Chris Evans / David Hanselmann - Stonehenge

Chris Evans / David Hanselmann - Stonehenge
Warner Music (1980 / 2013)
(14 Stücke, 62:37 Minuten Spielzeit)

Die konzentrischen Steinkreise von Stonehenge, das in der Nähe des britischen Salisbury gelegen ist, gehören nicht nur zu den Weltkulturerben, sie üben auch seit Menschengdenken eine hohe Faszination aus. Viele Mythen drehen sich um die berühmten Steinformationen und ziehen alljährlich eine Schar von Menschen an, die diesem Mythos eine persönliche Bedeutung zuordnen. Von je her sind Konzeptalben immer schon für Bands oder Musikprojekte etwas ganz Besonderes und es war nur eine Frage der Zeit, wann sich jemand mit dem mystischen Stonehenge befasste.


Im Jahr 1980 erschien das Album „Stonehenge“ des Synthesizer-Pioniers und Filmkomponisten Chris Evans und dem Sänger David Hanselmann. In David Hanselmann, der in den Siebzigern als Gastsänger bei UFO und Colosseum, aber auch Country Joe McDonald und Canned Heat einschlägige Erfahrungen machte (und sogar als Nachfolger für Peter Gabriel bei Genesis im Gespräch war), fand Evans den perfekten Partner für das Stonehenge-Projekt, dem später noch das Album „Symbols Of The Seven Sacred Sounds“ folgte. Hanselmann teilte Evans Begeisterung für groß angelegte Konzeptalben, zumal seine vielseitige Stimme wie geschaffen für die atmosphärischen Soundwalls einer mystischen Ideenwelt, wie Stonehenge sie darstellt, war. Dabei half die musikalische Wendigkeit des Duos, ein packendes Album zu konzipieren, das musikalisch von Höhepunkt zu Höhepunkt führt und den Mythos von Stonehenge mit der Geschichte um König Arthur verbindet

„Ich wurde im Westen Englands geboren, ungefähr 20 Meilen nördlich von Stonehenge“, erklärt Chris Evans. „Und als ich noch klein war, besuchte ich die Kultstätte im Sommer oft mit meinen Eltern. Damals konnte man einfach so hinfahren: Es gab keine Zäune, die das Gebiet eingrenzten (niemand verlangte Eintritt!), und man konnte sich einfach auf die Steine legen und unschuldig in diesem wundervollen Monument herumspielen, was viele Kinder auch taten! Und dann waren da die Lerchen. Eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen.“

„Nicht weit weg von Stonehenge gab es dann Avebury, das wahrscheinlich noch berühmter ist als Stonehenge“, fährt Evans fort. „Riesige Steine umgeben das Dorf, das in der Nähe von Silbury Hill liegt. An manchen Tagen besuchten wir auch das Kloster von Glastonbury und stiegen den Tor hinauf, von wo aus wir bis Cadbury blicken konnten. Ich stellte mir immer vor, wie König Arthur sich auf die Isle of Glass zurückzog, um dort zu sterben, oder träumte davon, wie ich mit ihm gegen Lancelot kämpfte, nach dessen Verrat mit Guinevere. Diese Orte bilden die Basis für das Album Stonehenge. Und ganz egal, wie alt Du bist – Orte wie Stonehenge, Avebury, Glastonbury und sogar Avalon sind großartige Orte, um gigantische Settings zu schaffen, ein exotischer Himmel auf Erden, wo man für einen Moment seine Sorgen vergessen und einfach nur träumen kann.“

„Es ist jetzt über 30 Jahre her, dass wir Stonehenge / Chris Evans & David Hanselmann in den Europa-Studios in Friedrichsdorf aufgenommen haben“, so Evans rückblickend. „Und es gibt uns immer noch, quicklebendig und voller Energie. Das ‚neue‘ „Stonehenge – From Then Till Now“, also die remasterte Version, wurde 2012 in Torsten Baders Bader Studios bei Stuttgart fertig gestellt. David und ich haben zwei Jahre daran gearbeitet, um es so zu modernisieren, wie wir es uns vorstellten.“

Am 19.07.2013 erscheint das Kultalbum, das 1981 auf dem Montreux-Festival mit dem Grand Prix du Disque ausgezeichnet wurde, in remasterter Form und enthält darüber hinaus noch vier neue Stücke. Das Originalcover wurde beibehalten, allerdings wurde dem Titel der Zusatz „From Then Till Now“ beigefügt und es finden sich neue Linernotes im Booklet. Sehr schön finde ich auch, dass die Konterfeis der beiden Musiker auf der Innenseite des Booklets vom Originalalbum übernommen wurden und sich in der inneren Hülle ein gleichartiges Foto mit den Protagonisten aus der Gegenwart findet.

Musikalisch lag das Album stilistisch in der Nähe von Bands wie Alan Parson’s Project, Emerson, Lake & Palmer, Uriah Heep, Triumvirat, Focus oder Yes und vermengen dies mit symphonischen Elementen. Neben den zehn Stücken des Originals haben Chris und David nicht nur vier neue Stücke („Guinevere“, „The Isle Of Glass“, „Lancelot + Guinevere“ und Layamon’s Prophecy“) dem Konzeptwerk hinzugefügt, „Epilogue“ und „Stonehenge Theme“ wurden darüber hinaus in neuen Versionen eingespielt. Als weiteren Unterschied zum Originalalbum haben Evans und Hanselmann das Stück „Genesis“, das ursprünglich die zweite LP-Seite eröffnete, an den Anfang der CD gestellt, da es hier thematisch besser in den Kontext passt.

Schon das eröffnende „Genesis“, das mit Wellenrauschen und Regengeräuschen beginnt, zeigt die ganze Faszination, die das Album widerspiegelt. Ein Donnerschlag leitet dann in diesen ersten Song ein. Langsam schweben Keyboardsounds heran und eine Erzählerstimme spricht einen wahrscheinlich israelischen Text. Dann legt sich David’s Stimme auf die Instrumente und erzeugt das erste Mal Gänsehaut. Sie ist so klar und transparent, dass mir hier sofort John Lawton zur Zeit von Uriah Heep einfällt. Aber auch andere stilistische Merkmale hat das Werk – wie oben angedeutet - zu bieten.

Es folgt „Sunrise/Stonehenge Theme“, mit dem das Album ursprünglich begann. Vogelgezwitscher leitet in dieses Intro bzw. die Overtuere zu dem Konzeptwerk ein. Zunächst bekommt der Hörer eine folkige Violine zu hören, dann setzen Streichersounds aus den Synthies ein, die sehr stark in Richtung Alan Parson’s Project weisen. Die Gesangspassage erinnert mich dann wiederum sehr an Uriah Heep. Und so geht es dann atmosphärisch weiter. Die Faszination, die das Werk seinerzeit auslöste, ist auch heute noch zu spüren.

Die neuen Stücke passen sich dem Gesamtbild hervorragend an und man kann kaum Unterschiede zu den Gesangspassagen aus den frühen 80’ern erkennen, was die stimmliche Leistung von David Hanselmann unterstreicht.

„Stonehenge – From Then Till Now“ ist eine sehr schöne Wiederveröffentlichung. Freunde des Originals werden auch diese Version lieben, ist sie doch endlich offiziell auf CD erschienen.

Stephan Schelle, Juli 2013

   

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