Interview mit Markus Steffen am 08.09.2005
 

 

Stephan: Was bedeutet der Bandname und wie spricht man ihn richtig aus, damit hatte ich schon Probleme?

Markus: Da bist du nicht der Einzige, der damit Probleme hat. Aussprechen tut man es „sidjes iwen“. Der Bandname bedeutet eigentlich im Prinzip nichts. Wir haben ihn damals in den 80’ern einfach zusammengesetzt aus zwei englischen Wörtern, die wir bei Gedichten von Lord Byron gefunden haben. Also „Siege“ bedeutet ja Belagerung und „Even“ ist die Verkürzung von Evening, poetisch gesprochen. Wenn man das jetzt mit Apostroph versieht, also Siege’s Even, würde es so was wie Abend der Belagerung bedeuten, aber das soll eigentlich keine Bedeutung haben, es ging nur um den Klang der beiden Wörter. Die haben uns recht gut gefallen und seit dem haben wir den Namen am Hals (lacht).

Stephan: Ich hab gelesen, dass der neue Sänger, Arno Menses, Fan der Band war und sich als Sänger bei euch beworben hat. Heißt das, dass ihr vorher ein Trio gewesen seid?

Markus: Ne, wir waren immer zu viert. Aber im Prinzip hast du recht damit, dass wir ein Trio waren. Wir hatten immer - auf die eine oder andere Art - Probleme mit unseren Sängern. Ab der dritten CD hatten wir einen Sänger, der zwar gut singen konnte aber der nicht so richtig dahinter stand. Arno hat ganz einfach andere Voraussetzungen, er ist ein Fan gewesen und kannte unsere alten CDs in- und auswendig. Insofern sind wir zum ersten Mal eine richtige Band mit vier Mitgliedern.

Stephan: Ist es richtig, dass ihr alle studierte Musiker seid?

Markus: Mehr oder weniger. Ich persönlich bin Autodidakt, was das Instrument angeht. Ich hab allerdings Musikwissenschaft studiert. Alex und Olli haben Bass bzw. Schlagzeug studiert. Alex ist unser Schlagzeuger, der unterrichtet hier auch in München am Drummer’s Focus, einer Schlagzeugschule. Bei Alex und Olli kann man wirklich sagen, dass sie ihr Instrument studiert haben. Ich hab’s natürlich auch studiert, aber eher selbst.

Stephan: In der Presseinfo steht, dass bei euch früher soviel Noten wie möglich in einen Song eingeflossen sind. Das klingt sehr komplizierter, heißt das dann, dass sie auch sehr kompliziert aufgebaut waren und für den Hörer schwer zu erschließen sind?

Markus: Als Musiker sieht man das natürlich immer etwas anders als der Hörer. Die ersten Scheiben und vor allem die zweite mit dem Titel „Steps“, da passiert schon eine Menge. Da haben wir uns schon Gedanken gemacht. Es ist aber schon eine sehr komplexe Musik und der Opener der CD war 25 Minuten lang. Es ist schon sehr anspruchsvolle Musik gewesen, die wir damals gemacht haben. Mittlerweile wollen wir natürlich auch in eine andere Richtung gehen. Du kannst schließlich nicht die ganze Zeit dasselbe machen.

Stephan: Wie kann jemand, der euch erst jetzt entdeckt an die alten Scheiben kommen? Sind die noch im Handel erhältlich?

Markus: Es gibt ja insgesamt fünf Alben, die „Navigating“ ist ja unser sechstes Album. Die ersten drei (Anm. der Red. „Life Cycle“, „Steps“ und „A Sense Of Change“) gibt es noch ganz regulär, die kann man im Plattenladen oder bei Amazon finden. Die vierte und fünfte Scheibe, „Sophisticated“ und „Uneven“ kann man, soweit ich weiß, offiziell nicht mehr kriegen, da das Label pleite gegangen ist. Die sind sehr schwer zu bekommen, es ist aber geplant, die irgendwann mal wieder neu rauszubringen. Aber momentan sieht es sehr schlecht aus.

Stephan: Du sagtest gerade, dass ihr in eine andere Richtung wollt. Hat das auch mit dem Eintritt von Arno zu tun, oder habt ihr das schon vorher vorgehabt?

Markus: Zum einen hatten wir das sowieso vor … Also unser Anspruch als Musiker ist immer, „wir wollen uns weiterentwickeln“, so wird auch sicherlich unsere nächste CD wieder anders ausfallen. Wir wollen immer besser werden, was das Songwriting, das Arrangieren, das Produzieren angeht und wollen natürlich auch unsere musikalischen Fähigkeiten erweitern. Aber Arno ist natürlich jetzt ein ganz wichtiges Element in der Band und er hat uns, wie kein anderer Sänger vorher, seinen Stempel aufgedrückt, weil er auch aus einer bisschen andern Ecke kommt. Obwohl er Fan der Band war und auch noch ist. Er kommt aber von seinem persönlichen Geschmack eher so aus der AOR-Ecke wie z. B. Kansas, was aber auch gut ist weil wir eben auch sehr auf Stimme und auf Harmoniegesänge stehen. Er hat uns auf dieser Platte seinen Stempel aufgedrückt und ich denke, er wird das in Zukunft auch noch verstärkt machen.

Stephan: Arno ist der einzige der singt, ist das richtig?

Markus: Jetzt auf der Platte schon, aber wir singen live auch mit.

Stephan: Die Platte beinhaltet an einigen Stellen sehr schönen Satzgesang. Wie wurde dieser teils mehrstimmige Gesang aufgenommen? Hat Arno mehrere Spuren besungen?

Markus: Ja, das ist auf mehreren Spuren aufgenommen. Wir haben erst überlegt, ob wir es machen oder ob wir Frauenstimmen oder andere Männerstimmen noch zusätzlich verwenden sollten. Aber letztendlich hat es so gut geklungen, so harmonisch geklungen, dass wir es so gelassen haben. Live werden wir das dann selbst übernehmen. Aber für die Platte war es von der Homogenität her einfach ein Aspekt, dass wir alles von Arno haben singen lassen. Und es war auch ein Zeitaspekt, weil er die Lines natürlich am besten kannte. Wir haben auch nicht das Budget, das wir ein halbes Jahr oder länger im Studio sein können. Deswegen war das dann auch noch ein finanzieller Aspekt.

Stephan: Man versucht Musik ja immer zu vergleichen. Beim Hören habe ich Ähnlichkeiten zu den sehr melodiösen Stücken von Rush, Yes, Kansas und vor allem was den Gesang betrifft von Styx erkannt. Da interessiert mich natürlich, welche Vorbilder ihr selbst habt.

Markus: Ja klar, wenn du anfängst Musik zu machen hast du natürlich deine Helden, denen du versuchst nachzueifern. Aber das war schon am Anfang, als wir noch relativ klein waren, da war dieses Spektrum schon so breit. Wir haben wirklich alles von Iron Maiden, Metallica, Rush bis hin zu Jazz und Klassiksachen gehört. Ich glaube wir haben gerade ab unserer dritten Platte (Anm. der Red. „A Sense Of Change“) unseren eigenen Stil gehabt. Ich vergleiche natürlich auch immer, wenn ich irgendwelche Bands höre, aber ich glaube dass wir mittlerweile sehr eigenständig klingen.

Stephan: Absolut.

Markus: Das ist gerade heute …. Ich bin mittlerweile auch schon über dreißig …. das ist nicht mehr so, dass du jetzt so ein Vorbild oder einen Gott hast, dem du jetzt nacheiferst. Ich glaub da verfolgt man doch andere Pläne und andere Ziele, wenn man Stücke schreibt. Aber am Anfang waren die Einflüsse natürlich groß, ist ja ganz klar.

Stephan: Ich finde aber trotzdem, dass man diese noch etwas raushört und das ist auch gar nicht schlimm.

Markus: Es ist ja auch gar nichts dagegen einzuwenden. Ich meine du hast jetzt Rush erwähnt, die hatten auch ihre Einflüsse und haben letztes Jahr ihre „Feedback“-CD mit ihren Helden herausgebracht. Das ist auch gut so denn das ist ja ein kontinuierlicher Prozess in der Musikszene.

Stephan: Der Vorgänger zum aktuellen Album kam bereits 1997 heraus. Was war der Grund für die achtjährige Pause bis zur Veröffentlichung der neuen CD?

Markus: Also dazu muss ich sagen, dass ich auf der vierten und fünften CD nicht mitgespielt hab. Da war ein anderer Gitarrist dabei. Ich bin nach der dritten CD ausgestiegen und diese beiden CDs, die mittlerweile nicht mehr erhältlich sind, die klingen sehr anders. Es ist also im Prinzip eine andere Band. Irgendwann kamen Alex und Oliver zu dem Schluss, dass es bei denen einfach nicht mehr funktioniert hat. Alex hat mich dann angerufen und gefragt ob wir nicht wieder was zusammen machen wollen. Und ich hatte auch gleich wieder Lust. Deswegen haben wir das Ganze wieder unter einem anderen Namen angefangen. Was natürlich kommerzieller Selbstmord ist, weil du erst wieder Kontakte knüpfen und mit Plattenfirmen ins Gespräch kommen musst. Deswegen hat sich das so lange hingezogen bis wir auch wieder ein wirklich gutes Gefühl hatten, die Band wieder Sieges Even nennen zu können. Ein Problem waren anfangs auch die vierte und die fünfte Platte, da ich – wie erwähnt – da nicht dabei war und die Band komplett anders klang. Nicht, daß wir diese CDs nicht mögen würden, aber die ersten drei und die neue Platte, das ist das, was wir unter Sieges Even verstehen. Aus diesem Grund spielen wir auch keine Stücke von „Sophisticated“ und „Uneven“.

Stephan: Worum geht es denn genau bei der neuen CD? Ein bisschen irritierend ist das Cover. Wie passt der Titel „Die Kunst nach den Sternen zu navigieren“ mit dem Kleinkind, das sich von Fäden eines Puppenkreuzes losgerissen hat, zu dem Albumtitel? Das konnte sich mir nicht so ganz erschließen. Und dann noch der halbminütige Opener, das Titelstück, in dem ein Kleinkind aus vollem Herzen und richtig dreckig lacht. Das ist zwar recht witzig, aber ich konnte nicht erkennen, was es bedeuten soll.

Markus: Die Stücke beschreiben schon eine Kontinuität. was das Ganze ausdrücken soll. Für uns als Band kannst du das Cover auch deuten, das es für uns ein Neuanfang ist. Wir haben acht Jahre nichts gemacht und stehen quasi wieder am Anfang. Das ist die eine Geschichte. Aber „The Art Of Navigating By The Stars“ hat für uns auch noch einen anderen Aspekt. Das ist für uns die Kunst instinktiv zu leben, nach dem bzw. mit dem was du hast. Dafür steht dieses Kind. Am Anfang dieses Weges steht das Kind und die anderen Sequenzen, die auf der CD folgen, sind Ausschnitte aus dem Leben. Der Mensch ist älter geworden, wenn du das Cover der Original-CD aufklappst, dann siehst du, dass das Kind älter wird und auf der Rückseite ist dann ein älterer Mann, ungefähr in unserem Alter. Das ist einmal die Bandgeschichte, die dadurch repräsentiert wird, aber auch Episoden aus einem Menschenleben sozusagen. Und damit auch die Frage, was du mit deinen individuellen Fähigkeiten machen kannst sowie die Gefahren, die existieren, wenn du nichts daraus machst. Also auch die Entscheidungsfrage, wenn ich etwas mache, was passieren würde, wenn ich die andere Alternative gewählt hätte. Das ist also die Ambivalenz in diesen ganzen Stücken, die gezeigt werden sollen.

Stephan: Wie passt denn dann das letzte Stück „Styx“ in das Konzept. Bei dem Titel fällt mir sofort der Fluss bzw. Eingang der Unterwelt aus der griechischen Mythologie ein. Hat das damit zu tun?

Markus: Ja, das Ganze ist ein Bild. „Styx“ handelt textlich von Ängsten, in diesem Fall ist es ganz konkret die Angst vor dem Sterben. Und wir haben ihm diesen Titel des Flusses der Unterwelt gegeben. Wir haben auch versucht das Ganze musikalisch umzusetzen. Also wenn du da gleich am Anfang diese komische Gitarre hörst, die wie in einem riesigen Glaspalast klingt, das soll quasi den Eintritt in den Song, in die Unterwelt dieses Songs repräsentieren. Das ist der Schlusspunkt der Platte. Diese ganze existentielle Angst, mit der der eine mehr, der andere weniger zu kämpfen hat, wird hier thematisch behandelt.

Stephan: Ich fand das Stück sehr schön, hatte natürlich wieder reichlich, wie in den anderen Stücken auch, Strukturwechsel, was Rhythmus und Melodien anbelangt. Das findet sich ja durchgängig bei euren Stücken.

Markus: Richtig, vor allem auf dieser Platte. Das wollten wir auch. Es gibt aber auch andere Beispiele. Die zweite Sequenz, „The Lonely Views Of Condors“ ist relativ simpel gehalten. Im Prinzip sind es kleine Parts, die ein bisschen variiert werden. Da passiert nicht ganz so viel. Es ist schon richtig, wir wollten schon innerhalb der Sequenzen auch ein bisschen abwechslungsreich sein, nicht einfach Part an Part reihen, sondern auch quasi neue Ideen in die Sequenzen mit reinbringen. Neue Aspekte, die dann auch mit den Texten korrespondieren und die Geschichte interpretieren oder musikalisch erzählen.

Stephan: „Blue Wide Open“ ist zum Beispiel durch den Einsatz der Akustikgitarre sehr schön und bringt dadurch auch einen spanischen Flair hinein, so Flamencoartig.

Markus: Ja richtig. Ja das ist ein ganz witziges Stück gewesen. Das habe ich mit Oliver, der nicht nur ein guter Bassist sondern auch ein guter Gitarrist ist, ich glaub innerhalb von vier Stunden geschrieben. Der Oliver hat einen großen Anteil an dem Stück gehabt, die ganzen Grundparts kamen von ihm. Und so hat eins zum andern geführt und ich hab dann dieses spanische Element mit hineingebracht. Auch den Text, den ich zwar geschrieben hab, wurde quasi durch Oliver inspiriert. Das Wort Valparaíso, die Stadt in Chile … Wenn du dir das noch mal anschaust, du hast die Texte ja noch gar nicht. Wenn du den Text dann lesen wirst, er ist von Olivers Erlebnissen inspiriert. Er erzählt, wie er in Chile in der Stadt Valparaíso war und eben quasi da stand und dieses Bild vor Augen hatte, das durch den Titel repräsentiert wird. Und das haben wir mit den Akustikgitarren versucht musikalisch umzusetzen.

Stephan: Du hast vorhin auch Metallica ins Spiel gebracht. Im Stück „The Weight“ gibt es diese Unterbrechungen, ich will sie mal als einen brutalen Metalteil umschreiben. Beim ersten Hören hab ich mich tatsächlich erschrocken, weil das so plötzlich und unerwartet in dieser doch sehr ruhigen Sequenz einsetzt. Was hat es damit auf sich? Soll das einen Kontrapunkt zur sonst ruhigeren Musik setzen, um die Aufmerksamkeit zu steigern?

Markus: Ich würde gar nicht mal sagen, dass es so ein Effekt sein soll. Es hat eigentlich auch wieder mit den Texten zu tun. Das ist auch wieder, wenn du so willst … dieses Kind tritt ins Leben und das sollen, wenn man es überspitzt darstellen will, brutale Realitätseinbrüche darstellen. Klar, du kannst die ganze Platte schön machen. Wir hätten ja die ganzen härteren Teile rauslassen können, aber die haben schon ihren Zweck. Wir machen die nicht, weil wir vielleicht noch ein Paar Metal-Fans erreichen wollen, sondern weil das für uns eine Fabel ist und ein Mittel etwas Bestimmtes auszudrücken. Das ist gerade im ersten Song sehr wichtig. Das es nicht nur durch den Text, sondern auch durch die Musik rübergebracht wird. Und deswegen dieses unerwartete und ja, sehr hart klingende am Anfang.

Stephan: Ich hab mich deswegen erschrocken, weil ich die CD gleich beim ersten Mal über Kopfhörer gehört hab. Da kam das natürlich voll rüber.

Markus: (lacht) Ja, das denke ich mir. das kann etwas verstörend wirken (lacht).

Stephan: Das will ich nicht unbedingt sagen. Ich kenn das ja von anderen Bands auch, die zwischendurch schon mal etwas härtere Passagen in ihre Songs einflechten. Bei „Stigmata“ wird diese Sequenz, wenn ich mich recht erinnere, noch einmal von euch wiederholt. Ist das richtig?

Markus: Ja, die kommt insgesamt dreimal auf der Platte vor. Also am Anfang, wie du grad gesagt hast, dann bei „Stigmata“ und am Schluss, da kommt nicht dieses brutale Riff wieder, da kommt das Anfangsthema noch einmal wieder.

Stephan: Und soll dann die Story rund machen?

Markus: Ja, das sind so ein bisschen die Säulen der Platte. Ich meine es soll jetzt auch kein Konzeptalbum im klassischen Sinn sein. Es sollten aber schon die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Sequenzen zu erkennen sein, weil es ja eben auch um Leben geht, daher sollte es schon eine konstante Linie haben. Also zumindest konstante Themen, die hier oder da auftauchen können.

Stephan: Die Klangqualität ist ja ausgezeichnet. Hattet Ihr Einfluss darauf oder ist der volle und glasklare Klang vor allem Uwe Lulis zu verdanken?

Markus: Ich würde sagen, Uwe hat auf jeden Fall einen großen Anteil daran. Es ist klar, der Tontechniker ist immer am Ganzen beteiligt, aber wir hatten natürlich schon unsere Vorstellungen. Wir wollten wirklich eine transparente Platte machen, die aber auch irgendwie dieses Livefeeling noch hat, möglichst viel live eingespielte Parts, also ohne große Schneidereien. Wir haben die einzelnen Stücke aufgenommen bis sie rund klangen. Dieses kristallklare kommt auch von den Gitarren, weil ich halt sehr viel mit Cleansounds arbeite. Das ist einfach die Klangfarbe auf der Gitarre, die mich momentan am meisten interessiert und deswegen hab ich sie auch exzessiv eingesetzt. Aber klar, Uwe hat einen großen Einfluss darauf gehabt. Wir hatten am Anfang einige Ressentiments Uwe gegenüber, weil wir ihn nicht kannten und wir durch Recherchen gesehen haben, dass er eigentlich mehr aus dem Metal-Bereich kommt. Aber, wie sich mal wieder rausgestellt hat, lohnen sich Vorurteile einfach nicht. Er ist einfach sehr offen für alles und technisch total fit. Er ist auch Gitarrist, was mir natürlich zugute kam. Er hat wirklich seinen Input mit in die Produktion gebracht, was sehr wichtig ist.

Stephan: In der Presseinfo stand, dass ihr auf 86 Spuren im Studio aufgenommen habt. Für mich als Laien klingt das nach einer ganzen Menge. Kannst du etwas darüber sagen?

Markus: Das klingt halt schon etwas gewaltig, aber heutzutage macht das eigentlich jeder. Allein wenn du das Schlagzeug im Studio aufnimmst, da hast du was weiß ich wie viele Mikrofone da stehen, die auf verschiedene Spuren aufgenommen werden. Also damit hast du schon mal einige belegt. Dann kommen die mehrstimmigen Gesänge drauf und dann habe ich noch auf acht Spuren parallel Gitarren aufgenommen. Dann summiert sich das schnell. Der Bass ist auch nicht nur auf einer Spur aufgenommen, da läuft dann parallel auch noch irgendein anderer Sound mit, der wieder auf eine separate Spur kommen muss. Das ist natürlich auch eine technische und klangliche Frage. Dann kommen eben so viele Spuren zusammen. Es klingt natürlich erst mal beeindruckend, wie viel Spuren man da aufgenommen hat, aber es ist ja heute einfach der technische Standard.

Stephan: Ist das dann auch für einen räumlichen Klang vorteilhaft?

Markus: Ja, auf jeden Fall. Bei den Gitarren, gerade wenn du mit cleanen Gitarren arbeitest, hast du manchmal den Effekt, dass es etwas dünn klingt. Wir wollten eine Platte machen, die zwar transparent ist, aber eben auch Druck hat. Da sind Gitarren ganz heikel. Wenn Schlagzeug und Bass gut aufgenommen sind, dann machen die natürlich schon ganz schön viel Druck und Energie im Hintergrund und da muss die Gitarre irgendwie auch was machen. Da reicht es dann nicht bei Cleansounds auf ein oder zwei Spuren aufzunehmen, da muss eben noch mehr parallel laufen. Es gibt sicherlich auch noch andere Möglichkeiten das zu machen, aber wir haben es jetzt auf der Platte so gemacht, weil wir eben auch den Eindruck hatten, dass es von der Klangfarbe einfach gut passen würde.

Stephan: Kannst du mir bitte noch einen Satz zu den Cleansounds sagen? Das sagt mir jetzt nicht so viel.

Markus: Das bedeutet also einen unverzerrten Gitarrensound, also einfach eine Gitarre, die über einen Verstärker gespielt wird, der nicht verzerrt ist.

Stephan: Gibt es noch weitere Bandprojekte, in denen ihr spielt oder hat Sieges Even für alle oberste Priorität?

Markus: Sieges Even hat natürlich erste Priorität für uns. Das ist für uns unser kreativer Pool und den wollen wir natürlich jetzt mit dieser und auch mit der nächsten Platte voran bringen. Wir haben jetzt auch eine gute Plattenfirma und ein gutes Management im Rücken. Alex und Olli, die sind ja auch noch angestellte Musiker im Metal-Bereich bei Bands wie Blind Guardian und Rhapsody. Da sind die eingestellt als Studio- und Livemusiker. Aber generell muss man sagen, für uns alle hat Sieges Even die erste Priorität.

Stephan: Wie sehen die nächsten Pläne aus? Wird es Liveauftritte geben?

Markus: Ja, wie ich grad gehört habe, geht im Dezember eine Tournee los. Die ist gerade in der Planung. Und nächstes Jahr Festivals und dann geht’s im Sommer schon wieder an die nächste Platte.

Stephan: Wie soll die Tournee aussehen? Sieht man euch innerhalb von Deutschland und geht ihr auch ins benachbarte Ausland?

Markus: Ja, so wie es aussieht werden wir wohl eine kleinere Tournee durch Deutschland und einige europäische Städte machen. Es sieht wohl so aus, das wir im Dezember auch in Moskau spielen.

Stephan: Da habt ihr auch einige Fans, wie ich las.

Markus: Ja, grad im Ausland. Griechenland, Russland und andere Länder sind wesentlich besser für ne Band wie Sieges Even. Deutschland war immer schwierig für uns. Mal schauen. Ich bin mal gespannt wie es jetzt mit der neuen Platte wird, weil die Kritiken bis jetzt sehr gut sind und ob sich dadurch auch was ändert.

Stephan: Wie kommen die Hörer denn im Ausland an eure Platten ran? Gibt es da Airplay für euch oder gibt es im Ausland mehr Zeitschriften die über euch berichten?

Markus: Ich weiß auch nicht, aber da sind die Leute irgendwie noch heißer auf Musik. Die wollen das haben. Die kriegen es irgendwo her. Es gibt dort natürlich auch spezielle Magazine, die sich mit derartiger Musik befassen. Diese Fans sind dort aber einfach total verrückt. Wir haben letztes Jahr in Amsterdam auf einem Festival gespielt, da war ein viertel des Publikums aus Griechenland, die extra eingeflogen sind.

Stephan: Holland scheint, gerade was Prog-Rock und Elektronik betrifft, ein ziemlich guter Nährboden für Musik zu sein. Wenn man sich mal anschaut wer dort alles spielt und auch Livekonzerte mitschneidet, die auf CD und DVD erscheinen, das ist schon erstaunlich.

Markus: Jaja, und die machen auch wirklich was, was jetzt Festivals angeht. Hier dieses Headway-Festival, auf dem wir letztes Jahr gespielt haben, das findet auch jährlich statt. Dann gibt es auch Progpower in Holland, also da geht schon was. Jetzt haben wir noch den Vorteil, das wir einen holländischen Sänger haben (lacht). Der kann jetzt in seiner Heimatsprache im Heimatland die Ansagen machen.

Ich hoffe, dass die neue Platte gut aufgenommen wird und dass wir auch mal andere Leute mit unserer Musik ansprechen. Wir waren ja auch in der Vergangenheit immer so ein bisschen im Metal-Bereich. Wir haben eigentlich nie richtig Metal gemacht, aber irgendwie sind wir in der Szene drin gewesen und kamen da nicht raus. Wir wollen einfach ein bisschen weiter denken, auch was das Publikum angeht. Ich glaub, dass wir auch noch andere Leute erreichen können.

Stephan: Absolut, denn die Platte ist wirklich klasse.

Markus: Freut mich zu hören.

Stephan Schelle

 
Menue - Musiker  

   
Sieges Even-Interview