Marco de
Angelis – Next Station Der italienische Multiinstrumentalist, Songwriter, Toningenieur und Produzent Marco de Angelis veröffentlichte im Jahr 2013 sein erstes Soloalbum unter dem Titel „The River“. Damit veröffentlichte er ein sehr ansprechendes Progressive Rock-Werk. Im Dezember 2017 schob er dann einen Nachfolger mit dem Titel „Next Station“ nach. Das kann wörtlich genommen werden, denn Marco geht auf dem Album einen Schritt weiter. Neo-Prog, Progressive- und Artrock der 70’er Jahre sowie AOR-Elemente werden darauf geschickt miteinander kombiniert. |
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Das
Bands wie Pink Floyd, Roger Waters, Genesis und auch die Musik von Steven
Wilson Marco zu seinen Favoriten zählt, das hört man an vielen Stellen
der sechs wunderbaren Songs. Auf
den ersten drei Songs („Freewill“, „Keep Going“ und „A Proggy
Night In London“) steht Nad Sylvan am Mikro, was diese sehr stark
beeinflusst und in Richtung 70’er Jahre Prog und Neo-Prog weist.
Herrliche Gitarrenlicks und Effekte, unterlegt mit einem kraftvollen
Schlagzeug, eröffnen den ersten Song „Freewill“. Dann setzt Nad’s
Stimme ein und man fühlt sich sofort im Neo-Prog verortet. Sehr
akzentuiert werden hier die Instrumente und Harmonien mit Effekten
vermischt. Das klingt frisch und doch auch vertraut. Sprachfetzen in der
Mitte des Stückes zeigen Elemente, die auch von Roger Waters oft benutzt
werden. Daneben weisen aber einige Gesangspassagen und die Gitarren auch
in die Nähe von Steven Wilson. Fast
Bluesrockmäßig beginnt dann der zweite Song „Keep Going“, hat darüber
hinaus aber auch einige Klangfarben der jüngeren Floyd-Geschichte. Nad
bringt hier mit seiner kehligen Stimme eine leicht zerbrechliche Note ein,
die dem Song richtig gut steht. Ein wunderbarer Song, der symphonische
Anteile besitzt und am Ende in einer Akustikgitarrenpassage mit
Soundsamples aus dem Straßenverkehr endet, die dann nahtlos in den
dritten, 14:33minütigen, Song überleiten. „A
Proggy Night In London“ hat alles, was ein guter Longtrack haben muss.
Zunächst sorgt Marco’s Gitarrenarbeit dafür, dass floydige Gefühle
aufkommen. Nad setzt seine Stimme als Gegenpol ein. Dann kommen herrliche
Keyboardsounds auf, die an Genesis erinnern. Dem Ganzen spendiert Marco
dann noch eine sehr schöne Melodie. Der in fünf Parts unterteilte
Longtrack (lassen sich aber nicht einzeln anwählen) bietet reichlich
Soli, Melodie-, Rhythmus- und Strukturwechsel. Am Ende kommen dann wieder
Sprachsamples auf (als wenn im Fernsehen gezappt wird), was wieder
Erinnerungen an Roger Waters wach werden lässt. „A
Proggy Night In London“ geht dann nahtlos in den nächsten Song „Back
Again“ über, der von Robbie Wyckhoff gesungen wird. Seine sanfte
Stimme, die im Gegensatz zu der von Nad Sylvan steht, sowie Melodie und
Klangfarben klingen stark nach Roger Waters-Produktionen. Der Song hätte
auch gut auf einem Waters-Album Platz gefunden. Auch
dieses Stück schließt nahtlos an das nachfolgende Titelstück an. Es
wird von Robbie Wyckhoff gesungen. Das 13:21minütige „Next Station“
zeigt sich aber druckvoller als die vorangegangenen Songs und hat darüber
hinaus noch Worldmusic-Elemente. Sobald der Gesang einsetzt kommt gar
AOR-Flair mit Popappeal auf. Den Song könnte ich mir durch einige sehr
eingängige Melodien gut im Radio vorstellen. Zwischendrin sorgt Marco
aber mit einigen vertrackt angelegten Passagen für Artrockfeeling. Auch
wechseln Melodieführung, Rhythmus und Strukturen. Den
Abschluss bildet dann „Last Train“, das von Göran Edman eingesungen
wurde. Der Track beginnt wieder wie ein Roger Waters-Stück und auch der
Gesang von Göran verstärkt zu Beginn mit seiner sanften, fast geflüsterten
Stimme diesen Eindruck. Ein wunderbarer Ausklang aus dem Album. Der
CD hat Marco ein 20seitiges Booklet spendiert in dem alle Texte enthalten
sind und einige sehr atmosphärische Fotos beigefügt wurden. Mit
„Next Station“ legt Marco de Angelis einen würdigen Nachfolger zu
„The River“ hin, der dem Debüt in Nichts nachsteht. Ganz im
Gegenteil, scheint sich die Produktionszeit von gut vier Jahren positiv
auf den Kreativprozess ausgewirkt zu haben, denn die Songs besitzen
musikalische Tiefe und fesseln vom ersten Ton an. Ein klasse Album. Stephan Schelle, Januar 2018 |
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