Scherbenviertel - Heimweg
Eigenvertrieb (2021)
(15 Stücke, 55:21 Minuten Spielzeit)

Scherbenviertel nennt sich eine Band aus Regensburg. Das Sextett bestehend aus Simon Schmidt (Gitarre, Klavier, Gesang), Tanja Bindl (Gesang), Lukas Brenner (Schlagzeug), Manuel Wagner (E-Gitarre), Andreas Mayer (Bass, Gesang) und Basti Schindler (Zither) veröffentlichen nach ihren beiden Alben „Die verdammte Realität“ (2017) und „Pfeilgrad“ (2020) mit „Heimweg“ am 11.09.2021 ihren dritten Longplayer.


In „Heimweg“ besingen Scherbenviertel in gewohnt bissiger Manier das Leben, seine Umwege und die immer stetige Suche nach einem Zuhause. Mal laut und anarchisch, dann wieder ruhig und gediegen - wie das Leben eben. So bedient sich „Heimweg“ in typischer Scherbenviertel-Manier vielfältiger Genres und bleibt doch ein homogenes Gesamtwerk. Was u. a. daran liegt, dass mit der Zither ein eher unkonventionelles Instrument eine tragende Rolle spielt. Auch thematisch hat das neue Scherbenviertel-Album einiges zu bieten. Egal ob Reinigungskräfte von Pornokinos, unerwünschte Schwangerschaften oder provinzielle Selbstjustiz besungen werden, die ewige Sehnsucht ist in nahezu allen Songs zu hören.

Die 15 Stücke sind alle im bayerischen Dialekt gesungen, der mal weniger und mal besser zu verstehen ist. Das ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber die abgedruckten Texte im 24seitigen Booklet helfen da ungemein. Vielleicht liegt es am Dialekt, das für meinen Geschmack der Gesang ein ums andere Mal etwas kantig daherkommt.

Musikalisch wandeln Scherbenviertel in ihren Songs in den Bereichen Rock, Pop und Singer/Songwriter mit bayerischem Flair. Das liegt zum einen am Gesang, zum anderen aber auch an einigen Melodien und an der von Basti Schindler gespielten Zither.

Das eröffnende „Ein Hoch auf die Putzfrau“ geht gut ins Ohr, allerdings wirkt der Refrain musikalisch hier etwas konstruiert. Neben doch recht einfach gehaltenen Texten wie in „Mir zereissts as Herz“ in dem über die Trennung der Eltern gesungen wird, finden sich aber auch kritische Texte wie „Fritzl“, in dem die Band über den rechtskräftig verurteilten österreichischen Straftäter, Josef Fritzl singt, der seine Tochter von 1984 bis 2008 in einer unterirdischen Wohnung gefangen hielt. Oder sie thematisieren in „Alter Mo“ das einsame Leben eines alten Mannes im Altersheim und in „Im Suff“ charakterisieren sie einen Säufer, der Gewalt ausübt. Auch einen schwarzen Humor beweist die bayerische Band wie in „Im Dorf“ zu hören ist.

Musikalisch sind die Songs ebenfalls auf unterschiedlichem Niveau angesiedelt. Teils gut ins Ohr gehender Rock wie in „Wann triffts uns“ trifft auf Singer/Songwriter-Stil in Liedern wie „Instinkt“ oder „I sauf ma oan o“, Polkarhythmen in „Im Dorf“, ein leichter Blues mit teils schrägen Gitarrenlicks in „Party“ und in „Mei Mama hod gsagt“ kehren sie gar eine Prise Punkrock an die Oberfläche.

„Heimweg“ von der Regensburger Band Scherbenviertel zeigt die unterschiedlichsten Musikstile mit Texten im bayerischen teils rockigen Gewand.

Stephan Schelle, September 2021

   

CD-Kritiken-Menue