Limite Acque Sicure - Un'altra mano di carte
Minotauro Records / Virgin (2025)

(6 Stücke, 51:22 Minuten Spielzeit)

Im Jahr 2022 veröffentlichte die italienische Band Limite Acque Sicure, die sich bereits in 2005 gründete und 2016 ihre endgültige Sextett-Formation erreichte, ihr selbst betiteltes Debütalbum. Ende Januar 2025 folgt nun endlich der Nachfolger, der den Titel „Un’altra mano di carte“ trägt. Die Band besteht unverändert aus Andrea Chendi (Lead-Gesang), Ambra Bianchi (Flöte, Lead- und Backgroundgesang, Harfe), Antonello Giovannelli (Orgel, Piano, Synthesizer), Luca Trabanelli (E- und Akustikgitarren), Paolo Bolognesi (Schlagzeug) und Francesco Franz Gigante (Bass).


Bei dem neuen Album handelt es sich um ein Konzeptalbum, das sich, wie das Sextett aus Ferrara erklärte, von dem ihres Debütalbums unterscheidet. Während Limite Acque Sicure auf der gleichnamigen LP die Philosophie der Veränderung, des Risikos und der Entwicklung, sowohl menschlich als auch künstlerisch, erforschten, erzählen sie auf „Un’Altra Mano Di Carte“ Geschichten: Geschichten von Ausgrenzung, von fernen (vielleicht falschen) Erinnerungen an ein besseres Leben, von Missbrauch. Geschichten des Nachdenkens über Schlechtigkeit, Geschichten der Rebellion, Geschichten von Schüssen aus Stolz.

„Auch in diesem neuen Werk haben wir ein Thema gewählt, das Konzept ist dieses Mal das Erzählen von Lebenserfahrungen durch Charaktere, manchmal fiktiv und manchmal real, manchmal aktuell und manchmal zeitlich weit entfernt. Wir haben tiefe, wenig bekannte und manchmal unbequeme Themen angesprochen. Am Ende gibt es immer einen Hoffnungsfaden, einen Lichtstrahl, der auf eine Lösung hinweist. Die Platte ist eine Metapher für die Zufälligkeit des Schicksals, das jedem Menschen eine bestimmte Geschichte, einen bestimmten Lebensweg zuweist.“

Wie schon auf dem Debüt, so wandelt die Band auch auf ihrem zweiten Longplayer im Fahrwasser von Prog und Neo-Prog.

Das Album startet mit dem mehr als achtminütigen „Joker“. Nach zirpenden Synthesizerklängen geht es gleich rockig weiter, sobald Schlagzeug und Gitarren einsetzen. Hier kommen dann auch schon einige Neo-Prog-Elemente mit ins Spiel. Es dauert gut zwei Minuten bis dann der in italienischer Sprache gesungene Text den Track in einen Song verwandelt. Das ist sowohl melodisch wie auch mit leicht vertrackten Strukturen durchzogen. Sehr abwechslungsreich geht das Sextett ans Werk und verbindet verschiedene Parts in diesen ersten Song. Da kommen dann auch schon mal klassische Elemente und mehrstimmiger Chorgesang, der sakral wirkt, auf. Man lässt sich darüber hinaus auch immer Zeit für ausufernde Instrumentalparts und Soli.

Weiter geht es mit dem siebeneinhalbminütigen „Il racconto di Juan della sua terra“. Es beginnt recht proggig mit herrlichen Keyboardklängen, die an die 70’er Jahre erinnern. Auch die Gitarren haben etwas von diesem Flair, als Genesis & Co. ihre proggige Hochphase hatten. Wer sich nicht an der italienischen Sprache stört, der bekommt auch hier sehr melodischen, abwechslungsreichen Prog geboten.

„Natale 1914“ bringt es dann auf etwas mehr als zehn Minuten Spielzeit. Ein leichter Marschrhythmus auf der Trommel leitet in diesen balladesken und nachdenklichen Song ein. Hier bringt die Band dann auch ein gewisses italienisches Flair mit ein. Und auch arienhafter Gesang wird mit eingebaut.

Eine sanfte Pianomelodie eröffnet dann das achtminütige „…non il Bergerac“. Das Stück enthält auch klassische Momente und verbindet sie mit melodischem Progrock. Im Verlauf steigert sich die Dynamik. Auf gut neun Minuten bringt es dann das Stück „Chita“. Es beginnt mit Akustikgitarre und flächigen Sounds, auf die sich dann eine mediterrane Gesangsstimme legt. Akkordeonsounds kommen nach wenigen Momenten auf und es entwickelt sich eine folkloristisch/mediterrane Stimmung. Das mündet dann aber in einen rockigen Part, um am Ende dann in einem ekstatischen Part mit Schlagzeug und weiblichem Gesang eine hypnotische Stimmung zu erzeugen.

Das etwas mehr als achtminütige „Storie perdute“ beendet dann das Album in bester Progrock-Manier. Hier klingen die Keyboards nach ELP bzw. Triumvirat und mischen dies mit druckvollen, rockigen Rhythmen.

Schon das Debütalbum von Limite Acque Sicure hatte mich 2022 überzeugt. Und anno 2025 macht das Sextett da weiter, wo es bei ihrem Debüt aufgehört hatte. Damit bestätigt die Band den positiven Eindruck des Debüts. „Un’altra mano di carte“ ist ein melodisches Werk, das neben Prog und Neo-Prog auch weitere Elemente in sich vereinigt und so sowohl eingängig, wie auch spannend zugleich ist.

Stephan Schelle, März 2025

   

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