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Mihrax
- Mihrax Es gibt eine bekannte Redewendung „Wenn der Vater mit dem Sohne …“. Bei der aus Berlin stammenden Band Mihrax liegt der Fall aber anders herum. Hier hat nämlich der Sohn, das ist der 28jährige Tobias Graef (Gitarrist und Keyboarder), der Jahre zuvor die Progressive Musik für sich entdeckt und 2016 bereits ein instrumentales Soloalbum unter der Bezeichnung „Mihrax“ einspielte, für seine gleichnamige Band, die er ein Jahr später formierte, seinen Vater Thomas Graef als Bassisten und Frank Zibner (Schlagzeug, Gesang) hinzugeholt. Dieses Trio spielte dann das Album „Mihrax“ von April 2017 bis April 2019 neu ein. |
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Das Album beginnt mit
dem sechseinhalbminütigen „Dulcis Somnium“. Herrliche
Keyboardharmonien eröffnen dieses erste Stück. Schnell verbreiten diese
Klänge und die sanfte Stimme von Schlagzeuger Frank Zibner
Neo-Prog-Feeling, das nach wenigen Momenten durch druckvollen Bass und
Schlagwerk noch unterstützt wird. Ein atmosphärischer Song, der Neo-Prog
mit AOR-Elementen verbindet. Tobias Graef, aus dessen Feder alle Stücke
stammen, ist damit schon ein hervorragender Start gelungen. Auch das folgende,
siebenminütige „He“ schlägt in diese Kerbe. Sehr abwechslungsreich
wandelt der Song zwischen atmosphärischen und etwas rhythmischeren
Passagen. Dabei wurden einzelne Parts herausgearbeitet, in denen den
unterschiedlichen Instrumenten Raum für ihre Entfaltung gegeben wurde. So
zum Beispiel im Mittelteil von „He“, bei dem eine markante Basslinie
mit akzentuierten Keyboardklängen und ansprechendem Schlagwerk kombiniert
werden. Und auch der mehrstimmige Gesang, der teils mittelalterlich wirkt
(hier wurde wahrscheinlich Franks Stimme mehrfach aufgenommen) sowie
klassisch anmutende Einschübe machen das Stück aus. Langsam steigert Graef
die Länge der Stücke und so ist das nächste Stück „She“ bereits
acht Minuten lang. Der Song beginnt mit einem intim gesungenen Part, der
sanft durch den Raum zieht und an der ein oder andren Stelle auch ein
wenig nach Bands wie Marillion klingt. Nach etwas mehr als zwei Minuten
kommt eine sägende Gitarre und ein markanter Bass hinzu und der Song
nimmt an Fahrt auf. Das ist Neo-Prog mit eigener Handschrift und einer
entspannten Atmosphäre. Mit „Submission“
geht es dann schon stark auf die Zwölf-Minuten-Marke zu. Auch hier wird
zunächst eine eingängige Melodie geboten. Im Verlauf wechselt die Band
dann aber Melodie, Struktur und Rhythmus mehrfach. Ein Longtrack, so wie
er sein muss. Eine Melodie, die auf
einer Art Kinderxylophon gespielt wird, eröffnet dann den letzten Song
des ersten Silberlings, der es auf fast 13 Minuten Spielzeit bringt. Nach
wenigen Momenten setzt dann aber ein Sequenzerrhythmus sowie eine
Orgelpassage ein, die jetzt eine Mischung aus Prog und Synthpop erzeugen.
Das ändert sich aber nach zwei Minuten, wenn der Song nun in Richtung
Prog wechselt und sich ein wenig nach Spliffs erstem Album „The Spliff
Radio Show“ anhört. Franks Gesang klingt in einigen Passagen so, wie
damals Alf Klimax bei Spliff agierte. Ein sehr schöner,
abwechslungsreicher Longtrack. Die zweite CD weist drei
Lontracks auf. Die drei Longtracks mit Laufzeiten von 18, 13 und mehr als
22 Minuten Spielzeit bieten besten Neo-Porg-Stoff. Alle drei Stücke haben
gemein, dass sie sehr abwechslungsreich sind und zwischen sehr
melodischen, atmosphärischen und dann auch wieder druckvolleren Passagen
wechseln. Ich kenne zwar nicht die
Solofassung von „Mihrax“, aber wenn man sich das 2019’er
Gruppenergebnis anhört, dann kann man froh sein, dass Tobias Graef sich
dazu entschlossen hat es noch einmal in Triobesetzung - die hier wie eine
erweiterte Band klingt - neu einzuspielen. „Mihrax“ ist ein Album, das
leider noch nicht in der Szene angekommen ist. Allen Prog- und
Neo-Prog-Fans kann ich dieses Werk der gleichnamigen Berliner Band nur wärmstens
ans Herz legen. Stephan Schelle, Juli 2025 |
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