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Smalltape
- Tangram
Art-Rock-Magier
Philipp lässt wieder in seine Glaskugel schauen Ich begleite den musikalischen Weg dieses sympathischen Künstlers und Multi-Instrumentalisten sowie ausgebildeten Film-Ton-Meister Philipp Nespital und seiner vielen helfenden Weggefährten aus der Region Berlin bereits seit der Veröffentlichung seines sehr starken Debüts „Circles“ (2011). Die zu dieser Zeit äußerst ungewöhnliche Veröffentlichung auch als Kompakt-Kassette unterstreicht damit noch deutlicher den Projektnamen Smalltape. Aber auch seine vielen anderen Arbeiten aus dieser Zeit sind schon mehr als beachtlich und zeigen das enorme Talent dieses Klang-Magiers.
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Der Titel, „Tangram“
heißt auch ein Virgin-Album von den Berlinern Tangerine Dream, bezieht
sich auf das gleichnamige chinesische Legespiel (Pinyin, Siebenbrett), bei
dem sich sieben einfache geometrische Formen zu unzähligen komplexen
Figuren zusammensetzen lassen. Die Idee dazu kam Philipp beim Schreiben
vom Lied „Tesselate“ (Mosaikarbeit), das thematisiert, wie sich
Bruchstücke einer Lebensgeschichte immer wieder neu zusammensetzen wie
ein Mosaik oder eben ein Tangram. Sein aktuelles Album
besteht aus sieben recht unterschiedlichen Kompositionen in Ausrichtung
und Länge, inklusive des dreiteiligen „No Time“ an Position 1, 4 und
7, dass dieses Lieder-Gerüst homogen verbindet und zusammenhält. Das ist
typisch und Alltag für das/die Arbeiten von Philipp, der versucht so viel
Mosaiksteinchen wie möglich zu einem Gesamt-Kunstwerk zusammen zu
bringen. Das ist Multi-Dimensional gemeint und das findet sich auch in
seiner Musik seit 15 Jahren in Gänze wieder. Es gibt Menschen, die genau
das, komplett oder teilweise, unverständlicherweise beanstanden. Ich sehe
über alle vier Alben eine ständige Weiterentwicklung, den Versuch auf
Bewährtes zu setzen, aber auch immer neues, buntes, skurriles und außergewöhnliches
in seine Klang- und Musikstrukturen einzubauen und auszuprobieren. Er
agiert also in seinem musikalischen Tangram. Um das zu verwirklichen,
setzt er auf Kontinuität und Qualität bei seinen musikalischen Unterstützern. Drei bekannte Namen, die
unbedingt wieder genannt werden müssen sind Flavio De Giusti (Gitarren),
Alexandra Praet (Bass, Gesang), Omri Abramov (Saxofone), die auch zur
Konzert-Band Smalltape gehören. Dazu weitere Helfer, die Philipp’s
Visionen schon seit den Anfängen unterstützen und mit verwirklichen.
Philipp ordnet jeder farbigen Form einen Gemütszustand wie verträumt,
bescheiden, heftig oder leicht zu, ich habe aber noch eine andere
Interpretation. Nun zum Album „Tangram“. Nach dem schönen nur
46-sekündigen Intro „No Time I“, geht es übergangslos in die
wechselhaften und charakteristischen Klang-Landschaften von Philipp
Nespital und das im ersten Teil von „Goodbye“ sehr brachial und
kraftvoll nach vorne. Dann im zweiten Teil des Liedes ein Melodiebogen,
der mir nicht aus den Ohren geht, echt klasse. So geht es auch, aber etwas
entspannter mit „Second Chance“ weiter. Der erste starke Teil
der Nespital-Filmmusik (Tangram: mittelgroßes Dreieck und Quadrat) wird
mit „No Time II“ abgeschlossen, ist aber damit auch Startrampe für
den nächsten Zweier-Block. Hier wird es mit „Phoenix“ und
„Selene“ (Tangram: zwei kleine Dreiecke) etwas ruhiger und verträumter.
„No Time III“ schließt diesen zweiten Teil ab. Das verbindende
dreiteilige „No Time“ ist das Parallelogramm im Tangram. Schon jetzt möchte
ich sagen, fantastische Musik, die mich an die vielen atmosphärischen
Alben beispielweise von ECM, CTI, Vanguard der 80er, die im Spannungsfeld
von Modern-Jazz, Fusion, Funk und Weltmusik angesiedelt waren. Das dritte Doppel
(Tangram: zwei große Dreiecke) beginnt mit dem melancholische „Gold
Digger“ und geht genauso verträumt mit dem 10-minütigen
„Tesselate“ in die letzte Runde. Zum Schluss wird es bombastisch mit
Orchester, Piano, Flavio De Giusti mit Gitarren-Schnipsel und Saxofon von
Omri Abramov. Es gibt auf der CD-Version noch zwei Bonus-Titel, „Behind
The Glass“ das nahtlos an „Tesselate“ ankoppelt und eine noch stärkere
längere Version von „Second Chance“ mit einem musikalischen Rückblick
zu „Circles“ und „The Ocean“. Mich hat schon nach
einem Durchlauf die Musik von „Tangram“ in den Bann gezogen. Alle
Ingredienzien, die in so einem geschmackvollen Gericht von Philipp
Nespital hineingehören, kann ich genauestens heraushören. Denn wo
Smalltape drauf steht ist Nespital drin oder andersherum. Eigentlich
verorte ich solche Musik nach Nordamerika, Skandinavien oder Japan. Es
gibt hier im deutschsprachigen Raum kaum jemand, der sich 2025 an solche
komplexe Musik herantraut, aber in Berlin gibt es jemand der, ungeachtet,
was Kritiker sagen oder schreiben, unbeirrt und konsequent seinen künstlerischen
Weg geht. Gut so Philipp Nespital, genauso weitermachen!! Roland Koch, November 2025 |
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