Ben Rusch – Architects Of Time

Ben Rusch – Architects Of Time
Eigenvertrieb / www.benrusch.com (2010)
(12 Stücke, 41:55 Minuten Spielzeit)

Ben Rusch ist ein Deutscher, der seine Heimat mittlerweile in England gefunden hat. Dort nimmt er seine Musik auf und veröffentlicht sie als normale CD oder als Download-Produkt auf den gängigen Plattformen wie iTunes, amazon oder eMusic. Obwohl Ben mit „Architects Of Time“ schon sein 23. Album veröffentlicht, ist er hierzulande doch recht unbekannt. Das sollte sich aber ändern, denn seine Musik hat Substanz und das führte unter anderem dazu, dass das Album eine Nominierung als BEST FOREIGN RECORD bei den internationalen Prog Awards 2010 bekam. Daneben heimste Ben mit seiner Musik weitere Auszeichnungen ein.


Zur Besprechung liegt mir die MP3-Variante des Albums vor. Es enthält insgesamt ein Dutzend Stücke, die Ben allein bzw. mit Bimbi Urquhart an der Bratsche zusammen aufgenommen hat. „Mit einer solchen Weltklasse-Instrumentalistin zu arbeiten war natürlich genial und ein unerhört glücklicher Zufall; sie war nämlich auf einem Gig von mir, und wir haben uns über einen gemeinsamen Bekannten dann näher kennen gelernt.“ Stilistisch bewegt sich Ben Rusch im musikalischen Gemischtwarenladen von Progressive Rock, Klassik, Folk, Melodic Rock und Singer Songwriter.

Mit dem Instrumental „Out Of Time“ startet das Album recht rockig und verspielt. Vor allem das herrliche Pianomotiv bringt eine klassische Note in das anfängliche Progressive Rock Ambiente. Schon in diesem Stück zeigt Ben seine multiinstrumentalen Fähigkeiten. Das Stück bzw. das ganze Album wirkt nicht wie ein Soloprojekt, sondern hat schon Bandcharakter. Mit einer leichten Pianomelodie startet danach „Robin Hood Is Currently Unavailable“, bei dem Ben erstmals auf diesem Album zum Mikro greift. Stimmlich erinnert er mich ein wenig an Andy Tillison von The Tangent und dieser Vergleich ist auch, was die musikalische Seite angeht, nicht ganz von der Hand zu weisen.

Das Titelstück geht schnell ins Ohr, weil es eine sehr eingängige Melodie aufweist. Ganz besonders kommt hier aber Bimbi’s Bratsche zur Geltung, die sehr akzentuiert eingesetzt wird. Spätestens bei diesem Stück hat man dann auch Ben’s Stimme in sich aufgesogen und sie bohrt sich immer tiefer in die Gehörgänge ein. „Where The Wild Things Are” ist das erste Highlight des Albums. Hier stimmt einfach alles, ob die treibenden Akustikgitarren, herrlichen Piano-Tupfer oder der wohlig einschmeichelnde Gesang, der Song geht durch Mark und Bein. Er hat etwas von der Verspieltheit eines Steve Hackett oder Anthony Phillips.

Und das zweite Highlight folgt mit „Double Helix“ gleich auf dem Fuße. Eingängige Melodie und eine treibende, aber doch dezente Rhythmik machen diesen Song zu einem Glanzstück. Ich habe das Gefühl, als würde mir etwas Bekanntes in die Gehörgänge fließen und doch ist es neu. Ein tolles Stück.

Rhythmisch geht es dann auch bei „Adam And Eve“ zu, das vor allem vom Piano getragen wird, mit dem Ben verschiedene Klangfarben übereinander legt. Nach diesem eher Singer-/Songwriter-Song geht es in „In A Thousand Years“ recht folkig zu. Hier kommt auch wieder Bimbi sehr schön ins Spiel. Sie lässt ihre Bratsche bei diesem Stück sehr gefühlvoll klingen. Sehr schön auch, was Ben in den knapp 3:43 Minuten langen Song „The Thought Of You Is New” alles platziert. Dadurch bekommt der Song etwas Theatralisches.

„Hand Me A Jet Pack” fällt durch seinen Ska- bzw. Reggaerhythmus, der mit nostalgischen Klängen kombiniert wurde, etwas aus dem Rahmen. „Covering Cold Feet With Warm Sheets” wirkt dagegen durch seinen dynamischen Klang und der eindringlichen Stimme von Ben Rusch sehr intensiv auf den Hörer. Diese Ballade ist ein weiteres Highlight des Albums. Etwas melancholisch entlässt Ben den Hörer dann mit dem abschließenden Stück „Time To Go“.

Mit „Architects Of Time” ist Ben Rusch ein sehr schönes Werk gelungen, das eine größere Zuhörerschaft verdient hat. Wer die Mischung aus Prog, Rock, Folk und AOR mag, der kommt hier auf seine Kosten. Diese Musik ist es Wert entdeckt zu werden.

Stephan Schelle, Februar 2011

   

CD-Kritiken-Menue