Dwiki Dharmawan – Hari Ketiga
MoonJune Records (2021)

(9 Stücke, 154:40 Minuten Spielzeit)

Dwiki Dharmawan gehört zu den begabtesten und gefeiertsten Musikerpersönlichkeiten Indonesiens: ein Multi-Genre-Keyboarder, ein erfahrener Komponist und Produzent und ein gewissenhafter Friedensaktivist, der sich gleichermaßen für den Erhalt der Umwelt einsetzt. So beschreibt sich der indonesische Musiker auf seiner Internetseite selbst. Er ist bereits seit 30 Jahren tätig und veröffentlichte Ende 2020 sein neuestes Album „Hari Ketiga“ beim MoonJune-Label.


Auf dem Album trifft man dann auch einige bekannte Namen aus dem Label-Umfeld, die an der Produktion mitgewirkt haben. So gehören zur Stammbesetzung des Albums neben Dwiki Dharmawan selbst, der Piano, Mini Moog, Fender Rhodes, Harmonium spielt und darüber hinaus Occasional Voices & Ambient Noises beisteuert, Boris Savoldelli (Gesang, Spracheffekte, Live Electronics), Markus Reuter (Touch Guitar, Live Electronics) und Asaf Sirkis (Schlagzeug, Cymbals, Occasional Ambient Noises), die gleichberechtigt agieren und die Musik auch komponiert haben. Außerdem sind bei zwei Stücken noch weitere Gastmusiker beteiligt gewesen, darunter die Deta Manu Art Group.

Aufgenommen wurde das Album am 17. Mai 2017 (dem 55. Geburtstag von Labelchef Leonardo Pavkovic) an den magischen Schauplätzen von La Casamurada in Spanien. „Hari Ketiga“ wird von Leonardo selbst als eines der besten Alben angesehen, die jemals auf MoonJune Records veröffentlicht wurden.

Die ausführlichen Linernotes im 28seitigen Booklet von Hari Ketiga präsentieren sich als Logbuch einer Reise von der Erde zum Mond und darüber hinaus, um mit Musik aus fernen Planetensystemen in Kontakt zu treten.

Unterteilt ist das Album in neun Akte, von denen die ersten drei mit Laufzeiten von 13:49 bis 34:02 Minuten Spielzeit den ersten Silberling füllen. Die zweite CD beinhaltet dann die weiteren sechs Parts mit Laufzeiten zwischen 6:52 und 19:23 Minuten Länge.

Gestartet wird auf der Erde mit dem 28:22minütigen „Act I Earth“. Zunächst ist eine sanfte, akzentuiert gespielte Pianomelodie zu hören, in die sich helle Cymbal-Klänge mischen. Nach nicht ganz zwei Minuten kommt dann neben Schlagzeug auch Gesang hinzu, der in italienischer Sprache gesungen wird. Jetzt wird eine schöne Atmosphäre aufgebaut, die zwischendurch durch schräge Klänge unterbrochen wird. Jazzig wird es dann nach einigen Minuten, ohne aber den harmonischen Fluss zu unterbrechen. Sanfte ruhige Momente treffen auf herrliche Melodiebögen, spacige fast hymnische Passagen und jazzig/experimentelle Klänge. So fügt Dwiki im letzten Drittel ein treibendes Pianosolo hinzu, das teils eruptiv ausbricht. Dies führt dann aber wieder in eine sehr akzentuiert gespielte Pianopassage mit elektronischen Effekten, die an Science Fiction-Soundtracks erinnern, in denen sich ein Raumschiff in den Weiten des Alls verliert.

Weiter geht es mit dem 34minütigen „Act II The Man“, das mit sphärischen, elektronischen Sounds und Piano sowie Stimmeffekten beginnt. Das hat was mystisches, vor allem wenn dann die düsteren Gitarrensounds aufkommen. Auch hier kommen wieder Stimmen auf, dieses Mal aber in Englisch gesprochen. Die Band wechselt im Verlauf immer wieder die Sprache. In diesem Stück kommen einige sehr jazzig/experimentelle Passagen auf, die teils etwas verstörend wirken. Das liegt vor allem auch an dem gekreischten Gesang. Dann wechselt die Band wiederum zu akzentuierten Passagen und stimmlichen Sounds, die an Theatermusik denken lassen.

Als drittes kommt dann das 13:49minütige „Act III The Event Horizon“ an die Reihe, das sich von einer sehr harmonischen Seite zeigt. Im weiteren Verlauf kommen dann auch jazzig gespielte Passagen hinzu. Der Fokus liegt hier aber auf der Melodie/Harmonie.

Die zweite CD beinhaltet dann die Acts IV bis IX, die alle den Charakter dieser Reise durchs Universum musikalisch umsetzen. Vom 19:23minütigen „The Loneliness Of Universe“, das streckenweise durch seine elektronischen Klänge sehr sphärisch wirkt, dann aber auch treibende, fast eruptive, jazzrockige Passagen aufweist, bis zum abschließenden 11:24minütigen „The Memory Of Things“, das über weite Strecken vom Pianosound bestimmt wird, reicht dieser zweite Silberling.

„Hari Ketiga“, mit dem uns der indonesische Tastenvirtuose Dwiki Dharmawan auf eine musikalische Reise mitnimmt, ist ein spannendes Werk aus dem Hause MoonJune Records. Die Protagonisten Dharmawan, Savoldelli, Reuter und Sirkis agieren traumwandlerisch und erzeugen so eine geheimnisvolle Stimmung. Dabei wechseln sie von sehr melodiösen bis hin zu experimentellen und sehr jazzigen Passagen. Für Jazzfreunde ist das ein wahres ein Fest. Aber auch nicht Jazzbegeisterte finden in diesem Album sehr schöne Momente.

Stephan Schelle, März 2021

   

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