Joe Jackson - Fast Forward
earMusic (2015)

(16 Stücke, 71:28 Minuten Spielzeit)

Joe Jackson, der sich mit seinem Song „Steppin‘ Out“ und seinem Album „Night And Day“ unsterblich gemacht hat, ist ein rastloser Songwriter. Seine Wandlungsfähigkeit, die ihn nicht nur auf den zuvor genannten Song reduzieren lässt, ist bekannt. Er überrascht immer wieder mit seinen Veröffentlichungen. Allerdings liegt das letzte Album mit eigenen Songs schon sieben Jahre zurück, da wurde es dringend Zeit für ein neues Werk.


Doch „Fast Forward“ sollte eigentlich kein komplettes Album werden, stattdessen hatte Joe Jackson vor vier EP’s herauszubringen, die jeweils in unterschiedlichen Städten aufgenommen wurden. Doch der Kosmopolit entschied sich zum Glück anders und hat so mit „Fast Forward“ einen weiteren Meilenstein am 02.10.2015 veröffentlicht, der in gleicher Reihe mit Werken wie „Night And Day“ steht.

Jeweils vier Songs hat Jackson in vier verschiedenen Aufnahmestudios, die in Amerika und Europa liegen und bei denen er mit immer wechselnden Musikern gearbeitet hat, eingespielt. Diese vier Abschnitte sind unterteilt und nach den Aufnahmeorten betitelt.

Als erstes sind die Stücke, die Jackson in New York (seiner langjährigen Heimatstadt) aufgenommen hat, auf dem Album zu finden. Schon das eröffnende Titelstück zeigt die ganze Magie dieses Songwriters. Mit seinen unverwechselbaren Harmoniefolgen auf dem Piano und seiner eindringlichen Stimme schiebt er sich unweigerlich unter die Haut des Hörers und lässt ihn nicht mehr los. „Fast Forward“ ist eine wunderbare Ballade. Kraftvoller wird es dann in „If It Wasn’t For You“, bei dem Erinnerungen an seine frühen Glanztaten erwachen.

Dann folgt mit „See No Evil“ eine von zwei Coverversionen, die Joe Jackson in seinem ganz eigenen Stil präsentiert. Das Stück aus dem Jahr 1977 wurde im Original von der amerikanischen Rockband Television auf ihrem Debütalbum herausgebracht. Jackson verleiht dem Stück mit einem fetten Bass und einer intensiven Spielart seinen ganz eigenen Stempel, behält den Spirits des Originals aber bei. Abgeschlossen wird dieser erste Part dann von der hinreißenden Ballade „Kings Of The City“, das einen hohen Gänsehautfaktor aufweist. Das ist Artpop vom Feinsten.

Die nächsten vier Stücke wurden in Amsterdam aufgenommen. Dieser Teil beginnt mit einem treibenden „A Little Smile“. Mit dem Niederländischen Concertgebouw Orchester und dem gerade mal 14jährigen Gastsänger Mitchell Sink, der mit seiner hohen Stimme dem Stück eine ganz besondere Note verleiht, geht es dann in „Far Away“ weiter.

Jazzige, lateinamerikanische Rhythmen bestimmen dann das Bild von „So You Say“. Diesen Song könnte ich mir gut in einem James Bond-Film vorstellen. Auch das rhythmische „Poor Thing“, das diesen Part beschließt, überzeugt durch seine wunderbare Instrumentierung (mit Bläsern) und seiner intensiven Melodie.

Mit dem rockigen Popsong „Junkie Diva“ geht es dann zum nächsten Aufnahmeort, Berlin. Die deutsche Hauptstadt bezeichnet Jackson als seine zweite Heimat. Hypnotisch und ein wenig düster wird es dann in „If I Could See Your Face“, während „The Blue Time“ ganz großes Kino ist. Jackson öffnet mit seinem Piano weite musikalische Räume. Ein Song zum Dahinschmelzen. „Good Bye Jonny“ ist eine weitere Coverversion. Dieses Mal hat sich Jackson einen deutschen Kabarettsong aus den 30’er Jahren vorgenommen, der vor allem durch die Interpretation von Hans Albers in dem deutschen Film „Wasser für Canitoga“ berühmt wurde. Jackson hat diesen, wie eine Moritat wirkenden Song, ins englische übersetzt und interpretiert ihn ebenfalls auf seine ureigenste Weise. Damit haucht er diesem betagten Song neues Leben ein.

Dann wechseln wir wieder in die Staaten, wo Jackson die letzten vier Songs in New Orleans aufgenommen hat. „Neon Rain“ ist der wohl härteste und rhythmischste Track des ganzen Albums. Das betörende „Satellite“ (erinnert mich ein wenig an Dexy’s Midnight Runners), das leicht Reggae angehauchte „Keep On Dreaming“ und das mit ethnischen Rhythmen und herrlichen Retroorgelsounds unterlegte „Ode To Joy“ (ist ein richtiger Rock/Pop-Kracher), beschließen das Album.

Mit „Fast Forward“ hat Joe Jackson ein herausragendes Album geschaffen, das die lange Wartezeit von sieben Jahren seit dem letzten Studiowerk mit eigenen Songs rechtfertigt. Auf den gesamten 71:28-Minuten Spielzeit gibt es keinen einzigen Schwachpunkt. Höchste Empfehlungsstufe !!!

Stephan Schelle, Oktober 2015

   

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