Seven Steps To The Green Door – The?Book

Seven Steps To The Green Door – The?Book
Progressive Promotion Records (2011)
(10 Stücke, 63:21 Minuten Spielzeit)

Seven Steps To The Green Door ist der ungewöhnliche Name einer deutschen Rockband, die mit ihrem 2006’er Debüt „The Puzzle“ sowie dem Nachfolger „Step In 2 My World“ aus dem Jahr 2008 große Anerkennung bekam. Das Debüt konnte gleich den ersten Preis in der Kategorie „Progressive / Experimental“ beim Deutschen Rock- und Pop-Preis einheimsen. Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, bis im Oktober 2011 mit „The?Book“ das dritte Werk auf den Markt kommt.


Zur Band gehören Ulf Reinhardt (Schlagzeug, Perkussion), Marek Arnold (Keyboards, Saxophon), Heiko Rehm (Bass), Adreas Gemeinhardt (Gitarren) und Anne Trautmann (Gesang). Neben den Bandmitgliedern wirken auf dem Album auch noch das Vokalensemble „sjaella“ sowie Martin Schnella (Kopf der Band Flaming Row) mit.

Zum Album:

„Was könnte mit Menschen geschehen, die in ihrem fanatischen Glauben an eine überirdische (göttliche) Instanz ihre eigene Persönlichkeit aufgeben? Menschen, die ihre Entscheidungen nicht mehr von sich selbst und ihrem Gewissen abhängig machen, sondern von ihrem Gottesglauben – und die damit im Hier und Heute selber keine wirkliche Verantwortung übernehmen, sondern diese auf ’ihren Gott’ abschieben können. Egal, ob ihr Handeln nun positiv oder negativ ausgerichtet ist.“

„The?Book“ entdeckt das Licht dieser Welt, indem es sich tabulos mit einer polarisierenden und provozierenden musikalischen Geschichte auf die Suche begibt. Ein himmlisches Album ganz ohne Harfenklänge und Himmelschöre, dafür mit messerscharfen Ansichten. „The?Book“ weist dazu textlich und musikalisch einen Weg, der wohl in dieser außer- und ungewöhnlichen Art noch nie beschritten wurde. Diesem Pressetext kann ich kaum etwas hinzufügen, denn die Geschichte von Autor Thoralf Koss, die in dem Media-Book (mir liegt nur die Promo vor, die in einer Papphülle ausgeliefert wurde) abgedruckt sein wird, ist recht dramatisch.

Der Protagonist Samuel wird plötzlich aus seiner heilen Welt gerissen und findet sich in einem unwirklichen dunklen Raum wieder, aus dem sechs Türen hinausführen (er entdeckt zunächst aber nur fünf Türen). Doch auf dem Weg zu diesen Türen bohren sich Nägel – ähnlich wie bei Jesus Christus – durch Samuel’s Hände und Füße. Und jede Tür (sie sind mit Zeichen aus dem christlichen Glauben gekennzeichnet), die Samuel in der Überzeugung den Ausweg zu finden öffnet, entpuppt sich als Sackgasse. Erst als er sich am Ende wieder auf sich selbst konzentriert, wird er aus dem Martyrium erlöst. Musikalisch haben diese komplexe Geschichte Marek Arnold (u. a. Toxic Smile, Flaming Row, Stern Combo Meissen) und Ulf Reinhardt vertont.

Die CD bietet zehn Tracks, die die einzelnen Themen sehr gut umsetzen. Dabei haben Arnold/Reinhardt Musik komponiert, die eine Melange aus verschiedenen Stilarten in sich vereint. Art- und Progressiverock treffen hier auf Metal, Melodicrock oder auf jazzige und funkige Momente. Herausgekommen ist ein faszinierendes Album, das über die komplette Länge zu fesseln weiß.

Schon der Opener „Prologue (A Man And The Book)“ geht vor allem durch den herrlichen Gesang unter die Haut, zeigt aber auf eine unglaublich leichte Art schon eine gewisse Komplexität. Nachdem es hier recht harmonisch zugeht, wird es zwar zu Beginn des zweiten Tracks „The Empty Room / The Realization“ etwas düsterer, aber das legt sich schnell wenn auf metallige Gitarren funkige und proggige Rhythmen treffen. Das Ganze wirkt zum Glück nicht verkopft, sondern spielt sich alles immer auf einer sehr melodischen Ebene ab.

Heftiger wird es dann in „The Crying (1st Nail)“ in dem treibende Metalriffs und Growlgesang auf Hardrock der 70’er (man höre nur die Keyboards, die nach Hammondorgel klingen) treffen und dann durch Anne’s zarten Gesang, der im krassen Gegensatz dazu steht, abgelöst wird. Auch „The Healing Wonder (2nd Nail)“ bewegt sich im Fahrwasser von Metal. Im folgenden „The Diving Water (3rd Nail)“ verbinden sich funklige Gitarren mit balladesken Passagen, was eine faszinierende Kombination darstellt, die sich dann zu einem Rocksong entwickelt und einen jazzigen Dialog aus Gitarre und Saxophon bietet. Aber dieser Moment hält nur kurz an, denn der Song entwickelt sich stetig in eine andere Richtung und zeigt gar Popqualitäten. Sehr abwechslungsreich.

Seven Steps To The Green Door haben mit „The?Book” einen würdigen Nachfolger ihres tollen Zweitwerkes „Step In 2 My World” geschaffen. „The?Book“ ist ein sehr empfehlenswertes Album, das fesselt und Spaß macht. Darüber hinaus darf man gespannt sein, wie aufwendig das Mediabook gestaltet sein wird.

Stephan Schelle, September 2011

   

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