Stephan Thelen – Fractal Guitar 3
MoonJune Records (2023)

(6 Stücke, 70:59 Minuten Spielzeit)

Der Schweizer Komponist, Gitarrist und Keyboarder Stephan Thelen veröffentlichte im November 2022 sein neueste Solowerk „Fractal Guitar 3“ bei MoonJune Records. Es ist der dritte Teil seiner „Fractal Guitar“-Reihe, die 2018 mit dem ersten Teil begann. Für die Einspielung der fünf Stücke plus einem Bonustrack hat sich Thelen wieder Hilfe bei befreundeten Musikern wie Touch-Gitarrist Markus Reuter, Elvind Aarset (Gitarren), Stefan Huth (Bass), Manuel Pasquinelli (Schlagzeug), J. Peter Schwalm (Synthesizer, elektronische Perkussion) sowie weiteren Musikern geholt.


Stephan Thelen: Im Jahr 2021 habe ich gleichzeitig an vier Alben gearbeitet: „Transneptunian Planets“ (mit J. Peter Schwalm, Eivind Aarset, Tim Harries und Manuel Pasquinelli); „Fractal Sextet“ (mit Jon Durant, Fabio Anile, Colin Edwin, Andi Pupato und Yogev Gabay); „Music for Piano and Strings“ (ein Album mit Klavierquintetten und Streichquartetten, die entweder von Fabio Anile oder von mir geschrieben wurden), und dieses Album, „Fractal Guitar 3“, der dritte Teil der Fractal-Guitar-Serie.

Die CD erscheint in einem sechsseitigen Papersleeve und enthält fünf Stücke sowie einen editierten Mix des Eröffnungsstückes.

Gestartet wird mit dem 16:17minütigen „Through The Stargate“, dem am Ende der CD als Bonus ein 9:56minütiger Mix angehängt wurde. Sehr elektronisch beginnt dieser eröffnende Longtrack. Nach wenigen Momenten kommen Schlagwerk und Gitarre auf und es entwickelt sich ein rockiger Part in einer Mischung aus Post-, Prog- und Spacerock. Das ist sowohl sehr rhythmisch und dynamisch als auch sehr sphärisch und elektronisch angelegt. Mit klassischen Streichersounds endet dann das Stück. Dieses Stück wurde von Eivind Aarset mitkomponiert, der das „Richard-Wagner-Thema“ einführte, das den orchestralen Schluss inspirierte. Ein klasse Track. Der als Bonustrack ans Ende gestellte Mix des Stückes ist wesentlich rauer und kantiger als der Opener. Stephan Thelen dazu: Als Bonustrack habe ich eine bearbeitete Version dieses Stücks beigefügt, die sich auf Eivinds Parts konzentriert und von unserem gemeinsamen Freund J. Peter Schwalm abgemischt wurde.

„Morning Star“ basiert zum Beispiel auf einem ähnlichen „5 gegen 7“-Polyrhythmus wie „Pluto“ von „Transneptunian Planets“. Eines meiner Ziele als Komponist ist es, neue, nicht standardisierte Beats zu erfinden, oft unter Verwendung von ungeraden Metren, Polyrhythmen, Isorhythmen und anderen Techniken. Manchmal kommt es dann vor, dass ein solcher Beat in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Anwendungen nahe legt. Das 9:49minütige Stück bietet spacige Sounds, die recht schwebend wirken und eine sehr beruhigende Ausstrahlung besitzen. Der Rhythmus ist dabei sehr akzentuiert gesetzt. Zum Ende hin wird es dann etwas druckvoller, ohne aber die Stimmung groß zu verändern.

Das 9:37minütige „Glitch“, ist ein Stück, das als möglicher Track für „Transneptunian Planets“ begann, dann aber weiterentwickelt und als Track für „Fractal Guitar 3“ fertig gestellt wurde. Es ist eine neue Version von „Angular Momentum“, einem Stück, das von Manuel Pasquinelli mitkomponiert wurde und zuerst auf dem Album „Black Light“ erschien. Flirrende elektronische Effekte und rhythmische sowie atmosphärische Gitarrenmotive bestimmen hier das Bild. Das wirkt proggig, futuristisch, mit einem groovigem Basslauf und geht gut ins Ohr.

Es folgt das 13:38minütige „Ascension“, das auf ähnlichem musikalischen Material basiert wie mein sechstes Streichquartett gleichen Namens (aufgenommen vom Al Pari Quartet für Music for Piano and Strings). Diese Version des Stücks wurde von Markus Reuter und J. Peter Schwalm mitkomponiert. Es beginnt recht elektronisch mit hell klingenden Soundscapes und atmosphärischen Gitarresounds, die einen in sphärische Höhen beamen. Sobald aber der Schlagzeugrhythmus aufkommt wird es rockiger und proggiger. Der Track entwickelt sich immer weiter, bietet einen sehr schönen perkussiven Part und eingängige Harmonien.

Das 11:32minütige „Black On Maroon“, basiert auf denselben rhythmischen Mustern im 7/4-Takt (gleichzeitig in verschiedenen Geschwindigkeiten und Oktaven gespielt) wie „Slow Over Fast“ auf dem Album „Fractal Sextet“. Der Titel dieses Stücks ist einem Gemälde von Mark Rothko entnommen. Thelen geht hier - wie bei den vorangegangenen drei Tracks - recht atmosphärisch ans Werk und baut zum Teil eine sehr spacige Atmosphäre auf.

„Fractal Guitar 3“ des Schweizers Stephan Thelen ist ein sehr schönes, atmosphärisches, spaciges Album, das in „Through The Stargate“ auch Postrock-Elemente aufweist. Thelen und seine Mitstreiter schaffen auf dem Album teils schwebende Passagen, die mit einem tollen Groove aus Bass oder Schlagzeug unterlegt sind. Ein empfehlenswertes Album.

Stephan Schelle, Februar 2023

   

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