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Baltes And Zäyn
– Blue Sunset Der deutsche Elektronikmusiker Steve Baltes, der schon mit großen Namen wie Harald Großkopf (N-Tribe, Holo Syndrome), Manuel Göttsching (Ashra, Ash Ra Tempel), Stefan Erbe (Baltes&Erbe), Wolfgang Flür (Ex-Kraftwerk) und Axel Heilhecker (Sunya Beat) zusammengespielt hat, besitzt auch eine Electropop-Seite, die er mit Projekten wie Arctic Sunrise oder wie hier mit Baltes And Zäyn auslebt. Im Jahr 2022 erschien das gemeinsame Album „Blue Sunset“. |
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Bei
diesen Gemeinsamkeiten für Science Fiction und Anime ist es dann auch
kein Wunder, dass das Coverartwork des sechsseitigen Papersleves im
futuristischen Comicstil gehalten ist. Es wurde extra für diese
Produktion gezeichnet. Und auch die Songs haben diese futuristischen und
fantasymäßigen Themen als Grundlage. „Blue
Sunset“ ist ein Konzeptalbum, das die große Tradition von „Sgt.
Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ der Beatles oder „The Lamb lies
down on Broadway“ von Genesis würdigt, ein schillerndes Panoptikum der
olympischen Höhen und stygischen Tiefen der Menschlichkeit und
Unmenschlichkeit des Menschen - eine Erkundung der menschlichen Natur;
abwechselnd zärtlich, vernichtend, bitter, bissig satirisch, aber immer
direkt aus dem Herzen. Um
die Inhalte noch deutlicher zu machen, hier die Bandcamp-Informationen zu
den einzelnen Songs: Die
ersten beiden Stücke über Evangelion („Godshatter“,
„Apocalyptech“) zeigen die persönliche, emotionale Apokalypse eines
Mecha-Kriegerkindes, Shinji, vor dem Hintergrund des göttlichen und
technologischen Armageddon, das von seinem Vater Gendo inszeniert wird,
der von anfänglich edlen Bestrebungen angetrieben wird, die schließlich
pervertiert werden. Danach
gibt es etwas komische Erleichterung durch einen ausgelassenen,
cinematischen, gitarrengetriebenen Song über Kaiju-Terror à la Pacific
Rim, „Back! Zurück! Kaiju Attack!“ Die Dunkelheit vertieft sich mit
„The Colour out of Space“, inspiriert von H.P. Lovecrafts fesselnder
Geschichte, ein passender Auftakt zu den vier Lovecraft Country-Songs, von
denen jeder einer hervorragend umgesetzten weiblichen Figur der Serie
gewidmet ist und die Botschaft von Hoffnung, Kraft und Heldentum im
Angesicht des kosmischen Horrors vermittelt, der für die Grausamkeit von
Rassenvorurteilen und Ungerechtigkeit im wirklichen Leben steht. In
Lovecraft Country wird das kosmische Grauen besiegt, und die Protagonisten
bereisen das Multiversum - im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Dies vier Lieder „Orithyia Blue Glides along the Diamond Frontier“,
„Wonder Woman“, „Dee, Christina and her Eternity of Firsts“ und
„Ruby, Uninterrupted“ sind das Herzstück von Blue Sunset. Hippolyta
und Diana (Dee) aus den ersten beiden Liedern sind Mutter und Tochter im
Amerika der frühen fünfziger Jahre, benannt nach der Wonder Woman (Diana
Prince) und der Amazonenkönigin (Hippolyta, ihre Mutter) aus den
Pulp-Comics. Dee, eine begabte Zeichnerin, vergöttert ihre Mutter, die
sie als raumfahrende Comic-Heldin Orithyia Blue neu erfindet. Hippolyta stößt
auf eine magische Multiversum-Maschine, die es ihr ermöglicht, als echte
Orithyia Blue durch die Kontinente zu reisen, und verlässt später ihre
Abenteuer, um zu ihrer Tochter zurückzukehren. In ihrer Abwesenheit wird
Dee von Rassisten verfolgt und buchstäblich magisch verflucht, denen sie
sich furchtlos entgegenstellt, wie es kein Kind je tun sollte. Christina
aus dem dritten Lied widersetzt sich ihrem weißen, sexistischen Vater,
einem Zauberer, dessen Familie die Magie vor Generationen von ihren
afrikanischen Sklaven gestohlen hat, indem sie selbst Magie lernt. Auf
ihrer unerbittlichen Suche nach Unsterblichkeit lernt sie Ruby, eine
afroamerikanische Bluessängerin, kennen und umwirbt sie, indem sie sich
zunächst als der blonde und männliche William verkleidet. Christina und
Ruby verlieben sich schließlich in ihr wahres Ich, während sie weiterhin
Magie einsetzen, um Geschlecht und Rasse zu tauschen und sich als Frauen
in einer sexistischen und bigotten Ära zu behaupten. Ruby wird von
Christina getötet, als Ruby sie verrät, um ihre Familie zu retten. Dee,
die sich von ihrem magischen Fluch erholt und einen mechanischen Arm
erhalten hat, tötet Christina aus Rache für das Blutopfer ihrer Cousine. Der
letzte Song, „The Lights of Castle Frankenstein“, ein weiteres
satirisches, augenzwinkerndes Stück, schließt das Album auf
humoristische Weise ab. Während
Lucian Zäyn den Gesang beisteuerte, hat Steve Baltes die elektronischen
Sounds erstellt. Darüber hinaus waren aber auch noch einige
Gastmusiker/innen beteiligt. Musikalisch wandeln die Songs im Electropop.
Zäyn singt die Songs mit einem Akzent in englischer Sprache und einigen
japanischen Einwürfen. Im Opener kommt er damit der Stimme von Norbert Krühler
nahe, der zahlreiche Shamall-Alben eingespielt hat. Das
sanfte „A Song Of Your Name“ ist eine schöne, eingängige Popnummer.
Danach wird es im Song „The Dark Design“ wieder druckvoller und
technoider. In „Back! Zurück! Kaiju Attack!“ kommen dann auch leichte
Wave und Gothic-Sounds auf, die vor allem zum Ende hin in einem rockigen
Gitarrensolo von Christos Kollias münden. „Orithyia Blue Glides along
the Diamond Frontier“ wandelt auf futuristischen Spuren und klingt
stellenweise nach Bands der Marke Alphaville. „Blue
Sunset“ des Musikprojektes von Baltes And Zäyn ist ein futuristisches
Electropopalbum das die Genres Science Fiction, Horror, Comic und
japanische Anime feiert. Eingängige Melodien treffen auf kraftvolle,
manchmal auch technoide Beats. Die Gesangsstimme von Zäyn ist dabei etwas
gewöhnungsbedürftig. Ansonsten ein gutes Album. Stephan Schelle, Februar 2025 |
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