Eloy – The Classic Years Trilogy
Vertigo / Universal Music (2019)

(20 Stücke, 135:39 Minuten Spielzeit jeweils auf 3 CDs und 3 LPs)

Neben den Scorpions gehören Eloy zu den bekanntesten Bands aus Hannover. Ende der 60’er / Anfang der 70’er Jahre entwickelte sich in Deutschland eine neue Generation von Musikern, die einen neuen Stil entwickelten oder den der großen amerikanischen bzw. britischen Vorbilder abwandelte. In die Reihe der namhaften Bands wie Amon Düül II, Grobschnitt, Nektar, Novalis, Triumvirat oder die eher elektronischen Vertreter wie Ashra (vormals Ash Ra Temple), Kraftwerk, Neu und Tangerine Dream gehören auch die 1969 von Frank Bornemann gegründeten Eloy.


Sänger, Gitarrist und Komponist Frank Bornemann ist seither der Kopf hinter Eloy und die einzig feste Konstante bis zum heutigen Tag. Zwischen 1971 und 2017 veröffentlichen Eloy insgesamt 18 Studio- sowie zwei Livealben. 2017 erschien für viele Fans und Musikfreunde unerwartet nach einer achtjährigen Pause das letzte Album „The Vision, The Sword And The Pyre (Part1)“, auf dem sich Bornemann mit der Geschichte von Jeanne D’Arc befasst. Derzeit arbeitet er intensiv am zweiten Teil.

Zum 50jährgen Bandbestehen ist es daher Zeit für eine Retrospektive. Dies wird am 26.04.2019 mit einer Box gefeiert, die drei der wichtigsten Alben der Band zusammenfasst. Das Werk nennt sich „The Classic Years Trilogy“ und umfasst die drei Alben „Dawn“ (1976), „Ocean“ (1977) und „Silent Cries And Mighty Echoes“ (1979), mit der die Band die Bezeichnung der deutschen Pink Floyd verliehen bekam. Die Box ist auf weltweit 2000 Exemplare limitiert und druchnummeriert.

Bevor im Jahr 1976 Eloy ihr erstes Meisterwerk mit „Dawn“ erschien, hatte die Hannoveraner Formation bereits vier Alben veröffentlicht („Eloy“, „Inside“, „Floating“ und „The Power And The Passion“). Nach „The Power And The Passion“ brach die damalige Formation auseinander, Bornemann blieb allein zurück, hatte aber den Rückhalt des Plattenlabels. Eher durch Zufall traf Bornemann auf Klaus-Peter Matziol (Bass, Gesang), Detlev Schmidtchen (Tasteninstrumente, Gitarre, Gesang) und Jürgen Rosenthal (Schlagzeug, Percussion). So entstand das für viele Musikfreunde klassische LineUp von Eloy. Ähnlich wie bei Deep Purple die Mark II-Besetzung so war Eloy’s LineUp, das die Alben drei Alben der Jahre 1976 bis 1979 herausbrachte, dass das am Nachhaltigsten in Erinnerung blieb.

Ein Jahr nach der Veröffentlichung des Konzeptalbums „The Power And The Passion“ erschien das fünfte Album von Eloy unter dem Titel „Dawn“. Frank Bornemann blickte trotz des Auseinanderfallens des LineUps direkt nach Erscheinen von „Power And The Passion“ nach vorne. Angetrieben von einer Vision und einem Schuldenberg, der sich trotz guter Plattenverkäufe angesammelt hatte, schaffte Bornemann es drei neue Mitstreiter in Hannover zu finden, die nicht nur ein Jahr nach „The Power And The Passion“ ein neues Album herausbrachten sondern mit „Dawn“ auch gleichzeitig ein wegweisendes Werk schafften, das über die Landesgrenzen hinaus große Beachtung fand. Das ist umso erstaunlicher, da Frank Bornemanns Gesang mit seinem deutlich deutschen Akzent gewöhnungsbedürftig war und nicht bei allen Musikbegeisterten Anklang fand. Wahrscheinlich ging daher auch lange Zeit die deutsche Presse nicht wohlgesonnen mit dem Hannoveraner Exportschlager um. Das schmälerte den Erfolg aber keineswegs, denn mit „Dawn“ brach – dem Namen entsprechend – auch gleichzeitig ein neues Zeitalter für Eloy an. Das lag auch daran, dass die drei neuen Musiker sich perfekt auf Frank’s Ideen einließen und darüber hinaus auch dem Sound ein breiteres Spektrum verschafften. Das Album strotzt nur so vor wuchtiger Sounds, erhabenen Momenten und wunderbaren Melodien. Es gibt keinen Ausfall auf diesem herausragenden Album.

Wer glaubte, das Eloy mit „Dawn“ ihr Opus Magnum erschaffen hatten, der rieb sich die Augen und Ohren, denn auf dem ein Jahr später folgenden Konzeptalbum „Ocean“ legte die Band noch mal eine Schippe drauf. Eloy thematisierten beispielhaft am Untergang von Atlantis eine Warnung vor Katastrophen in der Welt, die unseren Planeten gefährden. Mit ihrem Konzeptalbum katapultierten sich Eloy in die Riege der erfolgreichsten deutschen Bands.

Nach dem großen Erfolg von „Ocean“ wollten Eloy einen gleichwertigen Nachfolger hinterherschieben. Aus diesem Grund verschanzten sich die Musiker in einem Haus an der französischen Normandieküste um ungestört an neuem Material zu arbeiten. Gab es bereits beim Vorgänger-Album Spannungen, so konnte die Band diese auch bei der neuen Produktion nicht ablegen. Mit guten Vorsätzen wurde das Material für „Silent Cries And Mighty Echoes“ in Köln eingespielt und reichte daher qualitativ nahe an „Ocean“ heran. Damit unterstrichen Eloy ihren mittlerweile hohen Status in der deutschen Rockgarde. Es sollte allerdings das letzte Studioalbum dieser klassischen Besetzung bleiben.

Bereits zum 35jährigen Jubiläum wurden die Eloy-Alben in neu remasterter Form auf CD herausgebracht. 2004 erschienen so die von Hans-Jörg Maucksch remasterten Alben „Dawn“, „Ocean“ und „Silent Cries And Mighty Echoes“ auf CD. Für die aktuelle Veröffentlichung, die in einem speziell gestalteten Pappschuber daherkommt und die drei Alben sowohl in der Vinyl als auch in der CD-Version präsentiert, hat Eroc sich der Originalbänder angenommen und neu remastert. Wer die Remasterings von Eroc kennt, der weiß dass hier alles aus den Aufnahmen herausgeholt wird, was nur geht. Nicht umsonst wurden einige seiner Bearbeitungen von Fachzeitschriften zu Referenzwerken ernannt.

Die drei 180 Gramm-Vinyl-Schallplatten enthalten das Original Artwork in vierseitigen Klappcovern. „Dawn“, das 1976 in einem Steckcover herauskam, wurde so auch ein Klappcover spendiert. Die Innenseiten wurden allerdings in Anlehnung an die 2004’er CD-Remasters neu gestaltet und mit den Songtexten versehen. Die drei CD-Fassungen wurden ebenfalls in einem LP-Klappcover verpackt, in dem sich in der Innenseite auch noch Statements der ehemaligen Bandmitglieder befinden. Anders als in den 2004’er Wiederveröffentlichungen sind diese aber nicht auf Deutsch, sondern in englischer Sprache abgedruckt.

Eroc hat einen ausgewogeneren und homogeneren Sound durch sein Mastering erzeugt. Das wird beispielsweise im Opener „Awakening“ des Albums „Dawn“ deutlich, bei dem das Gewitter weniger Höhen hat als bei der 2004’er Version. Auch „The Sun-Song“ kommt so wesentlich stimmiger rüber. Zeigte sich „Ocean“ schon klanglich in der 2004’er Version sehr gut, so sind es hier nur Nuancen, die Eroc durch sein Mastering verbessern konnte. Gleiches gilt für „Silent Cries And Mighty Echoes“. Ob der Unterschied bei den CD-Versionen einen Kauf rechtfertigt muss daher jeder selbst entscheiden. Allerdings hat das Mastering bei den Vinyl-Versionen durch den warmen, transparenten Sound erheblich gewonnen.

Das Tafelsilber der deutschen Artrockband Eloy, bestehend aus „Dawn“, „Ocean“ und „Silent Cries And Mighty Echoes“ darf in keiner guten Plattensammlung fehlen, da ist die am 26.04.2019 erscheinende Box genau das Richtige. Leider muss man aber im Vergleich zu den 2004’er CD-Remasters auf die ausführlichen Linernotes verzichten, die ich mir in dieser Box gewünscht hätte. Wer also die 2004’er Ausgaben besitzt sollte daher überlegen, ob diese limitierte Box benötigt wird. Vinyl-Freunde finden hier aber einen Schatz der deutschen Rockmusik.

Stephan Schelle, April 2019

   

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