Audio Cologne Project – 2911.

Audio Cologne Project – 2911.
Terrainflight / Eigenvertrieb (2013)
(6 Stücke, 76:30 Minuten Spielzeit)

Der deutsche Musiker Uwe Cremer, der auch mit seinem Projekt Level Pi als Grenzgänger zwischen Rock und Elektronik hin- und herwandelt, ist mit dem Elektronikmusiker Dave „Computerchemist“ Pearson eine Kollaboration eingegangen. In den Jahren 2009 bis 2013 haben diese beiden unter Mithilfe des ungarischen Schlagzeugers Zsolt Galántai (Ossion, Baba Yaga, Rusty Gold) ihr erstes Album eingespielt. Es trägt den Namen „2911.“ und ist als Download bei BANDCAMP erhältlich.


Uwe spielt bei den Stücken Gitarre, Keyboards und Bass, während Dave am Bass, Keyboards und Sequenzer zu hören ist. Sie selbst sagen von sich, dass sie sich in ihrem Projekt auf Rockelemente und die experimentelle Seite des Krautrocks konzentrieren. Allerdings verstärken sie dies auch noch um weitere musikalische Elemente. Alle Stücke wurden von Uwe Cremer und Dave Pearson gemeinsam komponiert.

Den Einstieg bekommt man mit „Chemist’s Bike“, bei dem zunächst ein fetter Bass und elektronische Schleier aus den Boxen wehen. Doch schon nach 20 Sekunden sorgen E-Gitarre und Schlagzeug für den rockigen Anstrich, der fast schon in Richtung Hardrock weist. Die Orgelsounds sorgen hier aber für das krautige Flair. Das geht schon mal gut ab. Doch dann merkt man, das Stück bringt es ja auf fast 19 Minuten und es kommen nach nicht ganz zwei Minuten herrliche Elektronikpassagen auf, die an die traditionelle Elektronik erinnern, allerdings blitzen immer wieder sanft rockige Schlagzeug- und Gitarrenmuster auf. Dann wird es fast schon proggig und man hat das Gefühl eine rockige Variante von Pink Floyd zu hören, die im Zeitlupentempo vor dem Ohr dahin zieht. Kaum ist man in diesen Teil eingedrungen, ändert sich auch schon wieder das Bild und ein fetter Basslauf leitet in den rockigen Teil vom Anfang über. Was für ein Stück. Da ist wirklich viel drin und man kann sich einfach in diesen Sound fallen lassen - als Rockfan genauso wie als Elektronikfreund, der rockigen Klängen nicht abgeneigt ist. Hier werden wieder maßlos einige musikalische Grenzen eingerissen.

Fast wie Neu! oder Harmonia klingt das Stück „Crazy Bongos“, bei dem anfangs noch keine Bongos zu hören sind. Vielmehr sind es elektronische Klänge, Bass, E-Gitarre und Schlagzeug, die hier den krautigen Anstrich verleihen. Ganz am Ende kommen dann mal Percussion auf, die sich aber nicht wirklich nach Bongos anhören.

Als nächstes folgt das fast 20minütige „Spieluhr“, das mit Klängen wie von einer Spieluhr, die eine Kindermelodie spielt, beginnt. Dann kommen aber mysteriöse elektronische Klanggebilde auf, die nach „Berliner Schule“, kombiniert mit Soundtrack- oder experimenteller Theatermusik klingen. Das Ganze ist aber harmonisch und auch melodisch angelegt. Nach gut fünf Minuten kommt dann mit dem Einsatz von Schlagzeug und Gitarre (inkl. Piano) dann der Rock wieder in den Vordergrund. Auch asiatisch und psychedelisch wirkende Sounds mischen sich darunter.

Man hat zu Anfang von „Grobmotorik“ das Gefühl eine Dampflok ankommen zu hören. Dann setzt der Bass ein, auf den dann E-Gitarre und Schlagzeug folgen. Jetzt wird es recht krautig. Krautrock trifft hier auf Psychedelicrock. Das geht wieder gut ab und ist hoch melodisch. Atmosphärisch zeigt sich dann das mehr als 17minütige „Mind The Gap“. Sehr atmosphärische Synthiesounds starten in den Track, der dann durch funkige Bassläufe und ein trockenes Schlagwerk richtig zündet. Auch die E-Gitarre sorgt wieder für besondere Momente, dieses Mal wirkt sie etwas jazzig.

Es gibt dann mit „Akustisch-1“ noch einen 4:38minütigen Bonustrack, bei dem zwar die Akustikgitarre die Melodie spielt, aber auch synthetische Sounds und die E-Gitarre hier wieder zum Einsatz kommen. Das ist klasse gemacht.

Mit „2911.“ hat das neue Projekt von Uwe „Level Pi“ Cremer und Dave „Computerchemist“ Pearson, Audio Cologne Project ein klasse Debüt hingelegt, das sich zwischen den musikalischen Welten Rock und Elektronik bewegt. Dabei werden neben „Berliner Schule“ auch Psychedelic- und Krautrock sowie weitere musikalische Zutaten in eine sehr ansprechende Form gegossen. Ein tolles Instrumentalalbum, das man sich besorgen sollte.

Stephan Schelle, Februar 2014

   

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