Gov’t Mule – Dark Side Of The Mule
Provogue / Mascot Label Group (2014)

(24 Stücke, 180:09 Minuten Spielzeit)

Die amerikanische Band Gov’t Mule war ursprünglich ein Sideprojekt des Rock- und Blues-Gitarristen und Sängers Warren Haynes, der lange Jahre Mitglied der Allman Brothers Band war. Doch aus dem Sideprojekt ist eine viel beachtete Jamband geworden, die seit gut 20 Jahren besteht und auf zahlreiche Veröffentlichungen und Konzerte zurückblicken kann. Ein besonderes Geschenk macht die Band um Warren Haynes den Fans kurz vor Weihnachten, denn mit „Dark Side Of The Mule“ startet die Band eine dreiteilige Reihe von Veröffentlichungen aus ihrem reichhaltigen Livearchiv.


Jedes Jahr spielen Gov’t Mule ein Konzert zu Halloween, das zum einen aus eigenen Stücken besteht und zum anderen Interpretationen von großen Bands beinhaltet. Die Band überrascht dabei die Fans immer mit neuen Interpretationen. In der Vergangenheit gab es schon Songs von Jimi Hendrix, The Rolling Stones, The Who und Led Zeppelin. Der Mitschnitt auf „Dark Side Of The Mule“, der beim Konzert am 31.10.2008 aufgenommen wurde, lässt vom Titel und vom Cover schon erkennen, welcher Band sie an diesem Abend Tribut zollten.

Ca. 90 Minuten des dreistündigen Konzertes bestand aus Interpretationen von Pink Floyd-Songs. Gov’t Mule hat sich bei dem Konzert aber nicht nur dem Album „Dark Side Of The Moon“ gewidmet, sondern auch Stücke von „Meddle“, „Wish You Were Here“, „Animals“ und „The Wall“ gespielt.

Zur Besprechung lag mir die Limited Edition vor, die aus drei CDs und einer DVD besteht, die in einem zehnseitigen Digipack untergebracht sind. Daneben gibt es noch ein achtseitiges Booklet mit einigen Infos zu den Stücken.

Die erste CD besteht aus Songs von Gov’t Mule selbst. In diesem ersten Set bietet die Band Blues und Westcoast angehauchten Rock. Das geht mit Songs wie dem eröffnenden „Brighter Days“ gut ab. Man kann sagen dass diese Stücke schon zum Standard der Band gehören. Hier stechen aber schon eine sehr proggige Variante von „Gameface“ (was vor allem den recht spacigen Mittelteil betrifft), das über zwölf Minuten zelebriert wurde sowie die 19minütige Kombination der psychedelisch angehauchten Stücke „Trane / Eternity’s Breath / St. Stephen Jam“ heraus. Die Band jammt in diesem ersten Teil schon was das Zeug hält.

Der Höhepunkt sind aber die 14 Pink Floyd-Stücke, die sich über die CDs 2 und 3 verteilen. Warren Haynes hatte, um die Authentizität der Songs zu gewährleisten, seine Gibson gegen eine Fender Stratocaster und eine Telcaster ausgetauscht, um den Sound von David Gilmour nachzuempfinden. Und das ist ihm wirklich gut gelungen, denn einige Songs sind nahe am Original, während andere auch sehr stark die Handschrift von Gov’t Mule tragen.

Los geht es mit dem atmosphärischen „One Of These Days“ vom Album „Meddle“. Hier ist die Band sehr nah am Original dran, klingt aber etwas rauer, als Pink Floyd. Beim folgende „Fearless“ ist dann deutlich Gov’t Mule’s Handschrift zu erkennen, was nicht nur an Warren’s Gesang liegt. Eine sehr gute Version, wie ich finde, die aber den Spirit des Originals deutlich atmet.

„Shine On You Crazy Diamond Part 1-5“ ist dann wieder sehr nah am Original angelehnt. Sehr schön ist in diesem Track Ron Holloway’s Saxophonspiel. „Have A Cigar“ zeigt dann wieder einige Nuancen, die von Pink Floyd abweichen. Da kommt eine kleine Portion Blues in den Song. Die Synthie-Effekte in „On The Run“ sind etwas dezenter und kommen in dieser Liveversion nicht so zur Geltung wie beim Original, was recht schade ist, denn der Sound ist hier etwas dünn.

Ein Höhepunkt ist sicherlich „The Great Gig In The Sky“ bei dem sich die Backgroundsängerinnen Machan Taylor, Sophia Ramos und Dunga McBroom-Hudson abwechseln und zumindest eine von ihnen gar in ekstatische Höhen aufsteigt. Da ist Gänsehaut pur angesagt. Den Abschluss bilden dann auf CD Nummer 3 mit „Million Miles From Yesterday“ und dem zehnminütigen „Blind Man In The Dark“ wieder Stücke aus der eigenen Feder.

Die DVD bietet den kompletten Auftritt als Konzertfilm, bei dem der Sound in Stereo und Dolby Digital 5.1 angewählt werden kann. Das nenne ich mal ein Rundumpaket.

Die Reihe wird im Januar mit „Sco-Mule“, einem Auftritt aus 1999, das die Band zusammen mit John Scofield gegeben hat und im März mit dem Album „Dub Side Of The Mule“ fortgesetzt.

Mit „Dark Side Of The Mule“ haben Gov’t Mule ein wirklich tolles Geschenk für die Fans herausgebracht. Nicht nur die Freunde der Band, sondern auch für Pink Floyd-Fans ist diese Veröffentlichung eine wahre Freude, denn obwohl sich die Band sehr an den Originalen orientiert, atmen die Stücke Livefeeling und haben genug eigene Substanz. Ein tolles Package.

Stephan Schelle, Dezember 2014

   

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