Creedence Clearweater Revival – At The Royal Albert Hall
Craft Recordings / Universal Music (2022)
(12 Stücke, 42:37 Minuten Spielzeit)

Die US-amerikanische Band Creedence Clearwater Revival, kurz CCR, gab am 14. und 15.04.1970 Konzerte in der Royal Albert Hall, in London. Seit Jahrzehnten kursieren unter den Fans von Creedence Clearwater Revival Gerüchte über einen lange Zeit verschollenen Mitschnitt ihrer legendären Show von 1970 in der Londoner Royal Albert Hall. Jetzt bestätigt Craft Recordings, dass die Gerüchte tatsächlich wahr sind. Am 16.09.2022 erscheint nun das Konzert in verschiedenen Formaten.


Unter dem Titel „At The Royal Albert Hall“ kommt das Konzert als CD, LP (schwarz), LP (farbig) sowie digital auf den Markt. Mir lag zur Besprechung die CD-Version vor, die in einem vierseitigen Papersleeve erscheint und ein zwölfseitiges Booklet enthält.

Nachdem die Original-Mehrspurbänder etwa 50 Jahre lang lagerten, wurden sie von dem mit dem GRAMMY® Award ausgezeichneten Produzententeam Giles Martin und Sam Okell sorgfältig restauriert und abgemischt. Die beiden betreuten bereits unzählige gefeierte Projekte gemeinsam, darunter The Beatles „Love“, die Jubiläumsausgaben zum 50-jährigen Bestehen von „Abbey Road“ und „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ sowie die Aufnahmen für Peter Jacksons „The Beatles: Get Back“. Die LP wurde von dem gefeierten Tontechniker Miles Showell in den Abbey Road Studios gemastert, wobei die Half-Speed-Technologie für ein hochwertiges Hörerlebnis eingesetzt wurde.

Als Creedence Clearwater Revival am 14. April 1970 - nur wenige Tage nach der Bekanntgabe der Auflösung der Beatles - die Bühne der Royal Albert Hall betraten, war die kalifornische Gruppe wohl gerade eine der populärsten Bands der Welt geworden. Im Vorfeld des Auftritts hatten CCR ein beispielloses „magisches Jahr“ erlebt, wie Jeff Bridges im Film erzählt. „In nur zwölf Monaten hatte die Band fünf Top-10-Singles und drei Top-10-Alben („Bayou Country“, „Green River“, „Willy and the Poor Boys“) in den amerikanischen Charts platziert und damit die Beatles übertroffen. Sie traten in der legendären Ed Sullivan Show auf und spielten vor über einer Million Menschen in ganz Amerika, einschließlich der Hunderttausende, die sich in Woodstock versammelt hatten.

In der Tat durchdrang der Südstaaten-Swamp-Rock-Sound der Band während des gesamten Jahres 1969 die weltweiten Radiowellen. Singles wie „Proud Mary“, „Green River“, „Fortunate Son“ und „Down on the Corner“ waren in ganz Europa, Nordamerika, Asien und Australien in den Top Ten, während „Bad Moon Rising“ im Vereinigten Königreich und Neuseeland auf Platz 1 landete. Aber CCR waren mehr als nur ein kommerzieller Erfolg. Ende 1969, so Bridges, „galt John Fogerty als einer der politisch bedeutendsten Songwriter Amerikas“, nachdem er in „Fortunate Son“ die Klassenverhältnisse inmitten des Vietnamkriegs scharf kommentierte. Die Kritiker schenkten CCR große Aufmerksamkeit, und der Rolling Stone erklärte sie zur „besten amerikanischen Band“. Zu Beginn des neuen Jahrzehnts spielten Creedence ein triumphales Konzert in ihrer Heimatstadt im Oakland Coliseum. Weniger als vier Monate später, im April, begab sich die vierköpfige Band auf ihre erste Europatournee - eine Tournee mit acht Konzerten, die sie unter anderem nach Holland, Deutschland, Frankreich und Dänemark führte.

Die Band betrachtete ihre beiden ausverkauften Shows in London als eine Art Test, um den Erfolg ihrer Europatournee zu messen. CCR eröffneten den ersten Abend mit „Born on the Bayou“ und spielten ein energiegeladenes Set mit zwölf Songs. „Was Creedence von vielen ihrer Zeitgenossen unterschied, war ihre Fähigkeit, den Sound ihrer Platten sowie die ursprüngliche Erregung und Freude an ihren Konzerten auf der Bühne zu produzieren, die aus ihrer Liebe zur Live-Performance resultierte“, erklärt Bridges.

Als sie die Show mit „Keep on Chooglin’„ beendeten, wurde die Band vom Publikum mit 15-minütigen Standing Ovations gefeiert. Am nächsten Tag erhielten sie begeisterte Kritiken von renommierten Publikationen wie der Times und dem NME, deren Autor kühn erklärte: „Creedence Clearwater Revival hat zweifelsfrei bewiesen, dass sie nach mehr als meiner Meinung die größte Rock’n’Roll-Band der Welt ist. In ihren fähigen Händen ist der wahre Geist der Rockmusik nicht nur lebendig und gut, sondern er tritt auch wie ein Maultier.“ Während ihres zwei Nächte dauernden Auftritts in dem berühmten Veranstaltungsort traten CCR nicht nur in die Fußstapfen von Bands wie den Rolling Stones, Led Zeppelin, Jimi Hendrix und den Beatles, sondern bewiesen, dass sie ihnen ebenbürtig waren.

„CCR At The Royal Albert Hall“ zeigt die Band auf dem Höhepunkt ihrer Karriere in der renommiertesten und begehrtesten Halle Londons. Auf dem Album sind John Fogerty, Tom Fogerty, Doug Clifford und Stu Cook zu hören, mit klassischen Hits wie „Fortunate Son“, „Proud Mary“ und „Bad Moon Rising“. Ein weiteres Zeichen der Zeit war, dass Auftritte von Bands - im Vergleich zu Heute - noch recht kurz ausfielen. Und so ist das Album auch gerade mal eine dreiviertel Stunde lang.

Das Dutzend Songs bewegt sich in Spielzeiten von 2:11 bis 8:37 Minuten Länge. Während die meisten Songs um die zwei bis dreieinhalb Minuten dauern, spielten CCR zum Konzertauftakt eine fünfminütige, kraftvolle Version von „Born On The Bayou“. Hier zeigt sich schon, dass die Jungs sehr gut eingespielt waren. Neben diesem Opener zählen „Fortunate Son“, „Midnight Special“, „Bad Moon Rising“, „Proud Mary“ sowie das auf übe acht Minuten ausufernde „Keep On Chooglin“ zu den Highlights des Konzertmitschnittes. Vor allem der Abschlusstitel „Keep On Chooglin“ ist von treibenden Soli durchzogen.

Zwar ist das komplette Konzert in Stereo und der Klang ordentlich, allerdings klingt das Ganze - aufgrund des Alters - ein wenig stumpf. Das macht aber die Qualität der live dargebotenen Songs locker wett. „At The Royal Albert Hall“ ist ein musikalisches Zeitdokument, das auch heute noch richtig Spaß macht.

Stephan Schelle, September 2022

   

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