Esthesis – Out Of Step
Eigenvertrieb / www.esthesismusic.com (2025)

(9 Stücke, 47:26 Minuten Spielzeit)

Die französische Band Esthesis ist mir erstmals auf dem Night Of The Prog-Festival 2023 aufgefallen, wo sie einen eindrucksvollen Auftritt auf die Bretter legte. Am 15.11.2025 veröffentlichte die Band - drei Jahre nach ihrem letzten Album - ihren dritten Longplayer, der den Titel „Out Of Step“ trägt. Die aktuelle Besetzung besteht aus dem Kopf der Band Aurélien Goude (Keyboards, Gesang, Gitarren, Sampling) sowie Remi Geyer (Lead-Gitarre), Marc Anguill (Bass), Arnaud Nicolau (Schlagzeug) und Mathilde Collet (Backgroundgesang). Das LineUp ist bis auf den Lead-Gitarristen unverändert.


Auf ihren ersten beiden Alben ging es recht atmosphärisch zu. Dabei waren aber auch schon Vergleiche zu Porcupiune Tree & Co. auszumachen. Aber auch ein gewisser cineastischer Sound umgibt die Stücke der Band. Sie selbst sehen sich als Alternative- und Post-Progressive-Rock-Band zwischen cineastischen Atmosphären, Art-Rock-Experimenten und scharfen Riffs.

Goude, der für die Musik und die Texte verantwortlich zeichnet, hat für die Songs des neuen Albums, wie in einem aktuellen Interview zu lesen war, die direktesten und persönlichsten Texte geschrieben, die er je zu Papier gebracht hat. „Connection“ handelt beispielsweise von der Schwierigkeit in der heutigen Zeit echte Beziehungen zu haben. Gerade in der aktuellen medialen Zeit ist es schwer echte Verbindungen zu Menschen aufzubauen, ohne dass man hinter einem Bildschirm ausharrt.

Und mit „Connection“ beginnt auch das Album. Hier zeigt sich schon zu Beginn, dass es ein wenig düsterer auf darauf zugeht. Ein leicht mystischer Beginn wechselt in einen rockigen Part, der auch an Künstler wie Steven Wilson erinnert. Die Melodie wirkt leicht träge und melancholisch, wird aber immer wieder von rauen Gitarreneinschüben unterbrochen.

Im folgenden „The Frame“ beschäftigt sich Goude mit Themen wie Entfremdung und das Gefühl, in der eigenen Routine und im eigenen Leben gefangen zu sein. Er ist aber der Auffassung, dass das Album keine pessimistische Ausrichtung besitzt, sondern legt Beobachtungen zugrunde und weist auf einige Hilfsmittel hin. Ein wichtiger Teil dabei ist auch die Selbstreflexion. In dem Stück sind vor allem herrliche Keyboardflächen am Anfang zu hören. Dann setzen Gitarre, Bass und Schlagwerk ein und bieten zunächst einen atmosphärischen Artrock. Das besitzt aber auch eine gewisse melancholische Grundnote. In dem Stück kommen zudem Taktwechsel auf, die so typisch für den Prog sind. Goudes Stimme legt sich sanft auf die Instrumente, während im Refrain der cineastische Stil, der Band hervorkommt. Ein sehr schöner, melodischer Song.

Das erste Mal werden die Songs von dem nur etwa einminütigen „Fractures #1“ unterbrochen. Hier präsentiert die Band ein kurzes, atmosphärisches Zwischenspiel. Danach folgt dann das Titelstück „Out Of Step“. Ein schöner Rhythmus und leicht disharmonische Keyboardsounds starten in dieses Stück, das wieder in Richtung Steven Wilson weist. Ein hochgradig spannender Song, der durch hypnotische Instrumentalparts besticht.

Etwas leichter kommt dann „City Lights“ aus den Boxen. Wunderbare Keyboardharmonien verbinden sich mit sanftem Schlagzeug. Die Gitarre bringt darüber hinaus atmosphärische Klänge, die mich vom Sound ansatzweise an Bands wie The Cure erinnern. Und auch der Gesang schlägt in die atmosphärische Kerbe. Ein Song, der einen aus dem Hier und Jetzt beamt. Mit „Fractures #2“ schließt sich dann ein weiteres, kurzes atmosphärisches Zwischenspiel an, das hier aber etwas rhythmischer angelegt ist.

Sehr melodisch zeigt sich „Circus“ mit einem angenehm entspannten Groove, der aber immer wieder vom Schlagwerk vorangetrieben wird und im Verlauf auch an Dynamik gewinnt. Der akzentuiert gespielte Bass punktet ebenso. Darauf folgt mit dem fast elfminütigen „The Storm“ das längste Stück des Albums. Helle Keyboardsounds leiten in den Longtrack ein. Das Stück entwickelt sich immer weiter und ist vielleicht der härteste Track des Albums, denn an einigen Stellen erinnern die Gitarren an Bands wie Black Sabbath & Co. Esthesis spielen in diesem Stück aber mit der Dynamik und so wechseln sich ruhige mit druckvollen Passagen ab.

Den Abschluss des Albums bildet dann der Bonustrack „Abyss“. Ein abwechslungsreicher Instrumentaltrack, der neben atmosphärischen Strecken auch Postrockartige Parts enthält.

Esthesis haben sich seit ihrem Beginn kontinuierlich weiterentwickelt. Auf „Out Of Step“ haben sie neben atmosphärischen Klängen auch den Härtegrad an einigen Stellen etwas angezogen. Insgesamt legt die Band aber auch weiterhin großen Wert auf die Melodien. Ein klasse Album mit dem sich die Band im Artrock eine feste Position erspielt hat.

Stephan Schelle, Dezember 2025

   

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