Hattler -  Warhol Holidays

Bassball Recordings/36music / Broken Silence (2016)
(13 Stücke, 60:54 Minuten Spielzeit)

Nach dem 2013’er Studioalbum „The Kite“ von Hattler, dem Musikprojekt des Bassvirtuosen Helmut Hattler, erscheint am 19.08.2016 der Nachfolger unter dem Titel „Warhol Holidays“. Mit Hattler verbindet der Bassist (Kraan, Bassmann, Tab Two) Jazz mit Pop und würzt dies mit seinem unwiderstehlichen Groove, den er auf dem Bass spielt. Darüber hinaus werden die Songs von der ausdrucksstarken Stimme der Sängerin Fola Dada getragen.


Das Album „Warhol Holidays“ ist im Grunde auskomponierte Lebenserfahrung: Hattler hat verschüttete Erinnerungen, Empfindungen wieder freigelegt – Beglückendes, Schmerzhaftes, Sehnsüchtiges, Witziges. Auch in den Texten finden sich jede Menge biographischer Mitbringsel: Etwa im ironischen Blick auf berauschte Hippiezeiten in „High On A Mountainbike“ oder im entspannten wie im tiefen Song „Love And Freedom (No Smiley)“. Im Titeltrack „Warhol Holidays“ blitzt die Erinnerung an die Anfänge der Pop-Art auf: Wie nahe liegen Kunst und Kommerz beieinander? Ist die Rebellion der Popkultur nicht längst von einem einlullenden Wohlgefühl abgelöst worden? Und was bedeuten die Fragen von einst in der heutigen Zeit? Der Song „Warhol Holidays“ überträgt sie auf die falschen Versprechen, die traurigen Verführungen dieser Tage.

„Es geht im Moment sehr darum, die momentane Situation zu relativieren und künstlerisch zu erfassen. In Zeiten wie diesen (Stichwort: AfD, NSA, Anti-Demokraten auf dem Vormarsch) braucht es eine Positionsbestimmung“. So Hattler. Was ist mein Kern? Was macht mich aus?

Wer allerdings nun ein verkopftes Album erwartet, der liegt falsch. „Warhol Holidays“ ist ein Album mit tollem Groove und wunderbaren Melodien geworden. Schon das eröffnende „Spell E.Z.“ (ausgesprochen: spell easy) zeigt die tolle Mischung aus eingängigen Melodien und kraftvollem Groove. Dabei bohrt sich gleich Fola’s Stimme unter die Haut, da sie eine unglaublich intensive Ausstrahlung besitzt.

Eine wahre Rhythmusorgie ist „Spy“, bei dem der Bass so richtig funky klingt und die Gitarre einige jazzige Motive einstreut. Das Titelstück startet dann mit einer betörenden Soloeinlage von Fola Dada. Dann setzen Bass und Gitarre ein und entwickeln einen soghaften Rhythmus. Tanzbar wird es dann in „Love And Freedom (No Smiley)“, einem tollen Song, der nahe an den Titeltrack von „The Kite“ heranreicht.

Auch einige Instrumentalstücke wie „Sand am Meer“, das eine sehr relaxte Stimmung erzeugt (Sitar ähnliche Klänge treffen auf, jazzige Motive und einen sanften Rhythmus), dem melodisch/relaxten „Parallelgesellschaftstanzmusik“ (mit sehr schöner Percussion), dem fett groovenden „Mint“ oder das durch seine ethnische Rhythmik herausstechende „Kraal Jam“ mit Hammondorgel, die an Santana’s erste Alben erinnert, finden sich auf dem Album.

„Warhol Holidays“ ist ein klasse Album mit tollen Melodien und herrlichem Groove, so wie es nur ein Helmut Hattler hinbekommt. Daneben steht die eindringliche Stimme von Sängerin Fola Dada. Sehr zu empfehlen.

Stephan Schelle, Juli 2016

   

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