Novalis – Augenblicke

Novalis – Augenblicke
made in germany music (1980 / 2012)
(9 Stücke, 35:59 Minuten Spielzeit)

Mit „Augenblicke“ steht nun die zweite Veröffentlichung der in 2012 remasterten Novalis-Alben an. Knapp drei Monate ist es her, dass mig das Konzeptwerk „Flossenengel“ von Novalis neu herausbrachte, schon legen sie mit dem darauf folgenden Werk „Augenblicke“, das erstmals auf CD erscheint, nach. Hatte die Band zuvor vor allem durch lange, sehr symphonische Stücke auf sich aufmerksam gemacht, so ging man 1980 mit „Augeblicke“ neue Wege, denn die Songs lagen von ihrer Spielzeit zwischen 3:16 und 5:17 Minuten.


Zwar hatten Novalis auch schon auf „Flossenengel“ ihre Stücke gekürzt, doch aufgrund des Konzeptes wirkte das Album sehr kompakt. Die Band hatte nach Aussage von Hartwig Biereichel „gemerkt, dass die Phase der langen, improvisierten Titel für uns vorbei war. Wir hatten einfach Lust, prägnanter zu werden - und das hat seinen Niederschlag auf „Augenblicke“ gefunden: Kurze, in sich geschlossene, radiokompatible Stücke.“ Die Stücke auf „Augenblicke“ sind sehr songorientiert und doch beinhalten sie weiterhin den typischen Spirit, den Novalis bisher verströmten.

Die Stücke der CD sind rockiger und stellen die Songwriter-Qualitäten der Bandmitglieder in den Vordergrund. Mit vier Instrumentals und fünf Songs hat die Band ein ausgewogenes Album geschaffen, dass nur so vor herrlichen Melodien strotzt. Die CD beginnt mit dem wunderbaren Instrumental „Danmark“ aus der Feder von Keyboarder Lutz Rahn. Ähnlich wie zum Beispiel Grobschnitt’s „Silent Movie“ ist auch dieses Stück absolut zeitlos und erstrahlt in der remasterten Form in neuem Glanz.

Ein sehr schöner Rocksong ist „Ich hab noch nicht gelernt zu lieben“, das von dem rockigen Instrumental „Cassandra“, bei dem sich Gitarrist Detlef Job und Keyboarder Lutz Rahn die Bälle zuspielen, gefolgt wird. Auch Fred Mühlböck bringt sich in der zweiten Hälfte mit seiner Querflöte ein und lässt dabei eine Spur Jethro Tull-Feeling verströmen. Dem folgt das verträumte „Herbstwind“, dessen wunderbare Melodie und der Satzgesang (erinnert ein wenig an Uriah Heep) einfach ein melancholisch/wohliges Gefühl vermittelt.

„Mit den Zugvögeln“ ist eine Nummer, die zunächst von Piano und Akustikgitarre getragen wird. Im späteren Verlauf kommen noch Keyboardsounds hinzu, die dem ganzen einen voluminösen Unterbau verleihen. Ein Stück, das Fernweh erzeugt. Doch schnell geht es mit dem nächsten Instrumental „Sphinx“ weiter, das sehr stark an die früheren Alben erinnert. Es folgen die Songs „Als kleiner Junge“, das durch seine Theatralik an Alben wie „Brandung“ und „Vielleicht bist Du ein Clown?“ erinnert, „Magie einer Nacht“, das einfach nur gut abgeht und eine gewisse kommerzielle Ader hat und der romantische, sanfte Abschlusssong „Begegnungen“.

Wie immer hat sich mig sehr viel Mühe gegeben und mit Liebe zum Detail auch das Cover gestaltet. Das Original zeigte zwei Katzen, die sich lauernd auf einem Fußbodenbelag gegenüberstehen. Die Augen einer Katze waren dabei ausgespart. Die Augenfarbe der Katze konnten verändert werden, in dem man die Innenhülle, die an dieser Stelle mehrfarbig bedruckt war, wendete oder bewegte. Dies haben mig auch bei der CD-Version, die im vierseitigen Digipack herauskommt, beibehalten. Daneben sind im 12seitigen Booklet noch Linernotes von Hartwig Biereichel in deutscher und englischer Sprache enthalten.

„Augenblicke“ ist ein sehr schönes Album der Deutschrock-Szene, das in jede gute Rocksammlung gehört. Allein schon aufgrund der wunderbaren, fesselnden Melodien, die Novalis so einzigartig machten, ist es ein Muss für den Rockfreund. Zwar sind hier auch kommerzielle Elemente zu finden, aber Novalis schafften es, die richtige Balance zu finden und somit auch aus heutiger Sicht zeitlose Musik zu erschaffen. Sehr zu empfehlen.

Stephan Schelle, Juni 2012

   

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