Sea Vine – Sea Vine

Sea Vine – Sea Vine
Eigenvertrieb / LYNX Music (2013)
(5 Stücke, 25:59Minuten Spielzeit)

Mit der selbst betitelten EP gibt die in 2012 gegründete polnische Art-/Progressiverockband Sea Vine am 11.11.2013 eine erste Visitenkarte ab. Die aus Danzig stammende Band besteht aus dem Multiinstrumentalisten Michał Cywiński (Tasteninstrumente, Gitarren, Schlagzeug), Milena Szymańska (Gesang) und Mateusz Tymon Walerski (spielt beim letzten Stück Schlagzeug). Alle Songs stammen aus der Feder des Bandkopfes Michał Cywiński.


Das Musikprojekt von Michał Cywiński orientiert sich an dem Sound analoger Instrumente aus den 70’er Jahren. Michał sieht seine Band ganz in der Tradition der Art- und Progressiverockbands und versucht mit ihr die unterschiedlichsten musikalischen Stile in die Musik einzubinden.

Die fünf Stücke auf der CD sind aufgrund von individuellen Emotionen und Erfahrungen entstanden, bei denen sich Michał & Co. nicht unbedingt als Musiker verstanden, sondern mehr als Hörer und Beobachter. Herausgekommen ist eine Platte mit teils eingängigen Melodien und Stimmungen sowie vertrackten Rhythmen und ständigen Strukturwechseln, die in der Tat an Art- und Progressive Rock der 70’er erinnert, ohne aber verstaubt und veraltet zu klingen.

Los geht es mit dem Kernstück, dem 14minütigen Opener „Clouds“, das mit herrlichen Synthieklängen, die teils unheilschwanger aus den Boxen dröhnen, beginnt. Dann setzt das Schlagzeug ein und perlende Keyboardklänge sorgen für Harmonien und Melodielinien. Das geht so über zweieinhalb Minuten und wechselt dann abrupt in eine Pianopassage, die wie aus einer Bar stammen könnte. Danach spielt Michał ein zartes Pianomotiv auf den Keyboardflächen und Milena setzt mit ihrem unter die Haut gehenden Gesang ein. Nach diesem gesungenen Mittelteil geht es dann instrumental und abwechslungsreich weiter. Und im letzten Teil gesellen sich gar jazzige Motive in den Sound.

Das zweite Stück heißt „Circus (Or Kissing Through The Gasmasks)“. Bei den ersten Klängen könnte man noch Electropo vermuten doch nach nur wenigen Sekunden zeigt sich ein recht bedrohliches und rhythmisches Instrumentalstück, das recht vertrackt wirkt. Im Mittelteil wechselt es dann zu sakralen, nach Kirchenorgeln klingenden Sounds, um im letzten Drittel dann in einen Song zu münden, bei dem Milena wieder ans Mikro tritt.

„Raindrop“ ist eine dreiminütige Pianoballade, die sehr klassisch wirkt. Und in „Going Anywhere“ scheint Michał ein wenig mit den Sounds seiner Keyboards zu experimentieren, was den Track dann auch in Richtung Krautrock schiebt. Wieder fügt Michał jazzige Passagen ein und verbindet sie mit teils funkige Rhythmen. Den Abschluss bildet dann das sehr schöne „Światłocienie“, das durch eine einfühlsame und eingängige Melodie besticht.

Das selbst betitelte Erstwerk von Sea Vine hinterlässt bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck. Große Teile sprechen mich direkt an, während das ein oder andere doch etwas vertrackt wirkt. Einen richtigen roten Faden kann ich darin derzeit noch nicht erkennen. Man darf also mal gespannt sein, was in Zukunft noch von der polnischen Band um Mastermind Michał Cywiński kommt. Der Art- und Prog-Rock-Freund sollte die EP aber durchaus mal antesten.

Stephan Schelle, November 2013

   

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