O'Phrenic - Fata Morgana
Eigenvertrieb (2021)
(10 Stücke, 49:45 Minuten Spielzeit)

O’Phrenic, die Band aus dem sauerländischen Iserlohn, lässt sich immer etwas Zeit mit ihren Veröffentlichungen. So hat es nach dem selbst betitelten 2017’er Album vier Jahre bis zum Nachfolger „Fata Morgana“ gedauert. Das LineUp blieb mit Felix Hueck (Gesang, Akustikgitarre), André Terp (Gitarren), Tobias Fazio (Bass) und Sebastian Hertel (Schlagzeug) unverändert. Darüber hinaus waren aber als Gastmusiker noch Elmar Lahrmann (Sounds, Effekte), Jan Terp (Klarinette bei „The Brave“ und „Persipan“) sowie Kevin Brandie (spricht und singt den King bei „Persipan“) beteiligt.


Mit „Fata Morgana“ legen die Iserlohner ihr erstes Konzeptalbum vor. So beginnt die CD dann auch mit einem „Intro“ und endet mit einem „Outro“. Dazwischen finden sich acht Songs, bei denen es um einen fiktiven Charakter, der sich nach einer Art Zusammenbruch auf eine Reise begibt, geht. Sinnbildlich für verschiedene „Stationen“ der Reise hat die Band Motive/Bilder der Wüste (Palast, Sturm, Regen, Oase) vertont. Das ganze sollte am Stück gehört werden, da sich so erst die Stimmung und Atmosphäre komplett entfaltet.

Das Album erscheint in einem sechsseitigen Digipack mit zwölfseitigem Booklet. Im Booklet befinden sich sehr atmosphärische, teils verfremdete Bilder mit Wüstenmotiven. Das passt dann auch perfekt zur Story. Allerdings wurden die Songtexte zwar in chronologischer Reihenfolge, aber nicht mit Songtiteln versehen im Booklet abgedruckt. Für jedes Stück wurde aber der Text nur auf einer Seite platziert, so das dass Zurechtfinden kein Problem darstellt.

Die CD startet mit Geräuschsamples, die nach Morsezeichen klingen, im 1:12:minütigen „Intro“. Begleitet wird dies von einem Bassmotiv, das ein wenig nach Stonerrock klingt. Dann setzen E-Gitarre und Schlagzeug ein und die ersten Zeilen werden gesungen. Vor allem der Wechsel von einem verhaltnen Klangbild (fast schon Garagensound) zu einem Breitwandsound ist hier gut gelungen. Eine guter Einstig in das Album, der aus meiner Sicht vom musikalischen aber gerne noch etwas länger hätte dauern können.

Dann geben die Jungs im ersten Song, dem ebenfalls recht kurzen, 1:39minütigen „Departure“, richtig Gas. Jetzt klingen sie wie eine Mischung aus Black Sabbath und Led Zeppelin. Sänger Felix Hueck passt je nach Song seine Stimme an, die hier eine leichte Spur in Richtung Geddy Lee wandelt, ohne die Höhen des Rush-Sängers zu erreichen. Vielmehr ist es die Art, wie er den Song interpretiert. Leider ist auch dieser Track aus meiner Sicht ein wenig zu kurz geraten, denn das Teil hat richtig Schmackes.

Dem schließt sich dann das 8:23minütige „The Brave“ an, das Soundmäßig wie der Soundtrack zu einer Wüstenkarawane wirkt. Hier gehen O’Phrenic gemächlicher, aber nicht weniger intensiv ans Werk. Tolle atmosphärische Parts finden sich in diesem Song, der sich im Mittelteil zu einer flirrenden, musikalischen Fata Morgana entwickelt, was wiederum dem Albumtitel entspricht. Das ist hypnotisch und fesselnd und wechselt kurz vor dem Ende in einen eruptiven Part, der sich dann in elektronischen Sounds auflöst.

Rockiger wird es dann im 4:10minütigen „Persipan“ mit starken Riffs, die ein leichtes Retro-Feeling aufkommen lassen. Im letzten Drittel kommt gar durch unterschiedliche Stimmen ein Part auf, der das Konzept noch mal unterstreicht. Ein Schöner Gitarreakkord eröffnet dann das achtminütige „Desert Storm“, das sich im Verlauf zu einem atmosphärischen Song entwickelt, in dem Felix Hueck in unterschiedliche Stimmlagen wechselt und zeigt, welch guter Sänger er ist. Ab der Hälfte nehmen die Jungs dann wieder mehr Fahrt auf und steigern das Tempo bzw. den Rockgehalt, um zum Ende hin wieder sehr atmosphärisch und elektronischen auszuklingen.

Dem schließt sich nahtlos das siebenminütige Titelstück an, das mit einem sehr schönen Bassmotiv beginnt. Nach einem atmosphärischen Beginn rockt der Song richtig gut, da die Riffs und die Rhythmusfraktion nun deutlich stärker in den Vordergrund treten. Es folgen drei weitere eindruckvolle Songs und schließlich endet das Album mit dem 1:15minütigen „Outro“, dass das Motiv vom „Intro“ erneut aufnimmt und sich so der Kreis schließt.

Wie zu erfahren war, hat die Band bereits weiteres Material gesammelt, das auf einen zweiten Teil hoffen lässt. Das ist eine gute Nachricht, denn mit „Fata Morgana“ haben die Iserlohner O’Phrenic ein beachtliches Werk geschaffen. Sollte dieses Jahr endlich wieder das German Kultrock Festival in Balve stattfinden, wird man O’Phrenic dann auch live erleben dürfen.

Stephan Schelle, Januar 2022

   

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