Hipgnosis - Relusion

Hipgnosis - Relusion
Hipgnosis-Art / Rockserwis (2012)
(6 Stücke, 72:15 Minuten Spielzeit)

Nach „Sky Is The Limit“ (2006) und dem Livealbum „Still Ummadelling“ (2007) hat sich die polnische Progrock-Formation Hipgnosis (nicht zu verwechseln mit dem berühmten Designerstudio, das wegweisende Plattenhüllen für Künstler wie Pink Floyd gemacht hat) fünf Jahre für ihr drittes Album, das im Herbst 2012 auf den Markt kommt, Zeit gelassen. Das dritte Album trägt den Titel „Relusion“ und glänzt auf den ersten Blick durch ein sehr schön gestaltetes achtseitiges Digipack.


Dem ist auch noch ein zwölfseitiges, aufklappbares Poster beigefügt, das die ganze Pracht des Coverlayouts zeigt und in dem auch die Texte enthalten sind.

Nur sechs Stücke enthält die CD, die mit dem 19minütigen Track „Cold“ beginnt. Hier geht das polnische Sextett, bestehend aus SeQ (Keyboards, Schlagzeug, Electronics), KuL (Gesang), PiTu (Bass, Gesang), ThuG Keyboards), Little Rave N. (Gitarre) und Prince Olo (Gitarre), recht progressiv vor. Da treffen zum einen recht elektronisch wirkende Parts, die Mal an ELP, dann wieder an Ozric Tentacles und ein anderes Mal an typische Progrock-Bands erinnern aufeinander.

Als Inspirationsquelle haben Hipgnosis das Buch „The God Delusion“ von Richard Dawkins auf der Plattenhülle angegeben. Somit sollen sich die Songs - wie das Buch - um die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Religionen drehen. Da passt es auch ins Bild, das im Innern ein Bild zu sehen ist, das Technik und den Himmel miteinander verbindet, was gut zum letzten Track „Large Hadron Collider“ passt. Der letzte Track handelt doch von dem Versuch Antimaterie herzustellen, dem so genannten „Gottesteilchen“, dessen Erforschung beispielsweise im Schweizer CERN nachgegangen wird.

In ihre Musik mixen die Polen darüber hinaus noch weitere Zutaten wie etwa jazzige Elemente, Artrock, Ambient, waveartige Rhythmen und Spacerock. Das Ganze kommt dabei recht komplex, abwechslungsreich, treibend und proggig rüber, was schon im ersten Track „Cold“ deutlich herauszuhören ist. Dem schließt sich gleich mit „Cult Of Cargo“ ein weiterer Longtrack an, der es auf zehn Minuten Spielzeit bringt. Hypnotische Sounds verbinden sich mit dem zarten Gesang von KuL (sie klingt wie eine sanfte Ausgabe von Björk). Im weiteren Verlauf explodieren aber die Instrumente, da die Band eine Soundwand aufzieht, die für einen heftigen Break sorgt, nur um darauf wieder in sanftere Gefilde abzudriften.

„Dr What“ ist einer der kürzeren Stücke und zeigt melodische, rhythmische Strukturen. Der Song geht gut ins Ohr. Sehr elektronisch zeigt sich dann das Stück „The Garden“, das wie aus der Zeit von Pink Floyd’s „Wish You Were Here“ entrissen scheint. Dieser Track sticht so ein bisschen heraus, da er sehr stark in diesem Stil verhaftet ist und keine Breaks aufzuweisen hat.

Danach geht es mit dem gut neunminütigen Titelstück wieder recht rockig mit herrlichen Soli weiter. Den Abschluss bildet dann das mehr als 22minütige „Large Hadron Collider“, das sehr technologisch und unterkühlt klingt. Man kann sich dabei sehr gut in die Laufbahnen der Elektronen und Elektroden versetzen. Endlos scheinen die elektronischen Klangschwaden durch den Raum zu rauschen. Erst nach gut zehn Minuten schälen sich Songstrukturen aus den rauschenden Elektronikschwaden heraus. Dann wird es fast schon Krautrock artig mit einer Spur Ozric Tentacles / Quantum Fantay & Co. Und auch die Gitarre darf noch einmal ein tolles Solo spielen. Das ist schon mehr der Kategorie Elektronikmusik als dem Artrock zuzuordnen.

Aus meiner Sicht ist das zweite Studioalbum der polnischen Band Hipognosis ein hochgradig spannendes und intensives Werk geworden, das verschiedene musikalische Stilrichtungen in sich vereint. Dazu kommt das herrliche Layout des Covers. Diese Scheibe sollte man sich gönnen.

Stephan Schelle, November 2012

   

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