John Illsley – Live In London
Creek Records / Rough Trade (2015)

(15 Stücke, 74:13 Minuten Spielzeit)

Wenn von den Dire Straits die Rede ist, dann haben die meisten Mark Knopfler vor Augen. Bassist John Illsley blieb dagegen immer ein wenig im Schatten. Mittlerweile hat John aber schon vier Studioalben veröffentlicht und gezeigt, dass er ebenfalls ein guter Musiker ist. Vor allem sein letztjähriges Album „Testing The Water“ fand sowohl bei Kritikern, wie auch bei Fans großen Anklang. Am 27.02.2015 erscheint nun ein Livemitschnitt aus dem Jahr 2012.


Zusammen mit den Musikern Robbie Mcintosh (Gitarre, Backgroundgesang), Simon Johnson (Gitarre, Backgroundgesang), Steve Smith (Keyboards, Backgroundgesang) und Moses Van den Bogarde (Schlagzeug, Perkussion) war er 2012 live zu sehen. Das hier vorliegende Livekonzert wurde im September bei einem Auftritt im The Half Moon-Pub in Putney (im Westen Londons) mitgeschnitten. Neben sechs Eigenkompositionen fanden sich auch sieben Klassiker der Dire Straits sowie zwei Coverversionen von Leonard Cohen („First We Take Manhattan“) und Pink Floyd („Another Brick In The Wall“) auf der Setlist.

Die Liveatmosphäre wurde sehr gut eingefangen. Man hat das Gefühl direkt im Publikum zu stehen. Los geht es mit der Eigenkomposition „Toe The Line“ von John’s Album „Streets Of Heaven“. zunächst glaubt man einen Dire Straits-Song zu hören, denn die Gitarre und der Gesang kommen der Band, mit der John seine größten Erfolge feierte, sehr nahe. Aber auch Wishbone Ash & Tom Petty blitzen ein wenig durch. Das ist schon mal ein sehr schöner Beginn.

Mit den Songs „Walk Of Life“, „Once Upon A Time In The West“ mit leichterem Reggae-Rhythmus, als es das Original hergibt und das atmosphärische „Private Investigations“ legt er dann die erste Strecke an Dire Straits-Songs hin. Musikalisch ist das kaum von den Originalen zu unterscheiden, John spielt die Songs vielleicht ein wenig sanfter, einzig der Gesang kommt nicht ganz an Mark Knopfler heran. Mit dem Song „Young Girl“, das er seiner Tochter gewidmet hat, geht es dann mit einer weiteren Eigenkomposition weiter, die zeigt, dass John ein ebenso guter Songwriter ist, wie Mark Knopfler himself.

Und weiter geht es mit einem Klassiker, „Sultans Of Swing“, das nichts von seiner Faszination verloren hat. John und Band interpretieren es perfekt. Mit „First We Take Manhattan“ macht sich John einen Leonard Cohen-Song zu Eigen und interpretiert ihn in seiner eigenen, sehr stark an Dires Straits angelehnten Form. Auch in dieser Version macht die Nummer Spaß, auch wenn sein Gesang aus meiner Sicht der Schwachpunkt bei diesem Klassiker ist.

Mit „Another Brick In The Wall“ setzt er dann gleich noch eine Coverversion drauf, bei der er sich aber doch recht stark am Original orientiert. Der Song hätte auch im Dire Straits-Gewand nicht wirklich Sinn gemacht. Zwar fügt sich das Stück gut ins Liveprogramm ein, kann aber nicht den Spirit des Originals erreichen, auch wenn das Gitarrensolo sehr schön rüberkommt. Dann doch lieber mit „Streets Of Heaven“ (der Song geht wirklich gut unter die Haut) und „I Thought I Saw It Coming“ (hat er da etwa einen Rhythmus wie bei Alan Parsons „The Raven“ eingebaut?) wieder zwei wunderbare Eigenkompositionen. Dem lässt er dann mit „Romeo And Juliet“ eine weitere Nummer der Dire Straits folgen.

Mit „When God Made Time“ hat er einen Song im Programm gehabt, der erst auf seinem letztjährigen Album „Testing The Water“ erschienen ist. Eine tolle, sanft rockende Nummer. In seinem Song „Is It Real“ mischt John dann Dire Straits mit Bluesrock, eine recht gute Kombination. Das Ende bilden erneut zwei Klassiker von Dire Straits, nämlich „Brothers In Arms“ und „Money For Nothing“.

Wer die Dire Straits liebt, der wird auch das Livealbum von John Illsley mögen, denn nicht nur die Klassiker seiner damaligen Band, sondern vor allem die Eigenkompositionen, atmen das Flair der britischen Ausnahmeband. Ein richtig gutes Livelabum, das Appetit auf die Konzerte macht, wenn John mit seiner Band sieben Gigs im März 2015 in Deutschland absolviert.

Stephan Schelle, Februar 2015

   

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