Single Celled
Organism – Splinter In The Eye Der Produzent, Komponist und Multiinstrumentalist Jens Lueck sollte den Rockfreunden schon einige Male über den Weg gelaufen sein, denn er hat u. a. einige Alben der Band Sylvan produziert und auch mit der Sängerin Isgaard mehrere Produktionen veröffentlicht. Sein neuestes Projekt nennt sich Single Celled Organism, bei dem er zahlreiche Instrumente (Schlagzeug, Keyboards und Bass) selbst eingespielt hat. Daneben singt er auch noch auf einigen Stücken. |
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Inspiriert
wurde Jens dabei vor ca. zwei Jahren von seiner 14-jährigen Tochter, die
ihm eine SMS schickte die etwa so lautete: „Papa,
ich hab’ gerade ein geniales Album gehört; das würdest du lieben:
Porcupine Tree – Fear of a Blank Planet.“ Jens dazu: „Und mit einem Schlag war alles wieder da bei mir; ich war hungrig
und habe mich ein paar Tage später hingesetzt und das erste Stück
geschrieben (The Virus).“ Ziemlich schnell war klar, dass ein
Konzeptalbum entstehen sollte, denn schon immer war es Jens Lueck ein Bedürfnis,
dass Songs einen längeren Bogen haben und dass sich Geschichten
entwickeln können. Auf der Basis fragwürdiger gesellschaftlicher
Entwicklungen und Luecks Interesse für skurrile, etwas futuristische
Szenarien entstand die Story und zeitgleich die Musik. Auch Luecks
Lebenspartnerin, die Sängerin Isgaard (seit 2003 sieben Alben), sollte in
der Rolle der weiblichen Protagonistin mit eingebunden werden. „Es
war ein bisschen als wären alle Dämme gebrochen...ich kam kaum
hinterher, die Ideen festzuhalten. Ich habe mich seit Ewigkeiten nicht
mehr so frei gefühlt beim Komponieren“. Und da sich alles in einer
„kleinen, abgeschotteten Zelle“ abspielte, beschreibt der Name Single
Celled Organism den Entstehungsprozess perfekt. Die
Story erzählt eine Geschichte, die an den Film „Truman Show“ mit Jim
Carrey erinnert. Auch hier wird ein Mensch, dieses Mal ein Mädchen, von
Kameras überwacht und wächst von Geburt an in einer isolierten Umgebung
auf. Zu
Beginn des Openers „Prologue (The Mark Of Cain)“ hört man
Stimmengewirr, dann Applaus und schließlich setzt eine Stimme ein, die
das Thema des Albums - wie bei einem Vortrag - erzählt. Untermalt wird
diese Passage von Keyboardsounds, die einen hohen Spannungsaufbau
erzeugen. So wird man auf dieses Konzeptwerk perfekt eingestellt. Nach
einer Minute kommt dann eine hinreißende Keyboardpassage auf, bei der die
großen Zeiten der Progikonen wach werden. Gitarren und Piano sorgen für
weitere Akzente bis dieser Opener in einen wunderbaren Progrocktpart
endet. „Growing
Up“ schließt sich nahtlos an und man erkennt, das Jens Lueck seine
Inspirationsquellen förmlich aufgesogen hat um daraus etwas eigenes zu
machen, denn es entwickelt sich eine dichte Atmosphäre die dem Sound von
Porcupine Tree in Nichts nachsteht. Nach einem drucksvollen Beginn
wechselt das Ganze dann zu herrlichen mehrstimmigen Gesangspassagen und
warmem, sanftem Progrock, der immer mal wieder durch druckvolle Parts
unterbrochen wird. Das
ist auch gleichzeitig die Blaupause für die restlichen Stücke, die alle
mit betörenden Melodien aufwarten und ein ums andere Mal mit Fragmenten
versetzt sind, die an bekannte und beliebte Progbands erinnern. Alle
Musiker bringen sich hervorragend ins Gesamtbild ein und bilden so eine
homogene Verbindung. Isgaards hohe Stimme sorgt darüber hinaus für
Akzente. Einiges
an den Sounds und den Melodien erinnert in der Tat an Steven Wilson, ohne
aber in ein Plagiat zu münden. Vielmehr hat Jens Lueck den Spirit von
Wilson aufgenommen und interpretiert ihn in seiner ganz eigenen, sehr
wohlschmeckenden Art. „Splinter In The Eye“ ist ein grandioses Album
geworden mit dem sich Jens Lueck mit an die Spitze der deutschen
Prog-/Artrockbands katapultiert. Stephan Schelle, Oktober 2017 |
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