Moraine – Metamorphic Rock

Moraine – Metamorphic Rock
Moonjune Records (2011)
(11 Stücke, 69:11 Minuten Spielzeit)

Im Jahr 2009 hatte ich den ersten Kontakt zur Musik von Moraine, einer Band aus Seattle, die beim amerikanischen Jazzrocklabel moonjune records untergekommen ist. Nach ihrem 2009'er Debütalbum „Manifest Density“ (das auch in diesem Magazin rezensiert wurde) trat die Band im Juni 2010 beim North East Art Rock Festival (besser bekannt als NEARfest) im amerikanischen Bethlehem auf. Am 18.10.2011 erschien der Mitschnitt dieses Livegigs auf CD unter dem Titel „Metamorphic Rock“.


Die festen Konstanten im LineUp sind Alicia DeJoie (Violine), Kevin Millard (Bass) und Dennis Rea (Gitarre). Neu zur Band gestoßen sind James DeJoie (Saxophon, Flöten, Perkussion) und Stephen Cavit (Schlagzeug, Perkussion). Wie ich schon in meiner 2009'er Rezension schrieb, ist die Musik der Band so außergewöhnlich wie ihre Instrumentierung. Und doch übt sie eine ungeheure Faszination aus.

Moraine erschaffen eine Musik die irgendwo zwischen Jazz, der auch mal kurz in die Freejazz-Ecke abdriftet und Progressive- bzw. Jazz-Rock liegt. Als weiteres Stilelement setzen sie die Violine ein, die dem Sound an einigen Stellen eine klassische oder auch folkartige Note verleiht. Selber bezeichnen Moraine ihre Musik als „Heavy Chamber Music“, was wohl auch im Kern zutrifft, denn ihr Sound hat schon etwas von außergewöhnlicher Kammermusik. Zu ihren Einflüssen zählen unter anderem Künstler wie das Mahavishnu Orchestra und King Crimson.

Sieben der gespielten Tracks, die Stücke „Disillusioned Avatar“ und „Ephebus Amoebus“ wurden als ein Track gespielt, stammen vom 2009'er Album „Manifest Density“. Der Opener „Irreducible Complexity“ ist ein rhythmischer, treibender Track, der zwischen den musikalischen Gestaden wandelt. Mal ist es proggig, dann wieder klassisch und folkig, aber im Jazz verbunden.

Nahtlos geht dieser erste Track in das Titelstück ihres Debütalbums über und führt den begonnenen Stil unaufhörlich fort. Das sehr positive an Moraine ist, das man sie in keine Schublade stecken kann, denn sobald man meint eine Stilrichtung herauszuhören, kommt eine Wendung und die Band fügt neue Elemente hinzu. Dabei ist die Musik aber nicht verkopft, sondern lässt sich gut konsumieren. Das liegt vor allem daran, dass die Klänge - auch wenn sie keinen Songcharakter haben - immer sehr melodisch bzw. harmonisch sind.

Das längste Stück des Albums ist das neue Werk „Disoriental Suite“, das es auf fast zwölf Minuten Spielzeit bringt. Hier gehen die fünf Musiker in der Tat sehr orientalisch vor, denn das Stück klingt als sei es an ein chinesisches Traditional angelehnt. Allerdings setzen James mit seinem Saxophon und Dennis an der Gitarre einen westlichen Kontrapunkt zu der chinesisch anmutenden Musik.

An manchen Stellen wirkt die Musik zwar überladen und konfus, das scheint aber durchaus genau so gewollt zu sein und komischerweise geht sie trotzdem gut ins Ohr, denn schnell findet die Band wieder zu hörbaren Strukturen zurück. Das gefällt mir ausgesprochen gut. Aus meiner Sicht überwiegen die Rockanteile eindeutig gegenüber dem jazzigen Teil.

Moraine ist eine außergewöhnliche Band mit einem außergewöhnlichen Sound. Man kann sich dieser Musik kaum erwehren und erliegt dem Charme sehr schnell.

Stephan Schelle, November 2011

   

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