Ginger – From The Road

Ginger – From The Road
Taliesyn Records (2011)
(9 Stücke, 61:19 Minuten Spielzeit)

Nach dem viel beachteten Debütalbum vor einem Jahr bieten Ginger nun mit der Veröffentlichung der Liveaufnahmen ihrer Herbsttour einen weiteren musikalischen Leckerbissen. „From The Road“ zeigt die Improvisationslust der vier Schweizer und deren hartnäckiges Streben nach handgemachter, improvisierter Rockmusik im 21. Jahrhundert. Soweit der Pressetext.

Auf der Bühne stand das vom Debüt bekannte Quartett bestehend aus Marc Walser (Gitarren, Gesang), Micha Bütikofer (Gesang, Gitarre, Trompete), Ariane „Arie“ Bertogg (Bass, Gesang) und Dominik Jucker (Schlagzeug).


Das Album kombiniert sowohl neuere Stücke des letztjährigen Studioreleases „Going Through Arlanda“, als auch älteres Songmaterial, das nie veröffentlicht wurde. Nebst einem aktuellen Spiegel des technischen Können und der stilistischen Bandbreite der vier jungen Züricher ist das Album also auch eine Reise durch die vierjährige Bandgeschichte, in der das Quartett mit dem etwas ungewöhnlichen Lineup (zwei Sänger, einer davon spielt auch Trompete) gut 150 Livekonzerte in halb Europa gegeben und sich in der Szene für 60er und 70er Rock langsam aber sicher einen Namen gemacht hat.

Mit „Crosstown Bar Blues“ und „Drive Baby“ befinden sich lediglich zwei Stücke vom Debütalbum „Going Through Arlanda“ auf der Live-CD. Daneben gibt es die beiden Coverversion von „Set The Controls …“ und der Van Morrison Nummer „Gloria“ auf dem Album.

Eröffnet wird die CD, deren Stücke auf der 2010’er Tour in Berlin, Göttingen, Bönningheim und Zürich mitgeschnitten wurden, mit dem Pink Floyd-Klassiker „Set The Controls For The Heart Of The Sun“. Mit einem bayrischen Ansager wird die Band vorgestellt, was auf mich schon mal exotisch wirkt. Dann legen die Schweizer los. Für mich ist dies schon das zweite Mal, dass ich dieses Stück dieses Jahr in einer Coverversion auf CD erleben darf. Während Vibravoid auf ihrem Album „Minddrugs“ allerdings eine total hypnotische und faszinierende Version des Pink Floyd Stückes abliefern, überzeugt mich die Ginger-Version nicht wirklich. Auf gut 10:30 Minuten weiten sie das Stück aus. Die Version ist bei weitem nicht schlecht, allerdings wirkt sie auf mich gegenüber der Vibravoid-Fassung etwas zahnlos und müde.

Nach der Pink Floyd-Nummer kommt straighter Rock im Song „Letters“ an die Reihe. Sehr ungewöhnlich ist hier der Einsatz der Trompete, der in krassem Gegensatz zum Gesangsstil, der mich ansatzweise an David Byrne von den Talking Heads erinnert, steht. Sehr gut gefällt mir hier auch das Gitarrensolo. „Drive Baby“ geht ordentlich ab und die volle Ladung Blues gibt es dann mit „Crosstown Bar Blues“ in der Marc Walser gar die Stimmfarbe eines alten Bluessängers bekommt. In den eigenen Stücken verbinden Ginger Blues, Rock und Psychedelic zu einer sehr guten Melange.

Im 2:15minütigen „Jam“ wird ein wenig improvisiert und im direkt anschließenden „Drums“ kann Dominik Jucker zeigen, was er hinter der Schießbude anrichten kann. Nach dem unter anderem mit Funkrhythmen unterlegten „Winds Of Dust Part II“ und der Bluesrocknummer „Sugar Mama“ endet die CD mit dem Van Morrison-Cover „Gloria“, das hier auf über acht Minuten gestreckt wird. Ein wenig klingt das für mich wie eine Version von Tito & Tarantula mit psychedelischem Ansatz.

Auch live machen Ginger eine gute Figur, was mit dieser CD dokumentiert wird. Allerdings gefällt mir die schweizer Band am besten, wenn sie sich auf ihre eigenen Stücke fokussiert. Das zeigt sich vor allem in der zahnlosen Version von Pink Floyd’s „Set The Controls …“. Ansonsten liefern Ginger einen ordentlichen Livemitschnitt ab, der zeigt, dass sie es drauf haben.

Stephan Schelle, Juli 2011

   

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