Devin Townsend Project - Addicted

Devin Townsend Project - Addicted
InsideOut / EMI (2009)
(10 Stücke, 46:44 Minuten Spielzeit)

Im Mai 2009 hat der Meister der Prog-Metal-Gitarre, Devin Townsend mit dem Album “Ki” sein auf vier Alben ausgerichtetes Project begonnen. Mitte November geht dieses Projekt, bei dem Devin wieder einige Gastmusiker gewinnen konnte (er wählt die Musiker immer so aus, dass sie zur aktuellen Stilrichtung der Songs auf einem Album passen), in die zweite Runde. Der Titel des neuen, zweiten Albums der Serie lautet „Addicted“. Für den Gesang konnte er dieses Mal die ehemalige Sängerin von The Gathering, Anneke von Giersbergen, gewinnen.


War Devin auf seinem letzten Album „Ki“ stilistisch neue Wege gegangen, so führt ihn „Addicted“ wieder mehr zu seinen Wurzeln zurück. Er selbst sagt: „Mit ‚Ki’ habe ich musikalisches Neuland beschritten und diese Erfahrung extrem genossen. Nichtsdestotrotz war klar, dass ich innerhalb des Zyklus von insgesamt vier Alben irgendwann Songs schreiben würde, die sich mehr an meinem Backkatalog orientieren. Genau diese Songs finden sich auf ‚Addicted’.“ Und so erinnern einige der kraftvollen Klangwände auch an Alben wie „Ocean Machine“.

Los geht es mit dem Titelstück, das zunächst einmal mit elektronischen Klängen aufwartet, dann übernehmen aber harte Riffs die Oberhand des Songs. Während Anneke einen sehr weiblichen und eingehenden Gesang liefert, wirkt Devin’s fast growlartiger Gesang als Kontrapunkt, der dem Track eine ungeheuere Wucht verleiht und die gutae Anneke förmlich an die Wand singt. Nahtlos leitet Devin in den zweiten Song „Universe In A Ball!“ über, das von gleicher Kraft zeugt. Der Song wirkt zunächst recht überladen auf mich und wird seine ganze Struktur und Vielfalt erst nach mehrfachem Hören entfalten. Bei diesem wuchtigen Sound brauche ich erst mal einige Zeit um wieder runter zu kommen.

„Bend It Like Bender!“ ist fast schon Partyrock mit psychedelischem Einschlag. Das hat eine Menge Pop-Appeal und könnte gut im Radio laufen, aber bei Devin geht es trotzdem nie seicht zu. Im nächsten Track „Supercrush!“ treffen harte Metalgitarren auf eingängige Melodiestrukturen. Allerdings habe ich den Eindruck, als wolle Devin den Hörer mit seiner Wucht förmlich die Sinne vernebeln und sich ganz nebenbei mit einigen versteckten Melodien von hinten in die Hirnrinde eingraben. Ähnliches bieten auch die restlichen Stücke. Etwas aus dem Rahmen fällt dabei aber der sehr schöne Song „Ih-Ah!“, bei dem über weite Strecken Akustikgitarre und Piano den Duettgesang von Anneke und Devin begleiten. Ein toller Song, der zum zwischenzeitlichen Durchatmen geeignet ist.

„Addicted“ ist ein intensives, vor Kraft und Wucht nur so strotzendes Album, nach dem ich mich erst einmal erholen muss, so nimmt es mich mit. Devin schaffte es aber auf seltsame Weise seine Härte mit Melodiebögen zu verknüpfen, die immer wieder aus diesen Soundwällen hervortreten oder sich heimlich aus dem Hinterhalt in die Gehörgänge schleichen. Ein unglaubliches Album, das man erst mal auf sich wirken lassen muss. Da fällt mir ganz spontan die Werbung eines Minzpastillen-Herstellers ein, bei dem es abgewandelt heißt „Bist du zu schwach, ist er zu stark“.

Stephan Schelle, November 2009

   

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