Flaming Bess
– Wrinkle Of Time Im
Jahr 1979 machte die Düsseldorfer Band Flaming Bess mit ihrem Debütalbum
„Tanz der Götter“ Furore. Mit ihrer musikalischen Reise in eine
Fantasiewelt um die Hauptfigur Flaming Bess mit ihren kobaltblauen
Mandelaugen und ihrem Gatten Arkana schufen sie ein eigenes Genre, das im
Sommer 2023 mit Album Nummer 8 (das dritte Album wurde unter dem Pseudonym
Key veröffentlicht) mit dem Titel „Wrinkle Of Time“ zu Ende geführt
wird. |
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Als
Gründungsmitglied sind Hans Wende (Bass, Gitarre) und Peter Figge
(Tasteninstrumente) noch dabei. Achim Wierschem (Gitarre, Programmierung,
Produktion) gehört seit den frühen 80’er Jahren zu Flaming Bess. Hans
Schweiß (Schlagzeug), der Anfang der 80’er schon zur Band gehörte,
dann eine längere Pause einlegte, ist 2013 wieder zur Formation gestoßen
und seither dabei. Diese Formation, unterstützt von den Sängern Mike
Hartmann, Kevin Symonds, der Sängerin Aurora Ferrer, dem Gitarristen Andrés
Rexach sowie den Tastenmännern Martin Kuna, Markus Roth und Peter Allion,
haben ein Dutzend neuer Stücke eingespielt, die den Silberling mit 79
Minuten Spielzeit komplett ausnutzen. Darüber hinaus spricht den Text in
den Stücken „Scriptum Praeterita I“ und „Scriptum Praeterita II“
Dr. Markus Wierschem (Sohn von Achim Wierschem). Waren
die Cover in der letzten Zeit immer von sehr ansprechenden Fantasybildern
bestimmt, so ziert das aktuelle Album das Gesicht von Flaming Bess, das
sich auch schon auf dem Debütalbum aus 1979 befand. So schließt sich
dann auch grafisch der Kreis. Die Rückseite des Digipaks zeigt dann aber
doch noch eine Grafik, die zum Albumtitel passt. Das Booklet ist sehr schön
gestaltet und beinhaltet eine Menge an Informationen wie etwa die
Bandgeschichte sowie Statements der Bandmitglieder über den
Entstehungsprozess des Albums und die jahrzehntelange tiefe Freundschaft
und Zusammenarbeit als Flaming Bess. Auch eine Timeline, die die Zugehörigkeit
der einzelnen Musiker darstellt, ist im Booklet enthalten. In
den Texten hat die Band auch einiges zu ihrer Bandgeschichte einfließen
lassen. Im Titelsong „Wrinkle of
Time” wird zwischen den Zeilen unsere Bandgeschichte auf metaphorische
Weise erzählt: ,,Now here we are again at the end of an age … ” So
ist auch das für Flaming Bess typisch lyrische und musikalische Konzept
dieses Mal eine Retrospektive auf all das, was schon geschehen ist. In
dieses Projekt haben wir unser Herzblut gesteckt: ,, We gave everything
until our souls were dry … ” und das ist unüberhörbar. Musikalisch
hat die Band eine eigene Handschrift entwickelt, die zwar im Art-/Progrock
verankert, aber immer wieder von verschiedenen stilistischen Elementen
durchzogen ist. So ist das auch auf dem aktuellen Werk „Wrinkel Of
Time“. Vor allem in den Longtracks und Instrumentals blühen die Musiker
aber so richtig auf. Gestartet
wird mit dem 6:58minütigen „Shadows Of Dawn“ das von Mike Hartmann
gesungen wird. Recht funkige Gitarren mischen sich in diesen proggigen
Track. Gastgitarrist Andrés Rexach verziert dieses Stück mit einem sehr
schönen Gitarrensolo. Bei
Flaming Bess gehört es dazu, dass die Alben durch einen gesprochenen Text
in ihre Fantasywelt eingeführt werden. Während die Songs auf Englisch
eingesungen wurden, ist der gesprochen Text auf Deutsch. Der erste Teil
wird im 2:28minütigen „Scriptum Praeterita I“ von Dr. Markus
Wierschem gesprochen. Sein Text ist von atmosphärischen elektronischen
Sounds (Flächen, Harmonien) unterlegt. Dann
folgt mit dem 14:15minütigen Titelstück das erste Highlight des Albums.
Proggige Keyboards und eine sanfte Pianomelodie eröffnen das Stück, das
wieder von Mike Hartman gesungen wurde und anfangs eine leichte Prise Alan
Parsons beinhaltet (was die Melodieführung betrifft). Ab Minute Zwei
steigen die anderen Musiker mit ein und es entwickelt sich ein sanfter
proggiger Song. Der Song ist von herrlichen Gitarrenmotiven bzw. -Soli
durchzogen. Nach gut viereinhalb Minuten kommt ein Synthmotiv auf, das von
Martin Kuna eingespielt wurde. Das ist einfach grandios gemacht. Atmosphärisch
zeigt sich dann das 4:40minütige Instrumental „On The Edge“, bei dem
erneut André Rexach ein Gitarrensolo beisteuerte. Darauf folgt aber mit
dem 9:40minütigen „Distance“ gleich ein weiterer Longtrack. Sanfte
Keyboardflächen, auf die sich eine Pianomelodie legt, starten in dieses
Stück, das von Kevin Symonds gesungen wird. Die ersten vier Minuten sind
aber instrumental. Achim zaubert dabei auf seiner Gitarre mit
unglaublichem Gefühl ein wunderbares Solo. In der zweiten Hälfte zeigt
sich „Distance“ als sehr intimes Stück, was vor allem auch an Kevins
Gesang liegt. „Cold
Comes The Night“ ist ein Stück, dass das musikalische Markenzeichen von
Flaming Bess gut widerspiegelt. Die Band zaubert in dem 6:21 Minuten
langen Instrumentalstück eine sanfte Atmosphäre, durchzogen von einer
sehr schönen Melodie, die für Gänsehaut sorgt. Rockiger wird es dann
zunächst im 6:43minütigen „Time Flies“. Das Stück wechselt aber
mehrfach Struktur, Melodie und Rhythmus. Das ist hochgradig spannend. Sehr
gut gefällt hier auch das von Hans Wende markante Bassspiel. Aurora
Ferrer übernimmt dann im 5:57minütigen „Dreamfall“ den Gesang.
Herrliche Gitarren und Keyboardflächen haben etwas von Genesis und
vermischen sich mit einer Melodie, die wie für einen James Bond Film
gemacht ist. Es
folgen noch das über weite Strecken sanfte „Wind Of Hope“, das aber
auch leichtes Popfeeling verströmt, das balladeske „Now I Regret“,
das auch aktuelle Popeinflüsse beinhaltet sowie das wieder mit deutschem
Text versehene „Scriptum Praeterita II“. Das
Album wird dann mit einem weiteren Highlight, dem 10:54minütigen
„Universal Mind“ abgeschlossen. Hier trifft Art-/Progrock auf Melodic
Rock. Die Band spielt in diesem Song auch mit der Dynamik. Ein hochgradig
spannender Song, der über die volle Länge fesselt. Auch
wenn die Musiker nicht mehr zu den Jüngsten gehören, so zeigen sie sich
doch von ihrer spielfreudigen Seite und man mag kaum glauben, das dies
schon der Abgesang auf Flaming Bess sein soll. „Wrinkle Of Time“ ist
ein klasse Art-/Progrock-Album geworden, das ich jedem Fan dieses Genres
nur wärmstens ans Herz legen kann. Stephan Schelle, Juni 2023 |
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