Sammary – The Deer Pants For Flowing Streams
Progressive Promotion Records (2025)

(8 Stücke, 41:21 Minuten Spielzeit)

Der Traum in Monochrome führt direkt zu Faust

Ich habe die meisten Musiker dieses jungen, extrem experimentierfreudigen Projekts von Sammy Wahland auf der Party zur Veröffentlichung des Debüts „Monochrome“ in den Weinbergen von Flörsheim, der Heimat von Progressive Promotion Records, kennen- und schätzen gelernt. Das war im Frühjahr 2022 und schon im Winter 2023 brachten diese jungen Musiker den kritischen Nachfolger „The Dream“ heraus. Ein deutlich anderes Album, bei dem die Weiterentwicklung gut zu hören ist. Einige andere hörten es nicht, ich schon!!

 

Nun wieder etwa 18 Monate später, ist am 22. September 2025 „The Deer Pants For Flowing Streams“ erschienen. Bisher ist der Name der Band immer noch nicht gefallen, er setzt sich aus den beiden Namen der Gründer Sam & Mary (Marie Stenger) zusammen. Aber einige werden es schon erraten haben, es ist Sammary aus dem hessischen Flörsheim. Wer genau aufgepasst hat, genau, Samuel und Oliver Wenzler wohnen im gleichen Ort am Main nähe Rüsselsheim, haben durch Werbung auf dem Reisemobil zufällig zueinander gefunden. Nun schon das dritte Werk bei Progressive Promotion Records.

Ich verstehe gut, das Sammy gerne einige seiner Helden mit auf Runde Drei mitnehmen wollte, aber ehrlich gesagt sind beispielsweise die Gitarren von Marvin Kollmann, Merlin Gauss, Sammy und Papa Joerg Wahlandt genauso druckvoll. Nicht falsch verstehen, ich schätze die Gitarrenarbeit vom fleißigen Session- und Tour-Arbeiter Randy McStine, aber auch wir haben hier im deutschsprachigen Raum exzellente Saitenartisten. Auch die paar gesungenen Sätze von Jon Courtney von Pure Reason Revolution haben das Werk nicht ernsthaft verbessert. Auch hier, nicht falsch verstehen, ich zähle die Arbeiten von den Briten zu meinem Allzeit-Favoriten. Es macht sich eben gut, wenn etwas bekanntere Namen als Edelhelfer genannt werden können. „Aber das ist doch gar nicht nötig Sammy, dein Material ist doch sowieso wieder äußerst gut und du hast doch so ein feines Händchen und Gespür welche Stimme zu den einzelnen Stücken passt. Das hast du doch nun schon in der vierten Runde (EP „Blind“ inklusive) bewiesen.“

Was dieses Album aber wieder einmal zu einem Leckerbissen macht, ist erst einmal das gute Konzept und die Komposition sowie die Gesangsleistung der drei Damen, Stella Claire Inderwiesen als tragende Vokal-Säule über alle acht Titel hinweg, aber auch Jhin auf „Kyrie“ und besonders Theresa Tadday auf „Wasser“. Endlich ein Lied mit deutschem Text und was für eine schöne Komposition. Genau das ist ein wichtiges signifikantes Merkmal über alle Veröffentlichungen von Sammary, gut so.

Das Album hat wieder eine gute Balance von Härte und Bombast sowie Filigran und Balladesk. Sammy hat es im Podcast 56 mit Marek Arnold gut beschrieben, wie er seine Musik sieht und wie die Ausrichtung des Projekts angelegt ist. Vor ein paar Tagen hat Sammary auch ein Video veröffentlicht, in dem die Live-Band in ihrer typischen Dunkel-Hell-Struktur das Titelstück „The Deer Pants For Flowing Streams“ in einer imaginären Sphäre spielt. Auch Jon Courtney ist diffus kurz im Hintergrund im Bild mit eingeblendet. Auch das gehört zum Gesamtkonzept von Sammary, vokale und instrumentale Musik, Bilder und Videos, Theater, hier fließt alles ineinander.

Aber ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal auf die Anfänge von Sammary zurückgehen, die erklären einiges was ich in jedem Bericht, und auch in diesem, über Sammy und sein Kollektiv geschrieben habe. Ich war selbst Ende der 70er im Alter von Sammy und wir waren damals als Gesellschaft mit ähnlichen Dingen konfrontiert wie Sammary im Lied „Blind“ beschreibt und im Video visualisiert. Im Nachspann: „Es gibt zu viel Rassismus und Hass in unserer Gesellschaft. Das kann nicht toleriert werden!! Wir müssen ihnen die Augen öffnen!! Bitte teilt dieses Video. Seid nicht blind.“ Video anschauen, weiterer Kommentare nicht nötig.

Ein sehr gelungenes drittes Album, zwar mit einem etwas sperrigen Titel „The Deer Pants For Flowing Streams“, aber Instrumentation, Gesang und Lyrik auf sehr hohem Niveau. Ich erkenne deutlich die Verbindung von der 5-teiligen EP „Blind“ (2020), einigen frühen Singles (2021), besonders aber zu den beiden famosen Alben bis zum aktuellen Werk. Das Konzept-Album basiert auf dem tragischen Theaterstück Faust von Johann Wolfgang von Goethe. Vielleicht bin ich etwas voreingenommen, da mir solche mutigen Projekte wie von Sammy oder Philipp Nespital (smalltape), der veröffentlicht demnächst „Tangram“, äußerst gut gefallen. Wie Martin Schnella von Flaming Row kürzlich schrieb: „Ein sympathischer junger Mann der Sammy! Schön, dass es Nachwuchs in unserer Szene gibt!“ Wie wahr!!

Roland Koch, November 2025

   

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