.

Aber auch Gäste hatte Steve mit auf die Bühne geholt. Der erste war Nik Kershaw, der dem Stück „The Lamia“ mit seiner immer noch hervorragenden Stimme noch mehr Intensität verlieh. Wow, was für eine Version. Da läuft schon wieder eine Gänsehaut den Rücken runter. Und dann kommt in diesem Stück auch noch Steve Rothery mit einem Solo zum Zuge, dass das Herz aufgehen lässt. Prog-Freund, was willst du eigentlich noch mehr? Große Klassiker wie „The Musical Box“, „I Know What I Like“ (mit tollen Soli, darunter auch ein jazziges Saxophonsolo von Rob Townsend), „Supper’s Ready“ und „Firth Of Fifth“ fehlen natürlich auch nicht im Programm und lassen die Zuschauer in enthusiastischen Applaus verfallen. Und dieses Gefühl überträgt sich auch beim Zusehen des Konzertmitschnitts ins heimische Wohnzimmer.

Hatte Steve in seinem Soloprogramm auch immer ein, zwei Stücke von Genesis im Programm, so macht er es hier ähnlich und nimmt ein eigenes Stück in die Setlist auf. „Shadow Of The Hierophant“ passt aber auch ganz prima in das Set, liegt es musikalisch doch auf gleicher Höhe wie die Genesisklassiker. Am Bass ist jetzt als nächster Gast Amanda Lehmann zu sehen, die das Stück auch mit ihrer hellen Stimme verziert. Bei „Entangled“ kommen dann Jakko Jakszyk und erneut Amanda Lehman auf die Bühne, die in diesem Stück ein Duett mit wunderbarem Satzgesang (zusammen mit Nad Sylvan) bieten.

Das Hackett gut drauf ist zeigt beispielsweise auch dass er zum Stimmen seiner Akustikgitarre, an die er für das Stück „Blood On The Rooftops“ wechselt, mal eben eine Passage aus der bekannten Titelmelodie aus dem Film „Der dritte Mann“ spielt. In „Blood On The Rooftops“ übernimmt Schlagzeuger Gary O’Toole auch den Leadgesang, ganz im Stile eines Phil Collins, während er weiter seine Felle bearbeitet. Das kommt hier ganz gur rüber während sein Gesangspart bei „Eleventh Earl Of Mar“ untergeht. „Afterglow“ wird dann noch von einem weitren bekannten Musiker, nämlich John Wetton gesungen. Man könnte noch so viel über die Stücke schreiben, besser ist es aber sie selber für sich wieder zu entdecken. Und wenn das in einer solchen Qualität wie hier gemacht ist, dann macht es umso mehr Spaß.

Das komplette mehr als zweieinhalbstündige Konzert ist auf drei CDs sowie einer DVD zu hören bzw. zu sehen. Am Besten kommt die Musik aber zur Geltung wenn man sie per DVD im 5.1 Surround Sound genießt. Die zweite DVD hält dann noch eine gut 17minütige „Behind The Scenes“-Dokumentation bereit. Einziger, kleiner Kritikpunkt ist für mich die Bildqualität, die auf einem HD-Bildschirm manchmal etwas pixelig wirkt und nicht in HD auf der DVD Platz gefunden hat. Vielleicht hätte man hier den Konzertmitschnitt über die beiden DVDs verteilen sollen. Aber das ist wirklich ein winziges Manko, denn der Konzertmitschnitt glänzt durch sehr ansprechende Schnitte sowie Bildeinstellungen und gibt die wirklich sehr schöne Lightshow und die auf drei großen LED-Bildschirmen projizierten Animationen sehr gut wider.

Als Freund Progressiver Musik und Liebhaber der Rocksounds der 70’er Jahre kommt man an dieser Veröffentlichung nicht vorbei. Steve Hacketts Aufführung im Hammersmith Apollo mit dem Titel „Genesis Revisited: Live At Hammersmith“ ist ein absolutes Muss. Achtung, von dieser CD/DVD kommt man nicht mehr los.

Stephan Schelle, Oktober 2013

   

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