Le Mur – Keep Your Fear Away From Me
Eigenvertrieb / Bandcamp (2023)

(4 Stücke, 48:00 Minuten Spielzeit)

Die Lemuren aus Bochum sind zurück. Das Trio Janine Ficklscherer (Bass, Synthesizer), Matthias Gräf (Gitarre, Saxophon, Gesang, Keyboards) und Georgios Dosis (Schlagzeug, Percussion) haben sich fünf Jahre seit ihrem letzten Album „Exorta“ Zeit gelassen und veröffentlichten am 26.05.2023 ihr neuestes Werk unter dem Titel „Keep Your Fear Away From Me“. Ein Wunsch, der so manchem Menschen am Herzen liegt. Sie selbst bezeichnen ihren Musikstil als Artrock irgendwo zwischen Jazz und Noise.


Le Mur musiziert zu dritt in Bochum seit 2007. In dieser Konstellation seit 2008. Manchmal psychedelisch, manchmal metallisch, überwiegend düster und … mehrsprachig! So wie das Ruhrgebiet selbst, dessen Kinder sie sind und welches mit seinen facettenreichen Sounds genug Platz für Inspiration und Stimulation lässt; Die Sounds der schweren Industriemaschinen geben den Beat und der Klang der Autobahn … mittlerweile wie das Meeresrauschen in ihren Ohren.

Das Album ist ab dem 26.05.2023 auf ihrer Bandcamp Seite https://le-mur.bandcamp.com/ oder unter music@le-mur.de zu ergattern. Es gibt aber auch eine auf 300 Exemplare limitierte Vinyl-Ausgabe. Diese kommt mit einem sehr schönen Cover auf gelbem Vinyl heraus und enthält ein Einlegeblatt, das alle Texte sowie Erklärungen zu den Stücken enthält

Das neue, vierte Album ist komplett in Eigenregie (inklusive Aufnahme und Mix) entstanden. Es hat extra Mühe und Geld gekostet, doch die Lemuren fokussieren sich sehr auf die Zukunft und nicht an den Fehlern der Vergangenheit. „Keep Your Fear Away From Me“ heißt es und es werden musikalische Farbmotive präsentiert, die die Band in der jungen Vergangenheit gesammelt hat: Miles Davis 70er Ära, Camel, The Doors, Sonic Youth, Dead Can Dance, Hawkwind, Ozric Tentacles, Black Sabbath, John Coltrane, Anathema, Kyuss, Tool, Ulver, UNKLE und Mogwai.

Thematisch spricht das Album die unnötigen psychologischen Ängste unserer Gesellschaft an, die besonders in dem letzten Jahrzehnt zum Vorschein kamen und Schlagzeilen schlugen. Jiddu Krisnamurtis Stimme (mit offizieller Genehmigung durch die JK Foundation in England) half dabei, das Konzept in einer verständlichen, aber auch schönen Form zu verwirklichen.

Vier Stücke mit Laufzeiten von 9:26 bis 15 Minuten Spielzeit finden sich auf dem Album, die nahtlos ineinander übergehen. Es beginnt mit dem 15minütigen „...the past will be perfect...“. Zunächst sind herrliche, sanfte Keyboardsounds zu hören. Nach einer Minute setzt dann der von Jiddu Krisnamurtis gesprochenen Text ein und es entwickelt sich eine eigentümliche Stimmung. Nach etwas mehr als zwei Minuten fügt sich dann ein Schlagzeugrhythmus zu den Keyboardsounds und es folgt ein Bass, während die Keyboards in den Hintergrund drängen und psychedelische Motive spielen. Die Musik vermischt im weitren Verlauf psychedelische mit jazzigen Klängen, die nicht immer harmonisch daherkommen. Immer wieder werden auch die Texte von Jiddu Krisnamurtis eingefügt. Le Mur variieren dabei Struktur, Harmonien und Rhythmen. Es entsteht dadurch eine hypnotische Stimmung, die sich durch das ganze Album zieht.

Dem folgt dann das 9:26minütige „today is the day / the beauty of now“. Samples, die wohl an einer Straße aufgenommen wurden, leiten in diesen Track ein. Dann kommt eine weibliche Gesangsstimme („la, la, la“) auf, die nach wenigen Momenten verfremdet wird. Daraufhin startet die Band in einen psychedelisch/spacigen Part mit eingängiger Melodie. Dieser Track wird dann von Matthias gesungen. Etwa nach vier Minuten ändert sich das Bild und es wird rhythmischer mit leichter Punkattitüde. Die letzten zwei Minuten klingt das Ganze dann mit Samples und eingeschobenen Keyboardklängen, die leicht ins symphonische gehen, aus.

„another life / burning the tree / I see you“ ist dann der dritte, 11:18minütige Track. Hier sorgen ein markanter Schlagzeugrhythmus und der Bass zunächst für psychedelische Stimmung, die schnell in einen druckvollen Rhythmus übergeht. Nach einigen Minuten wird es dann skurril mit rhythmischen Elementen, jazzigen Saxophonparts und Keyboardeinschüben. Das klingt ungewöhnlich und neu und strahlt eine gewisse Faszination aus. Nach der Hälfte kommen dann noch leicht proggige Elemente mit hinzu. Bass und Schlagwerk leiten dann das Ende ein, das Gitarren mit hallendem Gesang, sanften Flächen und Naturgeräuschen verbindet.

Das Album endet mit dem 12:12minütigen „...for the puzzles of the future.“, das mit einem flackernden Keyboardintro beginnt. Nach zwei Minuten kommt dann erneut die Stimme von Jiddu Krisnamurtis hinzu. Und ab Minute drei explodieren dann Le Mur in einem ekstatischen Part, der sich aber nach einer Minute wieder beruhigt und mehr in Richtung Dub weist. Zum Ende wird es dann wieder rockiger und druckvoller.

Le Mur haben sich auf ihrem neuen Album „Keep Your Fear Away From Me“ weiterentwickelt. Zwar sind sie sich - was die Kombination von verschiedenen Stilen betrifft - treu geblieben, doch haben sie auch neue Elemente mit eingebracht. Ein Album, das Zeit zum Reifen braucht und dem man sich ganz widmen muss, bis es seine ganze Strahlkraft entfaltet.

Stephan Schelle, Juni 2023

   

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