Sampler - Tripwave

Sampler - Tripwave
Trail Records (2011)
(11 Stücke, 79:48 Minuten Spielzeit)

Unter dem Titel „Tripwave“ veröffentlicht Trial Records einen Sampler mit dem Untertitel „A Retrospective Collection Of Russian Psychedelic Progressive Music“. Und dieser Untertitel sagt schon alles, denn hier versammeln sich elf russische Bands/Künstler mit je einem Track. Die Stücke sind allerdings nicht neu, vielmehr stammen sie aus der Zeit von 1989 bis 2010. Ich muss allerdings gestehen, dass mir die Namen der einzelnen Interpreten bisher unbekannt geblieben sind, aus diesem Grund kann ich auch nicht über ihren Bekanntheitsgrad oder Stellenwert sagen.


Folgende Künstler finden sich auf der CD:

Eastern Syndrome – Celt (1989 – remixed 2010)
The Moon Pierrot – Moon Dream (1990)
Do Major – To Rake Your Fingers Through The Grass (1992)
Decadance – Dream #5: Love (1999)
Disen Gage – Solaris (2004)
Rada & Ternovnik – Interlude (2004)
KRTL – Soda (2006)
Deti Picasso – Happy End Is Inevitable (2006)
Vespero – Inna Burst Into Tears (2007)
Kafedra Org – Entrance To Invisibility (2009)
Liompa – Thee (2010)

Was bei diesem Sampler allerdings sofort auffällt, und an das man sich zunächst gewöhnen muss, ist die Sprache. Gesungen wird vorwiegend in der Landessprache der Künstler, also in Russisch. Und das fällt gleich beim ersten Stück „Celt“ ins Gewicht, das eine Mischung aus Krautrock und jazzigem Progrock darstellt. Die Texte der einzelnen Songs wurden ins Englische übersetzt und im sechsseitigen Booklet abgedruckt.

„Celt“ klingt ein wenig ungewöhnlich und kann mich durch teilweise schräge Tonfolgen nicht wirklich überzeugen. Ganz anders ist das dann bereits im zweiten Song „Moon Dream“, das durch funkige Gitarren und auch eine angenehme Gesangsstimme und eingängigere Melodiefolgen bestechen kann. Irgendwie hört man eine Spur Wave und Pop der 80’er Jahre aus dem Song heraus. Mittlerweile sollte man sich auch an den russischen Gesang gewöhnt haben.

Mit einem sehr dominanten Basslauf beginnt „To Rake Your Fingers Through The Grass”, der auch den ganzen Song über seine Stellung behält. Auch hier fühle ich mich ein wenig in die 80’er zurückversetzt. Proggig wird es dann ab Song 4 „Dream #5: Love”, der mir sehr gut gefällt, auch wenn die Stimme der Sängerin streckenweise etwas piepsig klingt. Elektronik (ähnlich der „Berliner Schule“) erklingt zunächst im Stück „Solaris“, das sich aber sehr schnell in Richtung Porcupine Tree der Phase um das Album „Signify“ entwickelt. Mir gefällt das sehr gut.

Atmosphärisch und hypnotisch stellt sich „Interlude“ dar. Hier überwiegen die psychedelischen Klänge. Das Stück wird vor allem durch die Perkussion und die E-Gitarre bestimmt. „Soda“ gehört zu den Highlights des Albums, denn hier sind psychedelische Sounds sehr schön in ein rockiges Gewand verpackt worden. Das klingt auch wieder eine Spur nach Porcupine Tree der Frühphase. Ein absolut hypnotischer Track, der klanglich sehr gut produziert ist.

Sirenen leiten in das Stück „Happy End Is Inevitable” ein. Nach drei Instrumentals kommt hier wieder ein gesungener Track, der eine eigene Faszination auslöst. Das ist Prog mit eingängigen Melodien. Mit „Inna Burst Into Tears” kommt dann wieder ein toller Track mit psychedelischem Einschlag und Anleihen an Porcupine Tree der „Sygnify“-Phase an die Reihe. Toll sind die Gitarrensounds und die Stimme, die hier allerdings nicht für den Gesang, sondern vielmehr als Instrument genutzt wird. Ein hypnotischer Track, der fesselt.

Sphärisch und mystisch wirkt „Entrance To Invisibility“, das mit Mellotronsounds und psychedelischen Klangmotiven aus den Boxen schwillt. Das ist ungewöhnlich, aber doch einnehmend zugleich. Über die mehr als neun Minuten Spielzeit steigert sich das Stück immer mehr und wird zu einem die Sinne vernebelnden Stück. Je länger man sich diesem Sound hingibt, umso schwerer fällt es loszulassen. Den Abschluss bildet dann das perkussive „Thee“. Hier hab ich das Gefühl, dass Liompa völlig schräg neben der Spur den Song aufgenommen haben, so disharmonisch kommen die Klänge rüber. Allerdings merkt man schnell, dass dies alles Programm ist. Und so können mich auch diese ungewöhnlichen Klänge in ihren Bann ziehen.

Wie das bei Samplern oft der Fall ist, so sind auch hier nicht alle Stücke von gleicher Qualität. Allerdings finden sich einige sehr gute Tracks auf dieser Zusammenstellung, die einen Einblick in die Prog- und Psychedelicrock-Szene in Russland geben. Insofern lohnt die Anschaffung allemal, denn es finden sich einige sehr schöne Tracks auf dem randvollen Album.

Stephan Schelle, September 2011

   

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