LÜÜL & Band - Fremdenzimmer
MIG Music (2018)
(12 Stücke, 45:51 Minuten Spielzeit)

Drei Jahre nach seinem letzten Album „Wanderjahre“ veröffentlicht der Berliner Musiker Lutz Graf-Ulbrich, genannt LÜÜL (Agitation Free, Ashra, Nico, 17 Hippies), am 11.05.2018 sein neuestes Werk. Es trägt den Titel „Fremdenzimmer“ und enthält 13 wunderbare Songs im Singer/Songwriter-Stil, die ein ums andere Mal eine Portion Pop in sich tragen. Neben LÜÜL (Gesang, Gitarren, Ukulele, Flügel) sind noch Kruisko (Akkordeon, Marimba, Keyboards, Harmonium, präparierter Flügel, Gesang, Perkussion), Kerstin Kaernbach (Geige, Bratsche, Flöte, Theremin, singende Säge, Gesang), Daniel Cordes (Kontrabass, Gesang, Perkussion) und Uwe Langer (Tuba) mit an Bord.


Der Pressetext bringt es wie folgt perfekt auf den Punkt: Mit seiner neuen CD „Fremdenzimmer“ ist Lüül & Band ein großer Wurf gelungen. Lüüls raue Stimme trägt uns mit eindrucksvollen Texten zu wundervoller Musik durch 13 Songs. Jedes Lied ein Kleinod der Songschreiberkunst. Da tut sich ein persönlicher Kosmos mit gänzlich unterschiedlichen, sehr abwechslungsreich und geschmackvoll arrangierten Geschichten in Liedern auf. Mal melancholisch, mal nachdenklich, mal lässig, mal hypnotisch, mal mitreißend. Das alles wird mit leichter Hand von einer spielerisch auf hohem Niveau agierenden Band wie selbstverständlich serviert. Selten klang Lüüls Musik so warm, so klar, so stimmig.

LÜÜL hat wirklich eine sehr markante Stimme, die jeden Song prägt. Dazu kommt das die Instrumentierung bei den Songs sehr gut gewählt ist, so das von Beginn an eine ganz besondere Stimmung entsteht. Sehr oft verbreiten LÜÜL & Band dabei französisches Flair, was den Stücken eine gewisse Chansonhaftigkeit verleiht. Das zeigt sich schon im ersten Song „Nächte und Träume“, bei dem er die Sehnsucht nach dem Meer ausdrückt. Ein toller Eröffnungssong, der sofort gefangen nimmt und der darüber hinaus durch die sehr akzentuiert gesetzten Instrumente und die eingängige Melodie glänzt.

Das Album strotzt nur so vor toller Songs, bei denen LÜÜL das Leben sehr gut beschreibt, allerdings oftmals die dunkleren Seiten thematisiert. So beschreibt er den Drang aufgrund einer unerfüllten, nicht erwiderten Liebe auszusteigen („Fräulein C.“), den Wahnsinn der Technologie, dem wir uns alle hingeben in „Menschenvermesser“ oder beschreibt in „Leben ist gut“ die heutige Zeit, deren Entwicklung bedenkliche Ausmaße annimmt, in dem er viele Tendenzen anprangert und zum Schluss kommt „Leben ist gut – nur die Welt ist schlecht!“, eine Aussage die zeigt, dass viele Menschen resignieren oder teilnahmslos zusehen. In „Dumm gelaufen“ geht es dann um einen Jungen der beim Stehlen in einem Eiswagen sein Leben verliert während LÜÜL dann das Problem sich nicht entscheiden zu können in „Wankelmut“ themaisiert und in den Songs „Schnauze voll“ und „Hohe Wellen“ macht sich dann sogar eine Spur von Aufgabe breit. Die Songs verbreiten allerdings eine warme Melancholie die den Hörer nicht belastet, jedoch zum Nachdenken bewegt. Dem steht dann beispielsweise der positive Song „Gut zu wissen“ gegenüber.

Musikalisch haben LÜÜL & Band die Stücke sehr gut in Szene gesetzt. Sobald man die CD einmal eingelegt hat ist man schnell vom Stil des Berliners infiziert. „Fremdenzimmer“ beweist eindrucksvoll, das LÜÜL zu den besten deutschen Singer/Songwritern gehört, auch wenn es an vielen Stellen recht melancholisch zur Sache geht. „Fremdenzimmer“ ist ein sehr empfehlenswertes Album.

Stephan Schelle, Mai 2018

   

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