Jan Koemmet - Loewenstern
Sonic Revolution / Soulfood (2019)
(12 Stücke, 54:54 Minuten Spielzeit)

Der Wuppertaler Jan Koemmet hat viele Talente. Er ist Sänger und Gitarrist, Komponist und Texter, Tontechniker, Grafik-Designer, Unternehmer, Autor, Hochschuldozent und sogar Koch. Jan Koemmet hat eine langjährige musikalische Laufbahn hinter sich, doch erst Ende September 2019 veröffentlicht er sein erstes Soloalbum, das den Titel „Loewenstern“ trägt.


Der bekennende Opern-Fan Jan Koemmet ist schon seit Jahrzehnten im Musikbusiness unterwegs. Einen besonderen Hang hatte er als Sologitarrist immer wieder zum Metal. Vor allem die Zeit beim deutschen Metal-Export Accept (Album: ‚Restless and Wild’) schwebt wie ein Damoklesschwert über seiner musikalischen Karriere. Nach dem Ausstieg aus seiner letzten Metal-Band Lion Twin im Jahr 2015 wurde dieses Kapitel jedoch endgültig abgeschlossen und an eigenen Solo-Songs gearbeitet, die mit Metal nunmehr keinerlei Berührungspunkte mehr haben. Außerdem war er einige Jahre als Gitarrist Mitglied im Starlight Express Orchester in Bochum und ist aktuell Tenor und Mitglied des Extrachors der Oper Wuppertal.

Das Album hat er quasi im Alleingang erstellt, denn er singt nicht nur und spielt alle Instrumente bei den Stücken, er hat auch das Artwork und die zwölf Bilder im 28seitigen Booklet erstellt. Darüber hinaus enthält die CD noch ein ausfaltbares, von Jan signiertes Kunstdruck-Plakat mit einem Motiv aus dem Booklet. Dies ist auf 500 Exemplare limitiert.

Deutsche Texte mit viel Gefühl und Tiefgang, eingebettet in wundervolle Pop-Arrangements prägen Jans aktuelles musikalisches Universum. „Ich fühle mich mit meinem neuen Projekt künstlerisch und musikalisch wesentlich freier“, sagt Jan. „Darüber hinaus ist es mir wichtig, dass ich die Texte in meiner Muttersprache kraftvoller und tiefgründiger erzählen kann.“ Darum ist es dann auch kein Zufall, dass er den legendären Rio Reiser, der nach seinem frühen Tod von der Presse als der ‚deutsche Bob Dylan’ geadelt worden ist, zu einem seiner Vorbilder zählt.

Seine Texte sind von mythischen Geschichten aus der Bibel und der klassischen Antike, sowie von Autoren wie Rainer Maria Rilke, Franz Kafka, Friedrich Nietzsche, Hermann Hesse, Thomas Mann oder Milan Kundera inspiriert. Thematisch haben seine Songs oft einen autobiografischen Bezug oder sie sind politisch motiviert. „Mich bewegen nicht nur meine eigenen Erlebnisse, sondern auch die Themen, die draußen in der Welt passieren“, verdeutlicht der überzeugte Veganer und ehemalige linke Aktivist und nimmt Bezug auf die ehemals enge Verbindung zwischen Rockmusik und Gesellschaftskritik: „Ich spreche darüber, informiere mich, schreibe Songs und bin insofern Teil jener Musik, die die Konflikte unserer Gegenwart anspricht. Das ist meine Aufgabe.“

Musikalisch kann Jan seine Musical-Phase nicht verleugnen: Viele Songs sind großflächig instrumentiert und man hört, dass Jan nicht nur eine Oper von Mozart, Strauß oder Wagner gehört bzw. gesehen hat. „Ich kann gar nicht anders, als immer wieder auf diese klassische Struktur zurückzugreifen, um eine große Atmosphäre zu erschaffen“, erläutert der Künstler. Die meisten Refrains seiner Lieder haben einen klaren Ohrwurm-Charakter. „Ich möchte Songs erschaffen, deren Melodien leicht zu memorieren sind und textlich eine intellektuelle Tiefe mitbringen“, betont Jan. „Diese Kombination der Gegensätze reizt mich bei meiner künstlerischen Arbeit.“

Musikalisch hat sich Jan Koemmet weit von seinen Metalphasen entfernt. Lediglich in dem ein oder anderen Song blitzt mal ein Gitarrensolo auf, das an seine härtere Vergangenheit erinnert. Ansonsten bewegen sich die Songs in seichteren Gewässern und bieten zumeist eingängige Popmusik mit deutschen Texten. Das beweist beispielsweise der eröffnende Titelsong, der für mich zu den Highlights des Albums zählt da er einen Ohrwurmartigen Refrain besitzt. Der Song ist wie eine Zeitreise, in dem er einige Ereignisse aus der Vergangenheit sprachlich sehr ansprechend zu einem Songtext verwebt.

Atmosphärisch funkige Klänge kommen dann in „Nie wieder“ auf, einem eingängigen Popsong, in dem dann Jan ein sehr schönes Gitarrensolo eingebaut hat. Einen pumpenden Beat hat Jan dann dem Song „Abschied“ unterlegt. Im Refrain kommen Fagottklänge auf, was die Nähe zu klassischer Musik und Musical belegt. Der Beat ist aber wieder sehr Poporientiert, es klingt wie Pop meets Musical. Jan schafft es aber die Tücken der Belanglosigkeit des Schlagers zu umwinden. Erneut fügt er ein wunderbares Gitarrensolo ein.

Ein Song der zum mitsingen förmlich gemacht ist, ist „Heute Nacht“. Der Refrain ist so eingängig wie ein Apres-Ski-Song. Das ist nicht der einzige Song, der in diese Richtung geht. Leichten Gothic-Einschlag mit Popappeal bietet dann „Von den Sternen lernen“. „Wisst ihr noch?“ hat ein leichtes NDW-Flair in das ein sehr rockiges Gitarrensolo implementiert wurde. Eine sehr schöne Midtemponummer ist das wunderbare „Vaterlos im Mutterland“. Mehrstimmigen sakralen, chorahlen Gesang bestimmt dann das Stück „Alpha und Omega“ das ohne Instrumente auskommt.

Der Gitarrist und Sänger Jan Koemmet hat seine Metal-Phase hinter sich gelassen und bietet auf seinem Solo-Debütalbum „Loewenstern“ deutsche Popmusik. So ganz kann Jan dabei seine Musical-Ära nicht verleugnen. Einige Male weisen die Songs in Richtung Schlager, Jan schafft es aber diese wenigen Hürden zu umschiffen.

Stephan Schelle, September 2019

   

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