Hattler -
Velocity Zunächst ein paar Infos aus der Presseinfo: Was für ein gemischtes Album-Doppel. Gerade noch bekam man beim Pfeifen des „Wintruper Echo“ ein mulmiges Gefühl, da sich Deutschlands Bassisten-Instanz Hellmut Hattler mit einer schweren Krankheit im Infight befand, da erscheinen im Herbst gleich zwei neue Tonträger. Diese könnten lebendiger und vielfältiger kaum klingen. |
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Am
12.10.2018 veröffentlicht Hellmut Hattler, der wohl beste Bassist, den wir
in unserem Land haben, gleich zwei Alben. Neben „The Trio Years” seiner
Formation Kraan ist dies sein neues Studio-Album „Velocity”. Hattler zur
Seite standen wieder mehrere Musiker. Und mit Sängerin Fola Dada hat er
wieder diese wunderbare Stimme an Bord, die einige der Songs veredelt. Dass
überhaupt Musik von Hellmut Hattler veröffentlicht wird, ist ein Wunder,
denn sein Leben stand auf Messers Schneide. Er musste eine schwere
Blutkrebserkrankung überstehen und hat zeitweise nicht mehr damit
gerechnet in die Saiten seines Basses greifen zu können. Die Chemie, die
die Fremdkörper eliminieren sollte, lähmte zeitweise die Motorik seiner
Finger. Umso erfreulicher ist es, das neue Werk „Velocity” in den Händen
zu halten und die wunderbare Musik auf die Ohren zu bekommen. Hellmut hat
wieder tolle Melodien und Rhythmen erstellt, die abwechslungsreich sind
und eine Menge Spaß bereiten. Mehrere
Wochen Isolation auf einer Intensivstation brachten das neue Album schließlich
ins Rollen. Musik musste sein. Sterben oder sich deren heilender Kraft
bedienen, waren die Alternativen, zwischen denen Hellmut Hattler wählen
konnte. Sein Körper war buchstäblich am Ende, aber sein Spirit verlangte
danach, musikalische Grußbotschaften nach draußen zu schicken. Aber wie?
Alles, sogar sein Bass war wegen drohender Keime verboten. Nach langem
Tauziehen mit der Ärzteschaft, durfte das besaitete Holz schließlich
unter strengen Auflagen aufs Zimmer getragen werden. „Da
lag ich dann damit im Bett, musste ihn alle zwei Tage desinfizieren,
konnte aber testen, ob ich motorisch überhaupt noch in der Lage war,
spielen zu können“, erinnert sich Hellmut Hattler. „Die vier Wochen
vorher war ich zum allerersten Mal seit meiner Jugend vom Bass getrennt
gewesen. Wenn meine Hände lahm geblieben wären, hätte ich vermutlich
alles aufgegeben. Mir wurde während dieser Zeit noch mal ganz deutlich
klar, wie sehr die Musik Teil meiner Lebenskraft war. Zum Glück ertappte
ich mich ganz langsam wieder beim Finden von Themen, aber nicht beim
Gedanken an deren Verwertung, denn ich war ja mit Überleben beschäftigt.“
Stück für Stück gab die Musik schließlich mehr Kraft als sie raubte.
Und sie führte raus aus der Isolation, aus der permanenten Beschäftigung
mit der Krankheit. Plötzlich sah Hellmut Hattler wieder Licht, Helligkeit
und empfand Wohlbefinden. Schon
das erste Stück des Albums, das Instrumental „Anthem For Approaching
Starships” zeigt eine gewisse Lebensfreude, denn es zeigt eine gewisse
Offenheit, die ansteckend ist. Ein wunderbarer Titel zum Einstieg in das
neue Album. Funky und poppig zeigt sich dann der erste gesungene Track
„Teaser”. Der fette Bass und Fola’s Stimme sind eine perfekte
Kombination. Der Song hat gehöriges Ohrwurmpotenzial. Einmal im Ohr lässt
er einen nicht so schnell los. „Mayday In Paradise”, ein weiterer von
Fola gesungenes Stück, ist ein Song, das aus meiner Sicht nahe an meinen
Lieblingstrack „The Kite” vom gleichnamigen Album herankommt.
„Mayday In Paradise” besitzt eine unglaubliche Intensität. Da ist Gänsehaut
garantiert. Ein
weiteres Highlight des Albums ist das wunderbare „Delhi Mail”, das über
die gesamte Länge von 8:25 Minuten eine fesselnde Faszination verströmt.
Hier kommen indisch klingende Sounds auf, die mit einem treibenden Groove
vermengt werden, der süchtig macht. Und der Refrain dieses Instrumentals
ist nicht von dieser Welt. Beim Hören der CD im Auto habe ich mich
erwischt, wie ich allein dieses Stück mehrfach hintereinander gehört
habe. Auch die restlichen Stücke sind von hoher Qualität. Hellmut
Hattler geht auf seinem neuesten Studioalbum, das den Titel „Velocity”
trägt, wieder abwechslungsreich und teilweise mit hypnotischen Grooves
und herrlichen Melodien ans Werk. Ein grandioses Werk des deutschen
Bassmann’s schlechthin. Hohe Empfehlungsstufe. Stephan Schelle, Oktober 2018 |
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