Martigan – Distant Monsters
Progressive Promotion Records (2015)

(8 Stücke, 75:07 Minuten Spielzeit)

Fast sieben Jahre haben sich Martigan, die NeoProg-Band aus dem Kölner Raum, Zeit gelassen, um ihren Nachfolger zum 2009’er Album „Vision“ zu präsentieren. Das neueste Werk ist am 18.12.2015 erschienen und trägt den Titel „Distant Monsters“. Mit ihrem mittlerweile vierten Album setzen sie da an, wo sie auf „Vision“ aufgehört haben. Damals habe ich geschrieben, dass die Band nach einer längeren Pause wie Phoenix aus der Asche gestiegen ist und das trifft nun auch auf ihren neuesten Output zu.


Die Band ist seit ihrer letzten Veröffentlichung relativ konstant geblieben. Zur Band gehören nach wie vor Kai Marckwordt (Gesang, 12 seitige Gitarre, E-Gitarre), Oliver Rebhan (Keyboards), Alex Bisch (Schlagzeug, Backgroundgesang) und Björn Bisch (akustische und E-Gitarre). Lediglich am Bass hat es eine Veränderung gegeben. Für Peter Kindler ist jetzt Mario Koch an den „dicken Saiten“ sowie an der Klarinette zu hören.

Das große Plus der Band ist, neben den wunderbaren Melodien und Soli, die in die Stücke, der gerne jenseits der Neun-Minuten-Marke liegen (auf diesem Album allein die Hälfte der Stücke), eingewoben werden, der hohe Wiedererkennungswert. Das liegt vor allem auch an Kai’s markanter, leicht rauer, kehligen Stimme, die den Songs ihren eigenen Stempel aufsetzt.

Den Einstieg in das Album bekommt man mit dem zwölfminütigen „Theodor’s Walls“. Der Song beginnt recht bedächtig mit Piano und Keyboardharmonien. Sobald dann aber Schlagzeug und Bass mit einem akzentuierten Rhythmus und Björn Bisch mit seiner feinen Gitarrenarbeit einsetzen, ist man schon im Martigan-Kosmos eingetaucht. Der Longtrack nimmt immer weiter Fahrt auf. Im zweiten Teil wird es dann ab ca. Minute sechs recht hypnotisch und elektronisch. Da pumpt ein elektronischer Beat auf den Oliver seine Melodien zaubert und dann Björn an der akustischen einige sehr schöne Passagen einstreut. Da kommt dann auch sofort die Gänsehaut ans Tageslicht. Doch schon nach wenigen Momenten baut das Quintett harte Metalriffs ein und sorgt für noch mehr Abwechslung. Ein toller Einstieg für das neue Album.

Dem folgt das mehr als neunminütige „Lion“. Hier zeigt die Band ihre ganze Stärke. Vor allem Björn’s Gitarrensolo in der Mitte des Songs ist einfach nur genial, das von Alex und Mario durch einen unaufdringlichen, aber sehr passenden Rhythmus untermauert wird. Sanft und symphonisch wird es dann in dem balladesken, verträumten „Simplicius“, dessen Harmonien einen umschlingen wie eine wärmende Decke. Auch wenn das Pianosolo ein wenig süßlich rüberkommt, ist es doch noch weit genug vom Kitsch entfernt.

Perkussion, die an arabische Rhythmik erinnert, kommen dann in „Complicius“ auf. Im weiteren Verlauf wird es dann aber wieder rockiger und auch Björn baut wieder ein Gitarrensolo ein. Mit „The Lake“ kommt dann der mit fast 15 Minuten Spielzeit längste Track an die Reihe. Nun bauen die Jungs gar eine Portion Funk ein. Der Song beginnt fast popartig und driftet dann in einen leicht angejazzten Progteil über. Im Mittelteil lassen sich die Musiker dann wieder zu einer herrlichen, langgezogenen Instrumentalpassage hinreißen, bei der man so richtig abdriften kann. Hier zeigen wieder alle ihre musikalische Klasse.

Sehr erzählerisch wirkt „On Tiptoe“, weil Kai in diesem Song in einen flüsternden Gesang wechselt. Mario greift in diesem Stück zur Klarinette und bringt somit ein ganz besonderes Flair in die Musik. Richtig rockig wird es dann im gut zwölfminütigen „Fire On The Pier“, das auch gleich das Highlight des Albums darstellt, denn hier ist alles enthalten, was man als Kenner der Band erwartet (inkl. Gänsehaut treibendem Gitarrensolo von Björn). Das wird sicherlich auch ein Liveklassiker der Band werden.

Zum Abschluss wird es dann noch einmal balladesk im Stück „Take Me Or Leave Me“, das mit einer sehr eingängigen Melodie aufwartet. Nach diesem Stück wünscht man sich, das die Band nicht wieder so lange Zeit ins Land gehen lässt um ein neues Album einzuspielen.

Mit „Distant Monsters“ machen Martigan auf dem hohen Niveau weiter, wo sie auf „Vision“ aufgehört haben. Wer NeoProg mag, der wird dieses Album lieben. Ein klasse Werk, das die Band hoffentlich noch bekannter werden und aus dem Schatten so vieler anderer Bands hervortreten lässt.

Stephan Schelle, Januar 2015

   

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