Phil Selvini & The Mind Warp! – T.E.T.R.U.S.
Luminol Records (2025)

(5 Stücke, 56:42 Minuten Spielzeit)

„T.E.T.R.U.S.” ist das Debütalbum des vom Gitarristen Phil Selvini gegründeten italienischen Rock-Kollektivs. Selvini (Gitarre, Gesang, Mellotron, Effekte) hat es zusammen mit Leonardo Spampinato (Gitarre), Davide Sebartoli (Keyboards), Francesco Scordo (Bass) und Leonardo Puglisi (Schlagzeug) eingespielt. Hier aber zunächst einige infos aus dem Pressetext:


Komponist, Autor, Sänger, Gitarrist, Träumer: Phil Selvini definiert sein künstlerisches Schaffen als klassischen 70er-Jahre-Progressive-Rock, mit melancholischen Lösungen und ausgiebigem Einsatz von Orgeln, Synthesizern und Mellotron, komplizierten Strukturen und lang anhaltenden Songs. Beeinflusst von King Crimson, Genesis, Yes, Pink Floyd, Radiohead, hat Phil Selvini mit Mind Warp das Ziel erreicht, ein Kollektiv zu leiten, das in der Lage ist, seine Songs zu reproduzieren und neu zu arrangieren. Diese Realität wird als ein Gebilde dargestellt, ein Behälter für Emotionen, die Verschmelzung und den Gegensatz von Ideen, Ordnung und Unordnung, das stürmischste Chaos und die feierlichste Ruhe, der dem Körper fremde Geist.

Phil stellt die fünf Tracks von „T.E.T.R.U.S.” wie folgt vor: „In „To Make Ends Meet” sind Entfremdung und Massenkontrolle, Konsumdenken und leerer Konformismus die Hauptthemen. Der Rhythmus ist nervös, die Atmosphäre zuweilen verstörend und verträumt zugleich, sie evozieren Bilder von leeren Menschen auf der Suche nach einem Führer, wie Schafe auf der Suche nach einem Hirten. Wer es wagt, gegen die Regeln zu rebellieren, wird von einer konservativen, gierigen Gesellschaft, die von schizophrenen Männern bevölkert ist, als Verrückter betrachtet. Das introspektive und melancholische „Riding In The Fog“ erinnert mit seinen ansteigenden Melodien und beschwörenden Passagen zuweilen an Pink Floyd und gibt einem schlaflosen und stillen Geist Gestalt, der in einer nebligen Nacht durch die Hügel reitet. „The Last 48 Hours“ und die „Suite The Mind Warp“ sind irgendwie miteinander verbunden, sie erzählen von den Emotionen, die durch den Verlust eines geliebten Menschen ausgelöst werden können. Schmerz, Trauer, Delirium, bedrohliche Schatten und das innere Gefühl der Kälte, das ein leeres Haus vermitteln kann. Aber hier kann das Marmorhaus auch als Metapher für das Grab verstanden werden, und die allgemeine Atmosphäre dieser beiden letzten Stücke ist die einer berührenden und aufrichtigen Elegie“.

„Während der Pandemie wandte ich mich an einen Karikaturisten. Das Konzept, das mir für das Cover meines ersten Albums vorschwebte, war ein Monster mit scheinbar apokalyptischen Tönen, das Hass und Zerstörung verbreitet. Nach jahrelanger Arbeit erhielt das Monster seinen eigenen Namen: T.E.T.R.U.S. Es ist eigentlich ein bizarres Akronym, aber voller Bedeutungen und Metaphern. Die Wörter, aus denen es sich zusammensetzt, wurden im Laufe der Zeit als Ideale betrachtet, an die man glauben sollte, fast wie „Gebote“, die das Monster verfolgen und versuchen wird, an zukünftige Völker, die die Erde bewohnen werden, weiterzugeben. Diese Begriffe scheinen nichts miteinander zu tun zu haben, doch wenn man sich die Lieder anhört, kann man das Wesen und den Geisteszustand des Monsters spüren, das in jedem von uns steckt:

T: Time (Zeit)
E: Eternal (Ewig)
T: Try (Versuch)
R: Redemption (Erlösung)
U: Unique (Einzigartigkeit)
S: Shine (Glanz)

Fünf Stücke, darunter ein 26minütiger Longtrack, finden sich auf dem Album. Gestartet wird mit dem neunminütigen „To Make Ends Meet“. Dieser Song beginnt sehr proggig, bei dem Bands wie King Crimson Pate gestanden haben, denn er zeigt einige vertrackte Strukturen. Nach einigen Momenten schält sich aber eine eingängige Melodie heraus, die sich immer wieder mit crimsonesquen Gitarren und Gesang abwechseln. Ab der Mitte des Songs wird es dann aber sehr atmosphärisch, melodisch und leise. Hier zeigt sich das die Band auch Genesis, Pink Floyd & Co. gehört hat. Ihre Musik ist aber sehr eigenständig.

Dem folgt das fünfminütige Instrumental „Reverie (Including ‘‘Cloud Nine“)“. Hier erklingt zu Beginn die Akustikgitarre, in die sich nach wenigen Momenten auch E-Gitarre, Schlagzeug und Orgelklänge mischen, was einen Retrotouch bekommt. Schnell zieht die Band aber den Rhythmus an und es entsteht eine Mischung die irgendwo zwischen 70’er Jahre Prog und Neoprog liegt. In der Mitte kommen dann allerdings kurz wieder die Vorlieben für Bands wie King Crimson zu Tage, was aber schnell in einen melodischen, progrockigen Part überführt wird.

Mit einer sanften Gitarrenpassage beginnt dann das achtminütige „Riding In The Fog”. Nach wenigen Momenten setzt dann sanfter Gesang mit einer sehr eingängigen Melodie ein. Nach gut zwei Minuten tritt ein kraftvolles Bassmotiv zu Tage, das den Song nun in rockigere 70’er Jahre-Gefilde bringt. Ein sehr guter atmosphärischer Song, in den sich auch herrliche Soli mischen.

Das mehr als siebenminütige „The Last 48 Hours” wird von einer sanften Pianomelodie eingeleitet, die von sehr sanftem Gitarrenflirren untermalt wird. Der einsetzende Gesang wirkt dabei verträumt und melancholisch. Die atmosphärischen Gitarrensounds unterstreichen diese Stimmung. Ein wunderbarer Song.

Abgeschlossen wird das Album mit dem 26minütigen Longtrack „The Mind Warp”. Das Stück hat alles, was ein Progressive-Longtrack haben muss. Rhythmus-, Melodie- und Strukturwechsel, bei denen zwischen sehr harmonischen und auch mal vertrackten Passagen gewechselt wird, sind hier zu finden. Schon wegen dieses Stückes lohnt der Kauf des Albums.

Phil Selvini And The Mind Warp! haben mit „T.E.T.R.U.S.” ein klasse Debütalbum eingespielt. Ihre Stücke atmen dabei zwar die DNA von bekannten Progbands, die Italiener machen aber ihr eigenes Ding.

Stephan Schelle, Juli 2025

   

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