Schizofrantik
– Ripping Heartaches Hinter dem Projektnamen Schizofrantik steht vor allem Gitarrist, Bassist und Sänger Martin Mayrhofer, der bis auf eines der sieben Stücke für die Komposition des Albums verantwortlich ist. Ganze vier Jahre hat er sich für seinen Nachfolger von „The Knight On The Shark“ Zeit gelassen. Das neue, dritte Studioalbum nennt sich „Ripping Heartache“ und wurde mit Henning Lübben (Keyboards) und Andy Lind (Schlagzeug) eingespielt. Darüber hinaus hat im Opener „Satan And Death Seperated By Sin“ Christian Schichtl, der neu in der Band ist, hinter den Trommelfellen gesessen. Neu ist auch der Bassist Marco Osmajic, der allerdings noch nicht auf dem Album mitgewirkt hat. |
||||
Im
Pressetext heißt es dazu: Viele
Bands bedürfen neben dem Bandnamen einer nähren Umschreibung, im Falle
von Schizofrantik ist dieser jedoch tatsächlich Programm. Wer immer schon
einmal hören wollte, wie es geklungen hätte, wenn King Crimson gemeinsam
mit Frank Zappa und Bela Bartok die Symptome eines präzise konzentrierten
Schlaganfalls vertont hätten, der erhält auf „Ripping Heartaches“
endlich die Antwort. Mastermind Mayrhofer peitscht die Songs gnadenlos
durch die Genres, verliert jedoch nie das Gefühl für den roten Faden
seiner Komposition. Vom vertrackten Mathematik-Riff über die brachiale
Wut-Keule bis hin zur melancholischen Herzschmerzmelodie packt der Münchner
„Ripping Heartaches“ randvoll mit seiner musikalischen Kreativität.
Dieses Fundament dient den Stücken über buddhistische Lehren und den
Herzschmerz unserer Zeit als perfekter Nährboden. Die
einzelnen Parts mögen manchmal zunächst sperrig wirken, doch Myrhofer
versöhnt diese Konflikte geschickt durch sein Songwriting, indem er aus
der Not eine Tugend macht und die neu entstehenden Elemente ins große
Ganze integriert - hier wird die Schablone an das Werkstück angepasst,
nicht andersherum. Mayrhofer hebt besonders den Opener „Satan And Death
Seperated By Sin“ heraus, den er sogar als Höhepunkt seiner
kompositorischen Arbeit bezeichnet. Die
zwei Longtracks „Satan And Death Seperated By Sin“ (12:52 Minuten) und
„Infinity“ (11:50 Minuten) stellen den Rahmen für die weiteren Stücke
dar, deren Spielzeit zwischen 3:46 und 7:51 Minuten liegen. Der
instrumentale Opener „Satan And Death Seperated By Sin“ empfängt den
Hörer zunächst durch verstörende Klänge. Hardrockartige Rhythmen
treffen in diesem ersten Stück auf ein leicht chaotisch wirkendes
Soundgefüge. Doch wenn man genau hinhört, so zeigen sich doch sehr feine
Harmonien und es entwickelt sich aus dem vermeintlichen Chaos eine
Struktur die über den Hörer hinwegfegt und mit zahlreichen Soli, die die
Fingerfertigkeit der Musiker zeigt, durchzogen ist. Und dann hört der
Schlagzeugrhythmus, der das Stück bisher vorangetrieben hat, in der Hälfte
plötzlich auf und Gitarre und Bass sowie Keyboards gehen eine harmonische
Liaison ein. Diese ruhigen Harmoniefolgen wirken wie Balsam für die
Ohren, doch halten sie nur ca. zwei Minuten an, dann geht es wieder
rhythmischer zur Sache. Das zeigt schon, wie Schizofrantik durch die
Genres fegt, denn die unterschiedlichsten Stilistiken werden hier
miteinander verknüpft. Mit
dem 3:46minütigen „A New Day“ kommt dann der erste gesungene Titel an
die Reihe. Hier geht es dann auch sehr melodisch zu. Progressive- und
Artrock werden hier mit jazzigen Elementen verschmolzen. Dem schließt
sich dann das 5:38minütige „Personal Hell“ an, das wieder
instrumental gehalten ist. Auch hier geht es wie in „Satan And Death
Seperated By Sin“ zunächst härter zur Sache doch ist dieses Stück
nicht ganz so verschroben wie der Opener. Im Mittelteil findet sich
dann gar eine sehr atmosphärisch angejazzte Passage, die schnell ins Ohr
geht. Der
7:24minütige Song „Hungry Ghosts“ stellt eine Art
Progressive-Jazz-Metal-Track dar, bei dem der Gesang zwischen Düster und
herrlich melodischem Rock pendelt. Vor allem der Refrain geht sehr gut ins
Ohr und stellt einen Kontrast zu dem Rest des Songs dar, wobei auch die
Soli in der Mitte des Stückes sehr melodisch angelegt sind. Dieser Song,
den Mayrhofer zusammen mit Andy Lind komponiert hat, tariert die
unterschiedlichen Stile gut aus, sodass ein Gleichgewicht entsteht. Ebenfalls
die Sieben-Minute knackt „„Why Is My Mind?“, das mit einer sehr schönen
Keyboardpassage beginnt. In diesem Stück sind es vor allem die Gitarren
(teils akustisch), die Akzente setzen. Jazzig/funkig wird es dann im
Mittelteil, wenn zum Solo der Rhythmusgitarre angesetzt wird. Es gibt hier
- wie auch in den anderen Stücken - soviel zu hören, dass man es kaum
beschreiben kann. Dabei wird der Hörer aber zu keiner Zeit überfordert.
Mit sehr filigran gespielter Akustikgitarre geht es dann sanft aus dem
Song. Dem
schrecklichen Schicksal der Kriegsopfer widmen sich Schizofrantik dann im
Instrumental „Children Stopped Crying In Aleppo“, das mit einer
Collage aus Spieluhren beginnt und dann sehr melancholisch von der Gitarre
interpretiert wird und zum Ende hin in eine Geräuschkulisse mit
akzentuiertem Rhythmus verstörend ausklingt. Das Bild im Booklet mit der
zerstörten Puppe und die Musik erwecken beim Hörer eine ganz eigentümliche,
melancholische Stimmung. Den
Abschluss bildet dann der Longtrack „Infinity“, der sehr proggig
beginnt und durch herrlich frickelige Gitarren- und tolle Keyboardsoli
besticht. Auch dieses Stück bekommt im weitren Verlauf eine leicht
jazzige Note. Das Stück wird darüber hinaus von Harmonien und Melodien
bestimmt. Der
CD liegt ein 20seitiges Booklet bei, das die teils verstörend wirkende
Musik in Bildern darstellt. Auch
auf dem dritten Studiowerk von Schizofrantik zeigt sich wieder eine wilde
Mixtur verschiedener musikalischer Stile, die das Werk nicht in eine
bestimmte Kategorie einordnen lässt. Der Opener ist zunächst etwas
schwer verdaulich, doch die restlichen Stücke enthalten dafür umso mehr
herrlich harmonische und melodische Passagen die gut ins Ohr gehen. Zwar
muss man sich auch dieses Werk zunächst erschließen, aber es geht recht
schnell und man bekommt außergewöhnliche Musik, die einen hohen Reiz
ausstrahlt. Stephan Schelle, September 2017 |
||||