Mihrax - Mihrax
Eigenvertrieb / www.mihrax.de (2019)

(8 Stücke, 99:28 Minuten Spielzeit)

Es gibt eine bekannte Redewendung „Wenn der Vater mit dem Sohne …“. Bei der aus Berlin stammenden Band Mihrax liegt der Fall aber anders herum. Hier hat nämlich der Sohn, das ist der 28jährige Tobias Graef (Gitarrist und Keyboarder), der Jahre zuvor die Progressive Musik für sich entdeckt und 2016 bereits ein instrumentales Soloalbum unter der Bezeichnung „Mihrax“ einspielte, für seine gleichnamige Band, die er ein Jahr später formierte, seinen Vater Thomas Graef als Bassisten und Frank Zibner (Schlagzeug, Gesang) hinzugeholt. Dieses Trio spielte dann das Album „Mihrax“ von April 2017 bis April 2019 neu ein.


Bei dem Album, das in der CD-Version in einem sechsseitigen Digipak erschienen ist, handelt es sich um eine DoppelCD bei der allein fünf der acht Stücke Longtracks von mehr als elf Minuten Spielzeit sind.

Das Album beginnt mit dem sechseinhalbminütigen „Dulcis Somnium“. Herrliche Keyboardharmonien eröffnen dieses erste Stück. Schnell verbreiten diese Klänge und die sanfte Stimme von Schlagzeuger Frank Zibner Neo-Prog-Feeling, das nach wenigen Momenten durch druckvollen Bass und Schlagwerk noch unterstützt wird. Ein atmosphärischer Song, der Neo-Prog mit AOR-Elementen verbindet. Tobias Graef, aus dessen Feder alle Stücke stammen, ist damit schon ein hervorragender Start gelungen.

Auch das folgende, siebenminütige „He“ schlägt in diese Kerbe. Sehr abwechslungsreich wandelt der Song zwischen atmosphärischen und etwas rhythmischeren Passagen. Dabei wurden einzelne Parts herausgearbeitet, in denen den unterschiedlichen Instrumenten Raum für ihre Entfaltung gegeben wurde. So zum Beispiel im Mittelteil von „He“, bei dem eine markante Basslinie mit akzentuierten Keyboardklängen und ansprechendem Schlagwerk kombiniert werden. Und auch der mehrstimmige Gesang, der teils mittelalterlich wirkt (hier wurde wahrscheinlich Franks Stimme mehrfach aufgenommen) sowie klassisch anmutende Einschübe machen das Stück aus.

Langsam steigert Graef die Länge der Stücke und so ist das nächste Stück „She“ bereits acht Minuten lang. Der Song beginnt mit einem intim gesungenen Part, der sanft durch den Raum zieht und an der ein oder andren Stelle auch ein wenig nach Bands wie Marillion klingt. Nach etwas mehr als zwei Minuten kommt eine sägende Gitarre und ein markanter Bass hinzu und der Song nimmt an Fahrt auf. Das ist Neo-Prog mit eigener Handschrift und einer entspannten Atmosphäre.

Mit „Submission“ geht es dann schon stark auf die Zwölf-Minuten-Marke zu. Auch hier wird zunächst eine eingängige Melodie geboten. Im Verlauf wechselt die Band dann aber Melodie, Struktur und Rhythmus mehrfach. Ein Longtrack, so wie er sein muss.

Eine Melodie, die auf einer Art Kinderxylophon gespielt wird, eröffnet dann den letzten Song des ersten Silberlings, der es auf fast 13 Minuten Spielzeit bringt. Nach wenigen Momenten setzt dann aber ein Sequenzerrhythmus sowie eine Orgelpassage ein, die jetzt eine Mischung aus Prog und Synthpop erzeugen. Das ändert sich aber nach zwei Minuten, wenn der Song nun in Richtung Prog wechselt und sich ein wenig nach Spliffs erstem Album „The Spliff Radio Show“ anhört. Franks Gesang klingt in einigen Passagen so, wie damals Alf Klimax bei Spliff agierte. Ein sehr schöner, abwechslungsreicher Longtrack.

Die zweite CD weist drei Lontracks auf. Die drei Longtracks mit Laufzeiten von 18, 13 und mehr als 22 Minuten Spielzeit bieten besten Neo-Porg-Stoff. Alle drei Stücke haben gemein, dass sie sehr abwechslungsreich sind und zwischen sehr melodischen, atmosphärischen und dann auch wieder druckvolleren Passagen wechseln.

Ich kenne zwar nicht die Solofassung von „Mihrax“, aber wenn man sich das 2019’er Gruppenergebnis anhört, dann kann man froh sein, dass Tobias Graef sich dazu entschlossen hat es noch einmal in Triobesetzung - die hier wie eine erweiterte Band klingt - neu einzuspielen. „Mihrax“ ist ein Album, das leider noch nicht in der Szene angekommen ist. Allen Prog- und Neo-Prog-Fans kann ich dieses Werk der gleichnamigen Berliner Band nur wärmstens ans Herz legen.

Stephan Schelle, Juli 2025

   

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