Leap Day – When Gravity Wins
OSKAR (2025)

(6 Stücke, 66:04 Minuten Spielzeit)

Die niederländische Band Leap Day veröffentlichte im Herbst 2025 ihr mittlerweile siebtes Album. Es trägt den Titel „When Gravity Wins”. Konzeptionell befasst sich das Album mit dem Thema des Kampfes zwischen Idealen und der harten Realität – Momente, in denen uns die Schwerkraft des Lebens zurück auf den Boden der Tatsachen holt. Sechs Tracks, die durch spezielle klangliche Übergänge miteinander verbunden sind, führen den Hörer durch diese Reise – vom digitalen Lärm zur menschlichen Reflexion.


Biografie

Die Band wurde am 29. Februar 2008 von dem Schlagzeuger Koen Roozen gegründet, der unter anderem für seine Arbeit mit Flamborough Head bekannt ist. Roozen suchte etwa zwei Jahre lang nach Musikern, mit denen er sein eigenes Progressive-Projekt verwirklichen konnte. Bald kamen Keyboarder Derk Evert Waalkens (u. a. King Eider), Sänger Jos Harteveld (von Pink Floyd Project), Gitarrist Eddie Mulder (Trion, Pink Floyd Project) und Keyboarder und Backgroundsänger Gert van Engelenburg hinzu. Die ersten Proben und Auftritte fanden 2007 statt, aber die offizielle Gründung der Band als „Leap Day” geht auf den 29. Februar 2008 zurück.

Neu am Mikrofon ist Roelof Beeftink, der dem Sound der Gruppe ein neues, faszinierendes Stimmtimbre verleiht.

Bereits mit den ersten Töne des Openers „Void” zeigt Sänger Roelof Beeftink ein raues, leicht heiseres Stimmtimbre, das sich im Verlauf aber in eine angenehme Tonlage ändert. Das zeigt aber auch die unterschiedlichen Qualitäten in seiner Gesangsstimme. Musikalisch vermischen die Niederländer in diesem Stück verschiedene Prog-Stile, bei denen auch mal die Keyboards in Richtung Supertramp weisen. Einige Gitarrenpassagen erinnern in der zweiten Hälfte auch an RPWL. Ein starker Beginn dieses neuen Albums.

Weiter geht es mit dem Instrumental „Viral Cage“. Eine weibliche Stimme spricht zunächst einen Text, dann legt die Band los. Ein sehr abwechslungsreicher Track mit ausufernden Keyboard- und Gitarrensoli und Stimmungswechseln, der in einigen Passagen auch an ihre Landsleute Kayak erinnert.

Etwas besinnlicher wird es dann im nächsten Stück „Winter”, das mit Pianoklängen startet, die von einigen flächigen Sounds unterlegt sind. Es entwickelt sich nach wenigen Momenten eine sanfte Ballade, bei der der Gesang sehnsuchtsvoll aus den Boxen schallt. In der zweiten Hälfte kommen einige Trompetenklänge auf, die ein wenig Wehmut erzeugen. Damit liegt der Sound auch in der Nähe von Big Big Train.

„Falling Star“ basiert auf einer wahren, düsteren Kriminalgeschichte. Der Song startet mit Geräuschen eines Propellerflugzeuges und geht dann in einen sehr atmosphärischen Part über. Gesanglich wird es dabei recht emotional. Ab der Mitte wechselt die Band zu einer zeitlupenartigen Passage, bei der man die Gedanken fliegen lassen kann. Darin verwoben ist ein sehr atmosphärisches Gitarrensolo. „Wrinkles“ ist dagegen eine intime Reflexion über die Vergänglichkeit. Das geht nun in Richtung Neo-Prog.

Auch wenn es sich bei den anderen Stücken um Longtracks handelt, die teils die Zehn-Minuten-Marke knacken, so ist doch der Abschlussrack „Pride Before The Fall” das Kernstück des Albums, der es auf fast 23 Minuten Spielzeit bringt. Inspiriert von der Legende der Stadt Stavoren, ist der Titel eine Definition des Progressive Rock – von einem bombastischen, fast dreiminütigen Auftakt über zahlreiche Tempowechsel und atmosphärische Zwischenspiele bis hin zu kraftvollen, virtuosen Instrumentalpassagen. Ein tolles, abwechslungsreiches Stück mit zahlreichen Parts, bei denen zu keiner Zeit Langeweile aufkommt.

Mit „When Gravity Wins“ hat die niederländische Band Leap Day ein beeindruckendes Werk eingespielt, das durch herrliche Melodien und schöne Soli besticht. Wer auf melodischen Prog steht, der bekommt hier besten Stoff geliefert.

 

Stephan Schelle, Dezember 2025

   

CD-Kritiken-Menue