Paul Vincent – Herzlichen Glückwunsch!

Paul Vincent – Herzlichen Glückwunsch!
Bell Records / Luxus Musik Verlag (2009)
(12 Stücke, 48:48 Minuten Spielzeit)

Paul Vincent ist schon lange im Geschäft und hat mit vielen deutschen Größen wie Udo Lindenberg, Peter Maffay, Stefan Waggershausen, Ulla Meinecke und Wolle Kriwanek wie auch mit internationalen Stars wie Freddie Mercury, Sting und Meat Loaf zusammen gearbeitet. Auch zahlreiche Soloalben hat er im Laufe seiner Karriere herausgebracht, das neuste erscheint im Frühjahr 2010 und trägt den Titel „Herzlichen Glückwunsch!“. Auf dem Cover lächelt Paul mit seiner Gitarre in der Hand. Dies und der Titel lösten bei mir zunächst Vorahnungen auf ein recht seichtes Album aus, die sich so aber in keinster Weise erfüllen sollten.


Vom Titel und Cover sollte man sich nicht täuschen lassen, denn „Herzlichen Glückwunsch!“, das vierte deutschsprachige Album in Paul’s Solokarriere, atmet eine Menge Blues und Rock und ist von augenzwinkernden, ja teils sarkastischen Texten durchzogen.

Gleich der Opener „Schlechte Zeiten“ und das folgende „Sieben lange Tage“ bewegen sich beispielsweise im musikalischen Umfeld von Eric Clapton, so bluesig geht Paul hier zur Sache. Und wenn er im Eröffnungstrack singt „Was sind denn das für Zeiten, wo eine Frau das Land regiert! Was sind denn das für Zeiten wo sie das Auto repariert!“, dann sollte man das nicht zu ernst nehmen, wissen wir doch, dass die Frauen im Berufsleben immer noch nicht vollständig gleichberechtigt sind.

Nach dem sehr eingängigen „Hand in Hand“ hat Paul das Instrumental „Auf Achse“ platziert. Dieser sehr schöne Rock-Track könnte einigen bekannt vorkommen, denn es handelt sich um den Soundtrack zur gleichnamigen TV-Serie (ich glaube sie lief in den 80’ern im Vorabendprogramm der ARD), in der damals Manfred Krug glänzen konnte. Die neue Version ist aber verändert und kommt wesentlich rockiger, mit bluesigem und jazzigem Anteil rüber. Der Track erscheint auf diesem Album zum ersten Mal auf CD.

Es folgt der Titelsong, der auch wieder recht sarkastische Textzeilen zu bieten hat, denn was auf den ersten Blick – auch aufgrund des Orchestersounds – wie ein wirklicher Glückwunsch klingt, zeigt jedoch ein gänzlich anderes Bild. In dem Song werden eine ganze Reihe von Fallstricken des Lebens wie Beruf, Ehefrau und Tochter („sie ist schwanger und klaut dein Geld“) stecken. Die locker flockige Melodie und der Text stehen hier im krassen Gegensatz.

Und auch die Finanzkrise lässt Paul nicht aus, er verarbeitet sie kurzerhand in dem Stück „Schreck O Schreck“, bei dem nicht nur der Banker und die Kohle, sondern auch ganz Island (wer hätte gedacht, dass ein Land so in eine Krise stürzen kann) plötzlich weg sind. In einigen netten gezeichneten Bildern im Booklet – sieht aus wie von Kinderhand – löst sich Island langsam auf und macht „puff“. In „Teufelspakt“ überträgt Paul die Geschichte von Goethe’s Faust in die Welt der Musikindustrie und in „Die Blumenkinder sind in Rente“ blickt er auf die Hippiezeit zurück. Mit dem ambienten „Jenseits des Ganges“, das sanfte Sitarklänge mit flächigen Sounds und Vogelgezwitscher paart und entspannend und psychedelisch zugleich klingt, verabschiedet sich Paul instrumental aus dem Album.

Wer etwas für erdigen, handgemachten Bluesrock (hier kommt auch streckenweise Nostalgie auf) mit deutschen Texten übrig hat, der liegt bei diesem Album von Paul Vincent genau richtig. Abseits jedes Chartdenkens hat er ein schönes Album zusammengestellt, das auch durch die humorvollen, sarkastischen und hintersinnigen Texte Spaß macht.

Stephan Schelle, März 2010

   

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